Grand Prix der Hooligans

Eigent­lich ist der Grand Prix Euro­vi­si­on – und genau dafür lie­be ich ihn – ja eine fuß­ball­fan­freie Zone. Viel­mehr stellt er den media­len Gegen­ent­wurf zu die­ser nach wie vor schwer­punkt­mä­ßig von ten­den­zi­ell homo­pho­ben Boll­er­he­ten gou­tier­ten abson­der­li­chen Frei­zeit­be­schäf­ti­gung dar. Doch nun meh­ren sich die Ver­bin­dun­gen zwi­schen den bei­den Wel­ten: mit Jes­sy Mata­dors ‘Allez ola olé’ ver­trat in die­sem Jahr die fran­zö­si­sche Erken­nungs­me­lo­die der Fuß­ball-WM die Gallier:innen beim Euro­vi­si­on Song Con­test. Und nun leg­te der deut­sche Sport­ar­ti­kel­her­stel­ler Puma nach und ver­sam­mel­te für sei­nen Wett­be­werb Hard­cho­rus Fuß­ball­fans aus allen euro­päi­schen Län­dern zum Chor­sin­gen. Und deren Songs dürf­ten Euro­vi­si­ons­fans bekannt vorkommen.

Um Län­gen bes­ser als das Ori­gi­nal: ‘That sounds good to me’.

Es hat schon etwas Bizar­res, den letzt­plat­zier­ten bri­ti­schen Grand-Prix-Bei­trag die­ses Jah­res, der musi­ka­lisch wie text­lich vor pseu­do­fröh­li­cher Harm­lo­sig­keit nur so trieft, aus­ge­rech­net von einem Hau­fen extrem grim­mig drein­bli­cken­der eng­li­scher Hoo­li­gans prä­sen­tiert zu bekom­men, die auch im Video nicht unbe­dingt den Ein­druck ver­mit­teln, als bestün­de ihre Vor­stel­lung von “good Times” in einem ent­spann­ten Plausch über Rückun­gen und Trick­klei­der. Ein wun­der­bar iro­ni­sches Spiel mit allen gän­gi­gen Kli­schees! Und auch die deut­schen Fans ver­such­ten sich an einem Euro­vi­si­ons­klas­si­ker: Nico­les ‘Ein biss­chen Frie­den’ (ha ha!), und das sogar als Kanon. Schö­ne Idee!

Man muss zuge­ben: da waren die Bri­ten besser.

26 Comments

  • wirk­lich ganz fürch­ter­lich und eine wei­te­re schal­len­de ohr­fei­ge für alle befür­wor­ter des tele­vo­ting. wohin das führt, hat man ja ges­tern erle­ben müs­sen und dass es bei all die­sen tol­len num­mern im fina­le aus­ge­rech­net die­se drö­ge tus­si schafft, lässt doch wirk­lich am ver­stand der brei­ten mas­se zwei­feln. oder hat die­ses jahr das pre­ka­ri­at die macht über­nom­men und wir wis­sen es bloss noch nicht…???

  • Je nun, mit der Jury allei­ne hät­te ja der hop­peln­de Ein­wan­de­rer das Ren­nen gemacht, das wäre ja noch schlim­mer! Ich wür­de ein­fach sagen, die Schla­ger­boys und ich tei­len uns das auf. Die dür­fen in West­eu­ro­pa die schöns­ten Euro­vi­si­ons­schla­ger raus­su­chen, ich in Ost­eu­ro­pa die ergrei­fends­ten Bal­kan­bal­la­den. Und gut ist. Wir wüss­ten schon, was gut fürs Volk ist! 😀

  • Mir ist klar, dass das iro­nisch gemeint sein soll, aber ‘das Pre­ka­ri­at hat die Macht über­nom­men’? Und da suchen die Leu­te noch nach Erklä­run­gen für den Ober­schich­ten-TV-Arti­kel aus dem Spie­gel? Sor­ry, aber so bit­te nicht. Wenn man das Tele­vo­ting frei­gibt, dann dür­fen auch alle mit­ma­chen. Wohin das führt, haben uns die Dänen zwar schon 2001 vor­ge­macht (und für mei­nen Geschmack auch die Nor­we­ger letz­tes Jahr), aber die Arro­ganz, die ein sol­cher Kom­men­tar abtrop­fen lässt, ent­zieht sich mei­nem Begriffs­ver­mö­gen. Was das Lied selbst angeht: Die ers­te Text­zei­le sagt eigent­lich alles Not­wen­di­ge. ‘I walk down the bea­ten track’, inde­ed. Könn­te es die­ses Jahr tat­säch­lich mal pas­sie­ren, dass Schwe­den im Halb­fi­na­le hän­gen­bleibt? Man darf ja noch hoffen…

  • Schlim­mer? Ich fand, dass Salem geni­al gewe­sen wäre. Qua­si das männ­li­che Pen­dant zu unse­rer Lena irgend­wie. Ein fri­scher, leich­ter, rela­tiv zeit­ge­nös­si­scher Pop­song. Mein gro­ßes Pro­blem ist alelr­dings, dass ich mit allen aus Schwe­den hät­te leben kön­nen, außer mit Anna und Jes­si­ca. Na gut, leben kann ich jetzt auch noch, aber die nächs­ten Tage werd ich Anna und den Song erst­mal has­sen. Ich hat­te es im Semi­fi­na­le beim Auf­tritt von Anna schon im Gefühl, dass die gewin­nen könn­te. Scha­de, dass ich nicht wet­te, dann hät­te ich von die­sem Sieg jetzt zumin­dest etwas gehabt. Ich glau­be ja, die Frau­en Euro­pas haben sich ver­schwo­ren, nach­dem in den letz­ten bei­den Jah­ren zwei jun­ge Män­ner den ESC-Sieg errun­gen haben. Man besinnt sich auf sei­ne Kern­kom­pe­ten­zen und kämpft jetzt mit geball­ter weib­li­cher Bal­la­den­power gegen die männ­li­chen ESC-Eman­zen an. Hof­fent­lich erfolg­los. Wenn es nicht gera­de unse­re Lena ist, dann soll­te wie­der ein Mann gewin­nen. Wenn es nach mir gin­ge, dann am Bes­ten der Spa­ni­er. der wür­de den Bal­la­dessen dann zei­gen wer in punk­to Lei­den­schaft und Dra­ma­tik am län­ge­ren Hebel sitzt! Oder ein männ­li­cher Upt­em­po­sie­ger gin­ge auch noch. Haben wir so etwas über­haupt im Ange­bot (den Bri­ten bit­te außen vor gelas­sen, ich will nicht zurück in die 80er)? Aber nur mit Bal­kan­bal­la­den und ESC-Schla­gern wür­de ich auch ver­rückt wer­den, glau­be ich. Ich würd dann ger­ne auch drei, vier Län­der bestü­cken dür­fen für etwas mehr Viel­falt. 😉 Aber zurück zu Anna. Schö­ner Song, aber im gegen­satz zu ande­ren, die mir nach mehr­ma­li­gen Hören immer bes­ser gefal­len, fand ich ihn jetzt im Fina­le schon lang­wei­li­ger als noch zuvor. Scha­de, scha­de, schade.

  • aber aber wird da ein noto­ri­scher ‘ich schimpf auf die juries und geb’ dem tele­vo­ting immer recht’-Verfechter vom Sau­lus zum Pau­lus??? Etwas unglaub­wür­dig nach dei­nen hier im forum per­ma­nent gerit­te­nen atta­cken gegen fach­ju­ries… Neben­bei stim­me ich dir zu, dass das lied die fal­sche ent­schei­dung war.…

  • Selbst­ver­ständ­lich bin ich wei­ter­hin ent­schie­de­ner Geg­ner der Jurys. Außer viel­leicht, die­se Jury wäre euro­pa­weit die sel­be und bestün­de aus… mir. 😉 Aber gera­de als Ver­fech­ter der Demo­kra­tie (=Tele­vo­ting) wer­de ich ja wohl noch die Wäh­ler beschimp­fen dür­fen, wenn sie sich falsch ent­schie­den haben! Ob das jetzt die 14% der Deut­schen sind, die unser Land fahr­läs­sig in die Hän­de gie­ri­ger, kor­rup­ter Spe­ku­lan­ten gege­ben haben oder die Schwe­den, die mal wie­der den fal­schen Song aus­such­ten. Das gehört ja ent­schei­dend mit zur Demo­kra­tie, dass man mit den Ergeb­nis­sen hadern darf. 😀

  • re: [quote=Little Imp]Ich würd dann ger­ne auch drei, vier Län­der bestü­cken dür­fen für etwas mehr Viel­falt. 😉 [/quote] Ja, lie­ße sich drü­ber reden. Du kannst das Bal­ti­kum haben, da kommt eh meist nix Geschei­tes daher. Und irgend­je­mand muss ja auch im Semi ausscheiden… 😛

  • Der Song wird punk­ten ! Neben Timo­tei ist Annas Song auf eine ande­re Wei­se genau so gut. Außer, das die­se Num­mer ‘this ist my live’ mehr Qua­li­tät hat. Und ich wet­te, der Song bringt es ganz weit nach vor­ne. So etwas will man ich Euro­pa hören. Unse­rer Song ist nur mal wie­der so eine Geschmack­sa­che. Die einen lie­ben es die andern has­sen es.

  • [quote]Die einen lie­ben es die andern has­sen es.[/quote] Was ja an sich noch nichts Schlech­tes ist. Die, die ihn lie­ben, wer­den dafür anru­fen und die, die ihn has­sen, kön­nen uns dafür zum Glück kei­ne Punk­te abziehen.

  • Punk­te abzie­hen Das wäre doch mal eine tol­le Idee! Ich fin­de, die Tele­vo­ter soll­ten Plus­punk­te ver­ge­ben und die Jurys Minus­punk­te für die zehn schreck­lichs­ten Lie­der. In so einer Jury wür­de ich auch sofort mit­ma­chen! 😀 Und das könn­te sehr lus­tig wer­den, wenn dann erst­mals Län­der mit weni­ger als Null Punk­ten enden… oder zum Bei­spiel Zypern von den grie­chi­schen Tele­vo­tern 12 Plus­punk­te kriegt und von der tür­ki­schen Jury 12 Minus­punk­te… ach, herrlich! 😀 😀 😀

  • Hmm, könn­te man dann viel­leicht Est­land an mich abtre­ten? Da wür­de ich ganz viel Spaß dran haben… 😀

  • [quote=Markus R.]So etwas will […] Euro­pa hören.[/quote] Ui, dann muss ich das mit mei­ner Euro­päi­schen Staats­bür­ger­schaft aber noch­mal über­prü­fen lassen!

  • That’s not my song, my fri­end… Aarghh!! Man soll­te sich und sei­nem Kör­per ver­bie­ten das Melo­di­fes­ti­valen anzu­schau­en – da ärgert man sich nur dumm und däm­lich! Beson­ders, wenn man als mili­tan­ter Ver­fech­ter des Tele­vo­tings (wie ich einer bin) am Ende wie ein begos­se­ner Pudel dasteht, wenn selbst die schwe­di­schen Tele­vo­ter (die sich noch letz­tes Jahr mit ihrer Wahl eigent­lich einen Orden ver­dient hät­ten) aus dem gro­ßen Ange­bot an tol­len Songs die ange­schmack­tes­te, juryaf­fins­te und ekel­er­re­gends­te Fahr­stuhl-Radio-Num­mer rau­s­pi­cken. Es ist kein Zufall, dass den inter­na­tio­na­len Juries (die wahr­schein­lich im Gegen­satz zu den schwe­di­schen Juries die Songs zum ers­ten Mal gehört haben) ‘This Is My Live’ kom­plett am Arsch vor­bei­ge­gan­gen ist.

  • Ja, das ist wirk­lich Saa­de, daß die Schwe­den sich die­se ein­ma­li­ge Chan­ce haben ent­ge­hen las­sen, mit einer etwas ande­ren Num­mer in Oslo die etwas ande­ren Tele­vo­ter für sich gewin­nen zu kön­nen. Frl. Ber­gen­dahl… hmmm, naja, ob Prin­zes­sin Lil­ly­fee da wirk­lich punk­ten wird kön­nen. Viel­leicht doch kein Schwe­den im Finale?

  • Schlagt mich tot, aber ich lie­be den Song. Er war seit Wochen mein Favo­rit und ich bin froh, Anna in Oslo wie­der­zu­se­hen. Und das, obwohl ich sonst immer Lan­des­spra­chen bevor­zu­ge und Per­nil­la oder die Sham­poo-Mädels hät­te favo­ri­sie­ren müs­sen. Ver­mut­lich bin ich von ihrer Stim­me zu fas­zi­niert. Beson­ders dank­bar bin ich aber dem schwe­di­schen Fern­se­hen für die Sen­dung und daß ich sie in sehr guter Qua­li­tät live im Inter­net sehen durf­te. Die Bri­ten haben es ja nicht zuge­las­sen, jetzt weiß ich auch war­um. Das war per­fek­te Unter­hal­tung von Anfang bis Ende. Eine gro­ße Show und gute Wer­bung für den ESC. Da kann sich die ARD noch viel abgu­cken. Und an alle Jury-Ver­fech­ter: Fin­ger weg vom Tele­vo­ting. Wenn die Mas­sen einen Scheiß­ge­schmack haben, das ist das eben so. Das ist nun­mal Demo­kra­tie. Sonst kön­nen wir auch die Wah­len abschaf­fen und eine Jury namens Polit­bü­ro wie­der ein­füh­ren. Ich will auch nicht in einen Klub ein­tre­ten müs­sen, nur um mit abstim­men zu dür­fen. Genau­so wie ich nicht in eine Par­tei ein­tre­te, nur um mit­zu­wäh­len. Letzt­end­lich ist es doch völ­lig egal, wer am Ende gewinnt. Der ESC ist die ein­zi­ge Chan­ce, viel unter­schied­li­che Musik aus Län­dern zu hören, die sonst kul­tu­rell nicht in unse­ren Mas­sen­me­di­en vor­kom­men. Zumin­dest mir geht es nur darum.

  • soo toll sind die alter­na­ti­ven in schwe­den ja in die­sem jahr nicht gewe­sen. und ehr­lich gesagt fin­de ich ‘this is my life’ gar nicht übel. der refrain hängt sich wirk­lich schnell ins klein­hirn – da kön­nen die ande­ren lang­sa­me­ren num­mern (hier gern als ‘bal­la­den’ ver­schrien 🙂 ) nicht mit­hal­ten. ich find aller­dings aus­nahms­wei­se mal den deut­schen bei­trag bes­ser, flot­ter, fri­scher. mal sehen, was sich gesamt­eu­ro­pä­isch eher durch­setzt. das ist wohl in die­sem jahr auch das ein­zig span­nen­de am grand prix 😥

  • Ich lege mich fest.… .…das wird (lei­der – lei­der und noch­mal lei­der) das Sie­ger­lied!! Ich habe aus Spleen in den letz­ten 5 jah­ren jedes Mal im Februar/März mei­nen Sie­ger­tipp an den Kühl­schrank gepoppt… Ergeb­nis: 3 x kor­rekt, 2 x Platz 2 (ua. mei­ne heiß gelieb­te Ver­ka S.) Mag Zufall sein, aber die­ses Mal kommt Schwe­den an die Tür.… War­um: Das ist Main­stream – eben weil es eine Mischung aus Amy McDo­nald und weiß Gott wem ist. Dazu die­ses ‘ich-bin-die-unschuld-vom-lan­de-im-unschul­di­gen-wei­ßen-kleid-mit-inter­nats­strumpf­ho­se-und-roten-turn­schu­hen’ Auf­tre­ten, mit dem sich so qua­si jede Alters­schicht iden­ti­fi­ziert. Mas­sen­komp­ti­bel mit jeg­li­cher kul­tu­rell ver­wur­zel­ten Musik­lei­den­schaft. Hin­zu kommt dann noch eine (posi­ti­ve aus­ge­drückt) beson­de­re Stim­me mit einer noch (wie­der posi­tiv for­mu­liert) bemer­kens­wer­te­ren Atem­tech­nik (hör­bar nach jast jedem Takt.…Hat sie Schnapp­at­mung??). Mir per­sön­lich geht bei­des auf den Sen­kel und führt dazu, daß es für der schlimms­te Song 2010 ist. Und den­noch: Schwe­den 2011!

  • Zehn Minus­punk­te, meinst du wohl. Ich kann mich des Ein­drucks nicht erweh­ren, dass ein nega­ti­ver Zwöl­fer in einem sol­chen Fall von der Tür­kei über ihre Nord­ost­gren­ze gewor­fen würde…

  • Tja… …soviel zur Kühl­schrank-Pro­phe­zei­ung. Sieh es mir nach, aber ich bin dank­bar, dass dei­ne Serie aus­ge­rech­net die­ses Jahr geris­sen ist.

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