Interessante Strategie: mit einem traditionellen Männerchor versucht Kroatien, das sich in den letzten drei Jahren nicht mehr fürs Finale qualifizieren konnte, den Eurovisionsbann zu brechen. Für die dortige Vorentscheidung DORA sind, wie esctoday unter Bezugnahme auf den Sender HRT berichtet, diesmal ausschließlich Klapa zugelassen. Dabei handelt es sich, wie uns die Wikipedia aufklärt, um “Volksmusik-Gruppen, die in der südkroatischen historischen Region Dalmatien zu besonderen Anlässen, meist unbegleitet, polyphone Gesänge darbieten”. Die bis zu 12 Mann starken Chöre singen mit Vorliebe von der Heimat, der Weinlese und der Liebe, wobei die Wurzeln des Acappella-Stils im liturgischen Kirchengesang liegen. Allenfalls eine Mandoline oder eine leise Gitarre dürfen die Herren musikalisch begleiten. Nun gingen Versuche mit Acappellamusik beim Grand Prix bislang immer fehl – andererseits könnte gerade eine sehr traditionelle Nummer, wie sie hier zu erwarten steht, sich aus dem Konkurrentenfeld herausheben. Warten wir’s ab: noch nimmt der Sender Bewerbungen entgegen.
Wie schön: ein Lied für “die Mutti” (Min. 0:34)
In Litauen ging unterdessen am Sonntag die vierte Vorrunde zuende – mit einem Publikumssieg von Linas Adomaitis. Der vertrat das Land bereits 2004 in Istanbul, wo er mit dem unsäglich dämlichen ‘What’s happened to your Love’ und einer brechreizerregend kitschigen Show zu Recht im Semi ausschied. Letztes Jahr versuchte er es, im Kreise schöner Frauen in Lumpen gekleidet auf der Parkbank sitzend, mit dem fabelhaften ‘Floating to you’ erneut, scheiterte aber im Finale der dortigen Vorentscheidung. Auch seinen aktuellen Vorentscheidungsbeitrag ‘I W 2night’ präsentiert Linas im Sitzen, diesmal am Steuer eines imaginären Fahrzeugs, in dem er mit drei Begleiterinnen zur lustigen Prollatzenmucke durch die Nacht saust. Oh, und der Songtitel übersetzt sich übrigens nicht mit “Ich weh heute Nacht”, sondern “Ich verdopple Dich heute Nacht”: der Buchstabe W spricht sich im Englischen bizarrerweise “Double U”, doppeltes U. Obwohl das W ja eigentlich ein doppeltes V ist, aber mit Briten über Logik diskutieren zu wollen, ist wohl ein sinnloses Unterfangen. Jedenfalls klingt U praktischerweise wie “You” und schon sind wir im Finale der litauischen Wortspielweltmeisterschaften.
Eine zum Preis von zweien: Linas zahlt gerne drauf
Richtig klasse hingegen (wenn auch mindestens so drollig wie Linas) der drittplatzierte Titel im Zuschauervoting: das ebenfalls nicht ganz wortspielabstinent betitelte ‘War in the Wardrobe’ von Gerai Gerai und der adorablen Miss Sheep, einer Art litauischer Beth Ditto mit einem allerdings schlimmen, geradezu claudiarothesken Kochtopfschnitt. Die Miss steht in einem anmutigen rosafarbenen Zeltkleid auf der Bühne und singt tapfer gegen das Synthiesoundgewitter an, während Technoschlumpf G.G. mit seiner Blechtrommel lustig um sie herumhüpft. Mal schauen, ob sie’s in die Endrunde schaffen – noch muss die Jury ihr Plazet abgeben. Übrigens hat mir vor Jahren, wenn ich mich richtig erinnere, irgend jemand mal erzählt, in Litauen gäbe es überdurchschnittlich viele illegale Labore, in denen synthetische Drogen hergestellt würden. Die scheinen wohl irgendwie ins Grundwasser durchgesickert zu sein – jedenfalls erhärtet sich dieser Eindruck bei mir immer stärker, je öfter ich mich mit der dortigen Vorentscheidung befasse…
Das rosa Schaf der Familie
Kroatien schickt den Männergesangsverein. Ein kluger Zug?
- Zumindest mal was Anderes. Mal schauen, wie’s klingt. (38%, 15 Votes)
- (Vorhersehbares) Scheitern mit Stil. Hat was. (33%, 13 Votes)
- Oh Gott, muss das sein? Das ist ein Pop-Festival! (18%, 7 Votes)
- Endlich mal was Traditionelles, Handgemachtes. Ich freu mich drauf! (10%, 4 Votes)
Total Voters: 39

Rata rata .…. im Wagen vor mir, in Litauen mit 3 Uschis – sehr bekloppt aber unbedingt ESC-kompatibel – oh ja, und der Gerai Gerai mit Miss Pinky: höchst interessant. Mir scheint: Litauen genießt die Vorentscheidung. Und der Blogger hier auch! 😉 🙂
Schön, dass zumindest Kroatien dann mit etwas traditionellem Portugals Fehlen kompensiert. Wenn schon kein Fado, dann wenigstens Klapa. Und wenn man so nach Litauen schaut, ist es wirklich kein Wunder, dass sie der einzige Baltenstaat ohne Sieg sind.
“Versuche mit a cappella gingen bislang immer fehl”. Ja. Alle beide. 😉
Ich finde Fräulein Schaf und ihren kleinen Trommelmann im höchsten Grade unterhaltsam. Was den Krieg mit dem Schrank betrifft – den hatt sie offensichtlich verloren.
Kroatien: Aha, da möchte wohl jemand unter gar keinen Umständen gewinnen.
Und I W 2nite: Was will er uns mit diesem Text sagen? Gibt es neben den erwähnten illegalen Laboren für synthetische Drogen auch illegale Labore, in denen nachts Leute geklont werden? Oder er säuft sich die Dame dermaßen schön, dass er sie doppelt sieht?
Das Lied von Bethdittoskaite ist aber in der Tat schick. Das dürfte ruhig weiterkommen.
WAR IN THE WARDROBE
Da ist nicht nur der Titel richtig geil, sondern der Song auch!
Dieser Song ist besser als alle bisherigen Litauischen Beiträge zusammen!
Bitte, lass die Litauer alles richtig machen…
Traurige Nachricht: ‘War in the Wardrobe’ ist draußen – an den Jurys (sind Wichser) gescheitert.
Uuuund es ist wieder drin – dank einer Wildcard. 🙂 (Kann mir mal jemand den Sinn von Jury-Wildcards erklären, die von den Jurys geschasste Künstler wieder in den Wettbewerb zurückholen? Selbst für ein Jurysystem ist das seltsam.)
Entweder es sind verschiedene Jury-Mitglieder oder sie gleichen sich eben doch manchmal der öffentlichen Meinung an.
Das wird immer abstruser – laut Oikotimes hat das Teil sein Halbfinale jetzt sogar gewonnen. Baltische Staaten und Nachrückerstatus: ein ewig lustiges Thema.
[…] Klapa s Mora (Klapa des Meeres) formen. Bei einer Klapa handelt es sich, wie schon an anderer Stelle erwähnt, um einen traditionellen dalmatischen Männergesangsverein, der ebenso traditionelle […]