Bereits im vergangenen Jahr schlug ich vor, einen mit Selbstschußanlagen bewehrten Elektrozaun um Litauen zu bauen, angesichts des Mentalzustands einer Mehrzahl seiner Vorentscheidungsvertreter. Eine Forderung, die ich nach Sichtung der gestrigen ersten Vorrunde der Eurovizija nur bekräftigen kann. Alle ins Finale Weitergekommenen vermitteln irgendwie den Eindruck, als seien sie frisch aus der Klapse entsprungen oder gehörten zumindest zügig dort eingewiesen. Das gilt beispielsweise für den Vorrundensieger Artūras Žabas alias Beissol, dessen melancholisch klagende Nummer ‘Why’ ja gar nicht so schlecht kommt. Wäre da nur nicht dieser mit Armeestiefeln und Pinguinfrack verkleidete Schlacks von Sänger mit seiner ekelhaften Guttenbergfrisur und seiner total enervierenden Schafsstimme, die andererseits dem Song auch gerade das Besondere verleiht.
httpv://youtu.be/ftbKE0RdH6E
Beissol: Warum können wir nichts gegen dieses Outfit tun?
Es folgen auf Rang 2 die Punkrocker The Independent, deren Forderung “Don’t bring me down” man angesichts ihrer bereits im Vorstellungsclip demonstrierten Aggressionsbereitschaft im eigenen Interesse besser Folge leisten möchte. Wie für eine Achtzigerjahre-Bad-Taste-Party angezogen präsentierten sich die Drittplatzierten Multiks. Ihr Song ‘Star’ ist als schwache The-Buggles-Reminiszenz sonst nicht weiter auffällig. Im Gegensatz zu ‘Fly LT’, dem Arthouse-Hip-Hop des Duos Artrace, der sich herkömmlichen Maßstäben von Pop entzieht, aber dennoch eine gewisse abseitige Faszination ausstrahlt. Artrace kamen nicht ins Finale, haben aber noch eine Chance auf eine Wildcard, die nach Ausstrahlung aller vier Vorrunden vergeben wird. Und zwar an denjenigen, der von den Benutzern einer Abstimmungs-App für Smartphones, mit denen Likes und Dislikes verteilt werden können, die meisten positiven Stimmen erhielt. Beziehungsweise die wenigsten negativen, denn im gestrigen Semi fiel die Bilanz für alle außer den Finalisten verheerend aus. Da ist ja selbst die USFB-Blitztabelle weniger fies!
httpv://youtu.be/g40W5FVTXMI
Punks mit Morten-Harket-Tolle: The Independent
httpv://youtu.be/Rdqrh4XwCNA
Ohrschmuck-Fashionistas: The Artrace
Von der Öffentlichkeit (lies: von mir) weitgehend unbemerkt, stellte irgendwann letzte Woche auch das moldawische Fernsehen seine 20 Finalisten für die Vorentscheidung am 10. März vor. Nicht in die Endrunde schaffte es, wie immer, der für seine Hymnen auf die Liebe zu Minderjährigen berüchtigte Goth-Kultsänger Sasha Bognibov, der diesmal einen textlich beanstandungsfreien, punkigen Song ‘Against Discrimination’ ablieferte. Ich freue mich schon auf seinen nächsten Versuch! Ebenfalls zu beklagen ist der Verlust von Constantinova Anna & Synops. Deren Elektrobastard ‘Game’ beginnt als sanftes, freischwebendes Ambientstück, das einen in entrückte Atmosphären entführt – nur, um dem Hörer dann unvermittelt Hardcore-Dubstepbeats in die Fresse zu hauen. Krass und großartig!
httpv://www.youtube.com/watch?v=Jfv1vPzg9vA
Mit klassischer Eurovisionsthematik: Sasha Bognibov
httpv://www.youtube.com/watch?v=xLU_7MnnlTs
Abgefahren: Constantinova & Synops
Einige alte Bekannte treffen wir im moldawischen Finale wieder: neben Geta Burlacu (MD 2008) und Nelly Ciabonu (MD 2009) sind dies Pasha Parfeny, der unbestreitbare Meister des Elektro-Ethno-Eurodance-Schlagers, der mit ‘Lăutar’ nicht ganz an die Klasse seines fabelhaften Vorjahresburners ‘Dorule’ heranreichen kann, und die komplett durchgeknallte Doiniţa Gherman, die uns mit ‘Welcome to Moldova’ einlädt, sich mit ihr um den Verstand zu hopsen. Gerne, Doinita! Auch die Siegel-Protagonisten Irina Tarasiuc & MC Gootsa schafften es mit ihrer Lou-Gedächtnisnummer ‘Save a little Sunshine’ in die Endrunde, wo sie hoffentlich verenden werden. Mein absoluter Favorit ist indes der großartig betitelte Ethnoschlager ‘Balkan Riders’ des großartig benannten Frauenduos Transbalkanica. Diese Perle möchte ich in Baku sehen!
httpv://youtu.be/eVC9iXD308s
Hi-hüpf! Doiniţa Gherman
httpv://youtu.be/qF2asFH8V90
Schnucklig: Pasha Parfeny
httpv://youtu.be/l_NkYMIvfjQ
Fantastisch: Transbalkanica