Per­len der Vor­ent­schei­dun­gen: We are hap­py People

Wie mitt­ler­wei­le auch die deut­sche Pres­se mit­be­kom­men hat, bewirbt sich der “Mann mit den zwei Stim­men”, Fred­dy Sahin-Scholl, sei­nes Zei­chens aktu­el­ler Sie­ger der hei­mi­schen RTL-Cas­ting­show Das Super­ta­lent, bei unse­ren öster­rei­chi­schen Nach­barn um das Ticket nach Düs­sel­dorf. Die ers­te Hür­de konn­te er bereits neh­men: mit sei­nem Pop­klas­sik­ge­jo­del ‘But­ter­fly’ schaff­te er es auf die Short­list der 30 Kandidat:innen (aus ursprüng­lich 210 Bewerber:innen), unter denen die Ösis nun noch bis Monats­en­de per SMS zehn Glück­li­che für das TV-Fina­le Düs­sel­dorf, wir kom­men! am 25. Febru­ar wäh­len können.


FSS: Von Köln via Wien nach Düsseldorf?

Wie auch ihre Nach­barn, die Schweizer:innen, fah­ren die Ösis ein drei­stu­fi­ges Vor­ent­schei­dungs­ver­fah­ren: im Inter­net durf­te jeder, der min­des­tens 33 Unter­stüt­zer­stim­men auf­bie­ten konn­te, einen Song ein­rei­chen. 210 Kan­di­da­ten kamen zusam­men, dar­un­ter so illus­tre Namen wie der publi­ci­ty­gei­le Bau­lö­we Mör­tel Lug­ner und die ehe­ma­li­gen Eurovisionsteilnehmer:innen Petra Frey, Alf Poier, Water­loo ohne Robin­son sowie Robin­son ohne Water­loo. Und eben auch der deut­sche Super­ta­lent-Sie­ger Fred­dy Sahin-Scholl.


Kann mal jemand nach­schau­en, ob es Alf Poier gut geht?

Eine sen­der­in­ter­ne Jury bestimm­te dar­aus jetzt 30 Nomi­nie­run­gen, für die ab sofort per SMS Stim­men abge­ge­ben wer­den dür­fen. Die fünf Best­plat­zier­ten aus dem SMS-Voting plus die fünf Jury­lieb­lin­ge tre­ten dann am 25. Febru­ar in einem TV-Fina­le gegen­ein­an­der an. Der Sieg beim RTL-Super­ta­lent dürf­te sicher­lich mit dazu bei­getra­gen haben, dass der in Karls­ru­he und Wien leben­de deut­sche Sän­ger mit sei­nem Bei­trag ‘But­ter­fly’ in die nächs­te Run­de kam, wäh­rend bei­spiels­wei­se Water­loo und Robin­son schei­ter­ten, aber auch – für mich völ­lig unver­ständ­lich – der groß­ar­ti­ge Herr Tischbein.


Sympha­ti­scher Hund, die­ser Herr Tischbein!

Ansons­ten fin­det sich haupt­säch­lich ultra­öder Midd­le-of-the-Road-Radio­pop in der Aus­wahl­lis­te. Wich­tigs­ter Kon­kur­rent (und mein neu­er, offi­zi­el­ler Lieb­lings­an­wär­ter) ist das dumm­gei­le Ana­bo­li­kao­p­fer [Nach­satz: die­se rein aufs Opti­sche beru­hen­de Ein­schät­zung neh­me ich im Nach­gang mit tie­fem Bedau­ern zurück, mitt­ler­wei­le ist mir der frag­li­che Musi­ker als Mensch mit Tief­gang ans Herz gewach­sen] Lukas Plöchl ali­as Tracks­hit­taz, wie etli­che sei­ner Mitbewerber:innen ein Teil­neh­mer der ORF-Cas­ting­show Hel­den von mor­gen, der es mit sei­ner Aprés-Ski-Tanz­num­mer ‘Oida Taunz!’ bereits an die Spit­ze der öster­rei­chi­schen Charts schaff­te. Bei uns lie­fe das unter “Atzen­mu­sik”, Plöchl nennt sei­ne Tes­to­ste­ron-Bol­ler­muk­ke hin­ge­gen “Trak­tor-Gangs­ta-Par­ty-Rap”. Und ich ver­ste­he zwar kein ein­zi­ges Wort von dem, was er da ins Mikro röhrt – aber lus­tig ist es alleweil!

I quetsch die Luft­quetschn: die Trackshittaz.

Auch Alf Poier schaff­te es in die zwei­te Run­de. Der lei­der poli­tisch ins Rechts­na­tio­na­le abge­drif­te­te, frü­her mal genia­le Anarcho-Come­di­an, unver­gess­lich für sei­nen ESC-Auf­tritt 2003 mit ‘Weil der Mensch zählt’, trägt sei­nen depres­si­ven ‘Hap­py Song’ heu­er auf Eng­lisch vor, eben­so wie die öster­rei­chi­sche Ant­wort auf Hel­ge Schnei­der, Richard Klein: ‘Big­ger, bet­ter, best’; so sein Mot­to. Im SMS-Voting füh­ren indes die Hard­ro­cker von Alk­bot­t­le (ob sie auch auf der Grand-Prix-Büh­ne mit nack­tem Operkör­per auf­tre­ten, wie sonst immer?). Sie gehen die Sache mit dem nöti­gem Ernst an und sagen: ‘Mir san do ned zum Spaß’!

Geduscht und frisch fri­siert: Alkbottle.

Ein wei­te­rer, sehr wür­di­ger Ver­tre­ter Öster­reichs wäre natür­lich der inter­na­tio­nal bekann­te Kult-Croo­ner Lou­ie Aus­ten, ursprüng­lich ein Bar­pia­nist und Jazz-Sän­ger, der in den letz­ten Jah­ren durch genia­le Elec­t­ro-Jazz-Tracks (Anspiel­tipp: ‘One Night in Rio’) Kult­sta­tus erreich­te. Er wäre die cools­te Sau, die je für die Schluch­ten­ka­cker auf der Büh­ne gestan­den hätte.


Lou­ie Aus­ten: Make your Move.

Oh, und Ralph Sie­gel scheint auch mal wie­der einen Abneh­mer gefun­den zu haben. Jeden­falls klingt ‘Send a litt­le Smi­le’ der öster­rei­chi­schen Schla­ger­tan­te Petra Frey (wer es ver­drängt hat: ‘Für den Frie­den die­ser Welt’, ESC 1994) nach einer werk­ge­treu­en Neu­auf­be­rei­tung von ‘If we all had a litt­le’ von Six4One (was ja auch schon ein Auf­guss irgend­ei­ner Sie­gel­schen B‑Sei­ten-Num­mer aus den Neun­zi­gern war). Wobei flei­ßi­ge Men­schen zwi­schen­zeit­lich her­aus­fan­den, dass ein gewis­ser Wer­ner Schü­ler offi­zi­ell als Autor von ‘Send a litt­le Smi­le’ fun­giert. Der schrieb auch schon (erfolg­lo­se) Vor­ent­schei­dungs­bei­trä­ge, u.a. für Wind (‘Lost in Love’, 1999) – und ist Geschäfts­füh­rer von Jupi­ter Records, Ralph Sie­gels Plat­ten­fir­ma. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

Vom Sie­gel-Schü­ler: Petra Frey.

Fred­dy Sahin-Scholl liegt im SMS-Voting übri­gens der­zeit gemein­sam mit Alf Poier abge­schla­gen auf den unte­ren Rän­gen. Da aber auch eine Jury mit­be­stimmt, dürf­te der Pro­mi-Bonus sicher zie­hen und wir den Mann mit den zwei Stim­men mit abso­lu­ter Sicher­heit im öster­rei­chi­schen Fina­le wie­der­fin­den. Die end­gül­ti­ge Ent­schei­dung für das Ticket nach Düs­sel­dorf tref­fen letzt­lich jedoch die Zuschau­er allei­ne, und da dürf­ten sich die anruf­freu­di­gen Hard­rock­fans (vgl. den Über­ra­schungs­sieg von Lor­di) durch­set­zen. Stel­len wir also schon mal eine Fla­sche Schnaps für Alk­bot­t­le parat…


Kannst Du pfei­fen, Johanna?

Zuletzt aktua­li­siert: 14.10.2021

17 Comments

  • Freak like me.…. Fre­aky – dar­auf fah­ren die Ösis bestimmt voll ab: und Euro­pe gru­selt sich? Oder etwa nicht? ❓

  • Erwar­tet man von Öster­reich nicht ohne­hin etwas Skur­ri­les? Die­ses Vor­ur­teil haben die Ösis doch weg. Aber inter­es­san­ter als den Sahin-Scholl fin­de ich ja Tho­mas King. Hat Sacha Baron Cohen nach dem gekipp­ten Euro­vi­si­on-Film jetzt doch Brü­no reak­ti­viert um zum ESC zu kommen? 😆

  • Der King lebt! Ich fin­de ja, Tho­mas King ist der schwu­le Enkel­sohn von Lou. Mit einem Pirou­et­te-Syn­drom, der Arme.

  • …aber wie wohl ‘the king lives on – in Dues­sel­dorf’ klingt?? dem Vers­mass nach haet­te Wan­ne-Eickel bes­ser gepasst, grins

  • Lou­ie Aus­ten is ja mal wirk­lich so rich­tig cool! Darf man da auch als Pief­ke mit abstimmen?

  • Hype Der größ­te Hype der ESC-Fans ist doch ‘Aus­tra­li­an Gate’, oder nicht? Mir gefal­len Klimm­stein mit ihrem ‘Paris,Paris’ – einer pas­sen­den Homage an Frau Hil­ton (Zitat: ‘es juckt nicht nur das Fell vom Tin­ker­bell’ 😆 )am bes­ten. Gewinn­ne wird aber wohl wie­der ein Cas­ting-Hype. Am schlimms­ten übri­gens die pein­li­che ‘Atzen’ – Kopie ‘Oida taunz’ (Alte tanz?). Volks­ver­dum­mung auf Bal­ler­man-Niveau und das pas­sen­de Stück zum Fremdschämen.

  • Geht scho, Oida! Ich find ja, dass der Sahin-Scholl die viel grö­ße­re ‘Volks­ver­dum­mung’ ist – der Plöchl-Lukas schwin­delt den Leu­ten wenigs­tens kein ver­meint­li­ches Niveau vor – im Gegen­satz zu die­sem als Hoch­kul­tur getarn­ten Jodel­schla­ger. Ich find ‘Oida Taunz!’ (als Bay­er hab ich wenig Pro­ble­me mit dem Text) super­klas­se, das geht wenigs­tens rich­tig ab im Gegen­satz zu die­sem hüft­stei­fen Mid­tem­po-Gesei­er, dass das Teil­neh­mer­feld sonst noch bevöl­kert. Es darf mich auch ger­ne jemand auf­klä­ren inwie­fern ‘Oida Taunz!’ weni­ger Niveau besitzt als die the­ma­tisch ver­wand­ten ‘Opa!’ und ‘Dancing Lasha Tumbai’…

  • Stimmt, der Mann hat echt den Groo­ve gepach­tet! Wäre einer der cools­ten Euro­vi­si­ons-Bei­trä­ge ever! 🙂

  • Quetsch die Luft­quetschn! Unein­ge­schränk­te Zustim­mung! 😀 Lukas nach Düs­sel­dorf! (Obwohl ich natür­lich Lou­ie Aus­ten noch coo­ler fän­de, aber ich hab mei­ne Zwei­fel, dass die Ösis cool können).

  • Ver­dum­mung .…..nun ja, Plö­chel kann ja auch kei­ne Hoch­kul­tur vor­täu­schen, selbst wenn er woll­te. Das kön­nen ‘Die Atzen’ ja schließ­lich auch nicht – also ver­kauft man den Man­gel an Talent, Sub­stanz und die Pein­lich­keit als Authen­ti­zi­tät. Es gibt ja kei­ne Alter­na­ti­ve. Fakt ist doch, dass die­ser Song beim ESC kei­ne Chan­ce haben wird und sich die Ösis wie­der schmol­lend zurück­zie­hen wer­den, weil Euro­pa ihre ‘Qua­li­tät’ nicht erkannt hat oder sie eh dis­kri­mi­niert wer­den weil die Welt so furcht­bar schlecht und unge­recht ist. Dass ein Song auch wirk­lich schlicht Schrott sein kann, ist wohl zu nahe­lie­gend. Aber bit­te, wenn sich das (frü­he­re) Felix Aus­tria bla­mie­ren will, soll es die­sen – oder den Alk­bot­t­le-Bei­trag – wählen.

  • Dreck schüt­tet es! Nach­dem ja auf den ers­ten bei­den Plät­zen der­zeit der Stumpf­sinn regiert (sau­fen, f***en, sau­fen), kann man nur hof­fen, dass die face­book­ler dann wäh­rend des fina­les ihren Rausch aus­schla­fen und nicht mit­vo­ten. Wobei ich sagen muss, dass die Stu­dio­ver­si­on vom guten Lukas ja irgend­was hat. Aber sei­ner stimm­li­che Leis­tung live ist grau­en­haft. Lasst euch nicht täu­schen, live kackt der ab!

  • @Oliver: Ich kann dich beru­hi­gen, so wie es im Moment aus­sieht hat der Sahin-Scholl über­aschen­der­wei­se kei­ner­lei Chan­cen um ins Natio­na­le Fina­le zu kom­men. Denn er ist gera­de mal auf Platz 20. Mir gefal­len die Top 10 sehr gut. Beson­ders Alk­bot­t­le mit ihrer Mund­art­rock­num­mer gefällt mir beson­ders gut. Das hät­te was wenn die gewin­nen wür­den. Die lie­gen sogar auf Platz 1. Lukas Plöchl liegt auf Platz 2. Auch gefällt mir das Lied von der Band WG mit 10 Sekun­den Glück sehr gut. Aber anschei­nend schei­nen es die Ösis rich­tig ernst zu mei­nen. Am bes­ten kom­men sie mit was total schrä­gen zurück. Denn mit gefäl­li­gen Mit­tel­maß gewinnt ein Land wie Öster­reich kei­nen Blu­men­topf. Mit Alf Poier haben sie ja auch ihre bes­te Plat­zie­rung gemacht.

  • das macht mich glück­lich Unglaub­lich, was Alf Poier da wie­der fabri­ziert hat – der Hap­py-Song – das ist wun­der­bar und das Lied macht mich glück­lich – sehr gelun­gen, die­se Moll-Num­mer, selbst wenn es nicht fürs Aus­tria-Fina­le rei­chen soll­te – die­sen Song ken­nen zu ler­nen – groß­ar­tig. Und Mari­an­ne Mendt – ja… die Musik… irgend­wie habe ich die Öster­rei­cher ver­mißt… Schön, wenn sie heu­er wie­der dabei sind. Und was Beson­de­res darfs dann schon sein – so etwas Beson­de­res, wie der poier­sche Hap­py-Song ! 🙂 P.S.: Übri­gens, die­ser Blog macht mal wie­der rich­tig Spaß auf den ESC – gehört für mich zur Pflicht – das woll­te ich mal los­wer­den – ohne Schleim! 🙂

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