Heute stellte der ORF die versprochenen fünf Acts für die österreichische Vorentscheidung am 15. Februar 2013 vor. Nach der Totalpleite (letzter Platz im Semi) mit den meiner Meinung nach großartigen, aber mit einem dann vielleicht doch eher lokalen Flair behafteten Trackshittaz scheint man heuer mehr Wert auf internationale Anschlussfähigkeit zu legen. So lebt und arbeitet die 31jährige, in Wien geborene Soulsängerin Daniela Bauer alias Yela nach einem Musikstudium in Boston derzeit in New York (was noch das Interessanteste ist, was sich über sie erzählen lässt). Umgekehrt verhält es sich mit dem erst 18jährigen RnB-Küken Natália Kelly: sie wurde in den USA geboren, wuchs aber in Niederösterreich auf und beeindruckte schon in etlichen Musikwettbewerben mit ihrer starken Stimme und sicherem Auftreten. Aus der selben Starmania-Staffel wie Eric Papilaya (AT 2007) und Conchita Wurst (Vorentscheid 2012) stammt der geschmackssicher gesichtsbehaarte Singer-Songwriter Falco Luneau (28), der mit glattgebügelter Formatradiomucke in den Niederlanden kleinere Erfolge feierte und auch derzeit in dem chronisch erfolglosen Eurovisionsland lebt. Also in Holland.
Da war mir der echte Falco aber lieber: Monsieur Luneau (Repertoirebeispiel).
Einen Hauch von Eesti Laul bringen die drei Elektropopper Barca Baxant (34), Justin Case (32, großartiger Künstlername!) und Mike Blitz (27) alias The Bandaloop zum Vorentscheid unseres sympathischen kleinen Nachbarlandes. Sie reklamieren für sich ein “unverwechselbares Gesamtkonzept, geprägt von hohem künstlerischen Anspruch, kombiniert mit avantgardistischem Style und starker Bühnenpräsenz”. Mit anderen Worten: sie malen sich lustige Farben ins Gesicht und tanzen zu ihrem mäandernden Synthie-Klangteppich wie auf Droge durch die Gegend. Nett, das! Bleibt noch, als öster- und vermutlich chancenreichster aller fünf Kombattanten, das 21jährige Milchbübchen Elija Kulmer. Der Selfmade-Softrocker landete in diesem Jahr mit dem mehr gejodelten als gesungenen ‘Out of use’ einen Radiohit im Dudelfunkprogramm von Ö3, dürfte – anders als seine Mitstreiter:innen – seinen Landsleuten also zumindest ein kleines bisschen präsent sein. Nun bleibt dem Team um Vorentscheidungsproduzent Thomas Rabitsch noch bis Mitte Januar Zeit, geeignete Songs für die fünf Schützlinge zu finden. Dann will der ORF die Titel vorstellen.
Schreibt und produziert den Seich selbst: Elijah (Repertoirebeispiel).
Lustige Randnotizen gibt es übrigens noch aus dem gemeinsamen Nachbarländle zu vermelden: beim schweizerischen Vorentscheid, der bereits diesen Samstag über die Bühne geht, wird eine international besetzte, aber nicht stimmberechtigte, fünfköpfige Jury die Auftritte im Hinblick auf ihre Chancen außerhalb der Landesgrenzen kommentieren. Und zwar unter dem Vorsitz der von mir hoch verehrten deutschen Entertainerin Hella von Sinnen, die sich darauf auch schon wie Bolle freut: “immerhin ist die Schweiz das Geburtsland des Eurovision Song Contests”, so meine Lieblingslesbe im SF-Interview. Das lässt dann zumindest auf ein kleines bisschen Unterhaltung beim musikalisch doch eher drögen Wettbewerb hoffen. Und wo wir gerade bei der Schweiz sind: mit dem dort gebürtigen Sänger Patrick Nuo, der 2004 an der deutschen Eurovisionsvorentscheidung teilnahm, ist nun nach Costa Cordalis (dt. Vorentscheid 1980), Werner Böhm (aka Gottlieb Wendehals, 1982), Isabel Varell (1990) und Siegel-Tochter Guilia der fünfte Expromi mit Grand-Prix-Bezug im RTL-Dschungelcamp gelandet, der einzigen TV-Sendung neben den ganzen Vorentscheidungsshows, die es schafft, mich aus der Winterdepression zu holen. Oder besser, die das schaffte, denn nach dem Tod von Moderationsknutschkugel Dirk Bach, dessen bösartige Kommentare der einzige Grund zum Einschalten waren, und dessen geplantem Ersatz durch Daniel Hartwich, dem – um es freundlich zu umschreiben – Steven Gätjen von RTL, macht das Format eigentlich keinen Sinn mehr.
Ab Januar im Telepranger für gescheiterte Existenzen: der Nuo.