Von meinem absoluten Lieblings-Eurovisionsland zurück in die Schublade “hoffnungslos” an nur einem Abend: diesmal hätten die in den letzten Jahren durch fabelhafte Vorentscheidungen und durch die Bank unterhaltsame Beiträge positiv aufgefallenen Esten die einmalige Chance gehabt, dem sich abzeichnenden Jahr der Superlangeweile ihren Stempel aufzudrücken und mit einem Sensationssieg in die eurovisionären Geschichtsbücher einzugehen. Versiebt – und Schuld trägt wieder einmal die dumme, dumme, dumme, dumme, dumme, dumme, dumme, dumme, dumme, dumme Jury! Mit ‘Meiecundimees üks korsakov läks eile lätti’, einem In-die-Fresse-Frontalangriff auf sämtliche Sinne gleichzeitig der Punkband Winny Puhh lieferte das estnische Fernsehen heute Abend den besten und bestinszeniertesten Vorentscheidungsauftritt aller Zeiten.
Missis Sandman, sing me to Dream
Ein paar mit Gesichtsfilz als Werwölfe aufgemachte harte Jungs in hautengen Ringer-Outfits (als politischer Protest gegen die aktuelle Entscheidung des IOC, Ringen nicht mehr als olympische Sportart zuzulassen), an der Wand hängende (!) Drummer sowie von der Decke baumelnde Gitarristen, schwindelig machende Bildeffekte und drei Minuten brutales Gebrüll bis zum Abwinken: gegen diese super lustige Nummer sehen Lordi im Nachhinein aus wie Figuren aus einem Disney-Film. Doch die Jury setzte die grandiosen Punks auf den vierten Rang, was gemeinsam mit dem zweiten Platz im Televoting gerade eben so nicht für das Superfinale im Eesti Laul ausreichte, welches dann zwei freundliche, unbedrohliche junge Frauen mit durchschnittlichen Seichtballaden bestritten. Am Ende gewann Birgit Sägemehl, Entschuldigung: Õigemeel, eine schüchtern wirkende Schwarzhaarige im Nachthemd ihrer Großmutter, mit ihrer leicht countryhaften Midtempoballade ‘Et uus saaks alguse’. Und wird doch in Malmö nur noch ein weiterer Tropfen im diesjährigen Meer der juryoptimierten Seichtsongs sein. Estland hat für mich heute aufgehört, zu existieren!
Der Angriff der Ewoks: Winny Puhh
Schaffte es Estland mit der Frau im Nachthemd ins Finale?
- Wenn es einen Gott gibt, nicht. Strafe muss sein! (42%, 38 Votes)
- Na klar. Schöne Ballade, gut gesungen: zu Recht also. (33%, 30 Votes)
- Ich mochte Winny Puhh nicht, aber das Geplodder hier bleibt hängen. (25%, 23 Votes)
Total Voters: 91
Ich habe nichts gegen Winny Puuh, aber sie wären auch nach meinem Geschmack nur Dritter gewesen, da geht es mir also sehr ähnlich wie der Jury, die in meinen Augen/Ohren größtenteils richtig gut gewählt hat (bis auf die Präferenz für Körsikud, aber das wurde ja im Televoting korrigiert).
Das Superfinale war goldrichtig so, waren genau meine beiden Erstplatzierten, allerdings hat die Falsche gewonnen. Was natürlich nach den Voten vorher absehbar war, aber einen winzigen Moment lang hatte ich noch gehofft, das tatsächlich einmal ein Titel gewinnt, den ich von Anfang an als den besten angesehen habe.
Aber mit Birgit kann ich gut leben (hätte ich auch mit Winny Puuh!).
Auch wenn die Nummer von Winny Puuh natürlich ganz furchtbar und unanhörbar ist – der Auftritt war wahrlich ganz großes Kino. Das hätte man schon liebend gerne mal ganz Europa vorgestellt. Einfach nur des Effektes wegen. Ich war dann aber doch froh, dass sie nicht ins Superfinale gekommen sind. In das auch mein absoluter Favorit eingezogen ist. Der dann natürlich nicht gewonnen hat. Aber vielleicht auch ganz gut so. Uptempo-Nummern mit Dubstep-Elementen haben wir ja nun schon zu genüge im Wettbewerb.
Mit diesem “And ooze sucks a goose” kann ich auch ganz gut leben, aber die Nummer wird in Malmö nicht weiter auffallen und im Semi jämmerlich eingehen.
“Et uus saaks alguse” gefällt mir eigentlich, aber an den Kindergarten von Winny Puuh kommt das natürlich nicht ran!
Man könnte fast schon meinen, dass da nur Dreijährige am Werk sind, aber ich finds einfach nur geil! Beim ESC wäre dieses “Meiecundimees Üks Korsakov Läks Eile Lätti” bestimmt im Televoting vorne gelandet. Aber im Juryvoting leider nicht…
[…] nicht geschafft, in Malmö dabei zu sein … zu schade, wirklich. Da bin ich mit Oliver Rau von aufrechtgehn.de völlig […]
Vielleicht pullt Birgit ja eine Yohanna. Anscheinend war der Sieg von Ell und Nicki kein Ausrutscher, sondern ein Vorgeschmack auf die Entwicklung des ESC hin zu Durchschnitts-Radiopop. Ich gebe diesen Jahrgang wohl doch bald auf. Dennoch: Winny Puhh hätte wirklich nicht sein müssen. Aber Birgit jetzt auch nicht gerade.
Das mit dem Durchschnitts-Radiopop ist vermutlich der Preis dafür, dass die Veranstaltung inzwischen doch wieder ein breiteres Publikum gewinnt.
Ich bin aber nicht sicher, ob es mir das wirklich wert ist.
Jetzt muss ich aber mal Dampf ablassen: es nervt mich total, dass der hausherr offenbar, wenn es um Juries geht, gern absichtlich alle Logik ausschaltet, nur um eine fadenscheinige Rechtfertigung dafür zu finden, die ewig gleichen Schmähtiraden über dieselben (die dann für alles Unglück auf der Welt, oder zumindest das, was man dafür zu halten beliebt, verantwortlich gemacht werden.
Wenn man mal nachrechnet, ergibt sich ganz klar: die Jury trägt hier gar keine Schuld. Auch im reinen Televoting hätte Winny Puuh nicht gewonnen!
Die Tabelle ist ja zum Schluss nicht mehr gezeigt worden, aber es standen noch die Publikumspunkte 10, 9 und 8 aus. Da Grete im Juryurteil ***hinter*** Winny Puuh lag (nur, um das noch mal ganz klar festzuhalten), muss sie vom Publikum ***mehr*** Punkte als Winny Puuh erhalten haben. Von den 6 kombinatorisch möglichen Verteilungen kommt eigentlich nur Grete 10, Winny 9, Birgit 8 infrage (zumindest, wenn man annimmt, dass bei Gleichstand pro Publikum entschieden wird und das Körsikud mit 16 Punkten wirklich Platz 4 waren. Lässt man diese Seitenbedingungen fallen, sind auch noch Grete 10, Birgit 9 und Winny 8 oder Birgit 10, Grete 9 und Winny 8 möglich).
Wieso dann im zweiten Wahlgang Birgit vor Grete lag, lässt sich (wenn nicht die drittgenannte Möglichkeit doch die wahre ist) nur durch Wählerbewegungen der Fans nunmehr ausgeschiedener Kandidaten erklären.
Also: wenn schon über die Juries geschimpft werden sollte, dann nur mit echten Argumenten.
Was die Punkteverteilung angeht, bin ich mit Dir d’accord. Nur die Schlussfolgerung ist für mich eine andere: bei reinem Televoting wären, wie Du ja selbst auflistest, Grete mit 10 und Winny Puhh mit 9 Punkten ins Superfinale gekommen. Da sich das Televoting im zweiten Wahlgang ja offensichtlich gedreht hat, sehe ich nicht, wieso das im Falle von Winny Puhh nicht auch der Fall hätte sein können. Natürlich ist das reine Spekulation, genau so gut hätte dann Grete gewinnen können. Dann hätte ich halt das estnische Publikum beschimpft und dessen kollektive Entmündigung gefordert. 😉 Aber so, wie es gelaufen ist, steht ganz objektiv fest, dass die dummen, dummen, dummen, dummen Juroren Winny Puhh noch vor dem Superfinale zur Strecke gebracht haben.
Womöglich. Allerdings hat es bei der estnischen Jury ja auch (leider nur) für den dritten Platz gereicht. Zusammen mit einem überragenden Televoting-Ergebnis, das sie zweifellos eingefahren hätten, hätte das für einen Sieg reichen können. Oder sie wären Erste im Televoting und Letzte im Juryvoting geworden: wieder ein herausragendes Argument für die Abschaffung der Jurys! Eine klassische Win-Win-Winny-Puhh-Situation! Schade drum!
🙂
Mache ich ja, sonst wäre ich ja längst nicht mehr auf diesen Seiten unterwegs (die mich ja größtenteils amüsieren).
Aber ich halte halt gern gegen …
Was in einem solchen Fall passiert wäre, hat man im deutschen Vorentscheid 2004 beobachten können – der Konsenskandidat sammelt alles ein, was zu kriegen ist, und das waren in diesem Fall wohl eher weniger Winny Puhh.
Wenn die Entwicklung so stattfände, hätten Compact Disco letztes Jahr deutlich besser abschneiden müssen. In den Top 5 von 2012 findet sich nichts wieder, was man als “Formatradiopop” definieren könnte, außer vielleicht “When the Music Dies”.
Davon ist auszugehen, wenn man sieht, dass im Publikum sich etliche Leute bei Winny Puhh die Ohren zugehalten haben.
Vermutlich ist der Konsens auch der Grund für das (mutmaßliche) Vorbeiziehen von Birgit an Grete im zweiten Wahlgang. Sämtlichen Körsikud-Anhängern dürfte Birgit genehmer gewesen sein.
Naja, Euphoria ist schon radiotauglich. Wird ja sogar tatsächlich ab und zu gespielt. Das habe ich selbst bei EurovisionsSIEGERN lange nicht mehr erlebt (in den 70ern war das Gang und gäbe, daran erinner ich mich noch genau).
Slowakei??? Die spielen doch gar nicht mit dieses Jahr.
Da das Leben steter Wechsel und Wandel ist, ist auch das sehr gut zu erklären. Je mainstreamiger das Teilnehmerfeld ist, desto eher fallen Beiträge auf, die anders sind. Und wenn diese gut gemacht sind, dann haben sie eben auch alle Chancen weit oben zu landen. Selbst wenn immer mehr auf Nummer sicher gegangen wird, heißt das ja nicht nicht, dass der ESC Risikobereitschaft nicht belohnen würden. Und bei Euphoria traf eben beides zu. Radiotauglich und auffällig durch Gesang und Inszenierung. Solche Sieger darf es gerne noch öfter geben.
Noch mal ein bisschen stänkern: wohin man mit reinem Televoting kommt, ist derzeit ja in Schweden zu sehen. Nachdem in der Second Chance Runde nun auch noch die letzten beiden halbwegs vernünftigen Interpreten (Caroline af Ugglas und Cookies’n’Beans) schon in der ersten Runde eliminiert wurden, besteht die gesamte Finalaufstellung praktisch nur aus Totalschrott. Das einzige von 10 Liedern, das man sich überhaupt noch anhören kann, ist das mit den toten Fischen (Louise Hoffsten). Ich hoffe natürlich inständig, dass wenigstens das gewinnt, aber die Chancen sind nicht gerade sehr hoch, und so toll ist das ja eben auch nicht. Anschauen werde ich mir das schwedische Finale jedoch ganz bestimmt nicht, wenn ich kotzen will, kann ich das erträglicher über die Bühne bringen.
Ach und übrigens: in Serbien bahnt sich genau das Gegenteil an. Da war bereits das gestrige Halbfinale dermaßen gut bestückt, dass ich kein einziges “Munus” vergeben habe, und das bei 15 Titeln. Von daher weiß ich schon jetzt, dass ich alle der verbleibenden 5 als Sieger gut geeignet finde (auch wenn ich einen Favoriten habe. Die neuen Femminem (“meine 3”) würden auf meiner Rangskala sofort unter die Top 3 schießen).
Naja, gut. Vielleicht nicht alle 5. SKY’s müssten es nicht gerade werden. Ist zwar ganz nett, aber ein wenig dürftig schon.
Ja, kann schon sein. Ich fand übrigens von den beiden Mädels auch Birgit angenehmer, Gretes Gesang erinnerte mich an eine Kuh mit Mandelentzündung.
Hm. An Schweden hab ich das Interesse dieses Jahr ja schon lange verloren. Es gab im gesamten (!) MF-Lineup m.E, einen einzigen interessanten Beitrag, nämlich den von den Army of Lovers, und der ist draußen. Was von dem restlichen Schrott jetzt gewinnt, ist mir pupsegal, von mir aus auch der tote Fisch. Das hätte wenigstens einen unterhaltsamen From-Hero-to-Zero-Effekt.
Ich hab mal in die Clips der 5 serbischen Finalisten reingeschaut, und der einzige, der mir da einigermaßen gefällt (wenn auch eher optisch als musikalisch) ist Dusan. Die drei Mädels vom Faschingsstrich sind ja nicht auszuhalten *schauder*! Ich will ja nicht misantrophieren, aber: Gott, wird das ein unterirdisch schlechter Jahrgang!
Vielleicht ist das einfach Rache? Wenn ich das richtig nitbekommen habe, saß Ithaka Maria in der Jury.
Seh ich ähnlich – und ich liebe diese Seite heiß und innig. Und jetzt bin ich auch mal ganz kindisch: Ich hege wie so viele Eurovisionsfans einen tiefen und ernsthaften Groll gegen Herrn Björkman, vor allem seit dem Quatsch, den er da letztens ausgeheckt hat. Wenn es dieses Jahr viele schlechte Balladen / langweilige Beiträge gibt, dann wird sich seine Startnummernzuschieberei sehr schnell erledigt haben, dann wird es nämlich nix geben, was die Show besonders spannend / sehenswert macht. Ja, ich weiß, es ist absolut kindisch, und es wird auch andere, weniger gute Konsequenzen haben, aber ich würd ja zu gern sehen, wie diesem Herrn mal wirklich amtlich ans Bein gepieselt wird!
Call me Spießerin, aber ich fürchte, ich bin einem Beitrag wie dem von Winny Puhh nicht gewachsen… Die Musi ist ja noch halbwegs ok, aber die OPTIK.…Ich muss grad erstmal wieder die Wand anstarren, und ich bin froh, wenn ich heute nacht nicht schlecht träume…
Hab’s noch mal gecheckt. Das ist tatsächlich kein Scherz.
Du kannst jetzt munter spekulieren, die genauen Ergebnisse sind bekannt:
http://oikotimes.com/2013/03/05/eesti-laul-2013-compete-results-revealed/
Winny Puhh wäre also mit gerade mal 70 Stimmen Vorsprung gegenüber Birgit ins Superfinale gekommen (und hätte dort dann sicher haushoch gegen Grete verloren),
Aber knuffig ist sie. Erinnert mich irgendwie an Jennette McCurdy (“Sam” aus iCarly).
[…] Liegt es an Birgits sehr prominent sichtbarem Babybauch, dass ich bei den Grafiken auf dem Bühnenhintergrund zu Beginn an einen Muttermund denken muss? Wie der Fachpresse zu entnehmen ist, bleibt das Fernsehbild während der ersten Strophe schwarzweiß, so als ob man das Altmodische des Beitrags noch betonen müsste. Eine sanfte (um nicht zu sagen: einschläfernde) Ballade, auf Estnisch, auf Startplatz 2: das ist selbst unter Berücksichtigung des Werdende-Mutter-Bonus vom Finale so weit entfernt wie ein Wohnungsmakler von einem Platz im Himmel, und das geschieht den Esten ganz recht! […]