EBU und TRT gehen in Koalitionsverhandlungen

Die Saga um die (Nicht-) Teil­nah­me der Tür­kei am Euro­vi­si­on Song Con­test geht in die nächs­te Run­de, wie euro­vi­sio­na­ry ges­tern ver­mel­de­te. Nach­dem die EBU ver­gan­ge­ne Woche mehr Trans­pa­renz beim Jury­vo­ting ankün­dig­te, soll es in 14 Tagen in Istan­bul offi­zi­el­le Ver­hand­lun­gen zwi­schen den Euro­vi­si­ons-Orga­ni­sa­to­ren und dem tür­ki­schen Fern­se­hen TRT über eine mög­li­che Rück­kehr des Lan­des zum Song Con­test geben. “Die geän­der­ten Regeln erhö­hen die Trans­pa­renz hin­sicht­lich der Ergeb­nis­se, nun müs­sen sich die Jurys nach dem Con­test für ihre Abstim­mung recht­fer­ti­gen,” lob­ten Dele­ga­ti­ons­mit­glie­der von TRT zwar, bekräf­tig­ten jedoch zugleich, noch nicht völ­lig zufrie­den zu sein: “Man muss sich nur vor­stel­len, 10 Mil­lio­nen von Fans haben beim Con­test für ein Land ange­ru­fen, und dann kön­nen drei Leu­te die­ses Ergeb­nis kip­pen. Der Ein­fluss der Jury soll­te begrenzt wer­den und die Mei­nung des Publi­kums am meis­ten zäh­len.” Sie erneu­er­ten auch ihre Kri­tik an der “Absur­di­tät” des Big-Five-Pri­vi­legs. Die­se Punk­te sol­len nun in Istan­bul zwi­schen TRT-Inten­dant İbrah­im Şahin und der EBU erneut zur Spra­che kom­men. Ein end­gül­ti­ge Ent­schei­dung über die Teil­nah­me der Tür­kei am Euro­vi­si­on Song Con­test 2014 in Kopen­ha­gen fal­le erst danach.


Beschul­di­gen die Ali­y­ews: Yük­sek Sad­akat (TR 2011)

Unter­des­sen gibt es wei­te­re Vor­wür­fe, Aser­bai­dschan kau­fe beim Euro­vi­si­on Song Con­test Stim­men. Die hin­sicht­lich des Aus­gra­bens sol­cher Anschul­di­gun­gen stets emsi­ge nie­der­län­di­sche Fan­sei­te 12points.tv ver­weist hier­zu auf einen Arti­kel der tür­ki­schen News­sei­te Tür­ki­ye Gaze­te­si[ref]Über deren Serio­si­tät ich man­gels Kennt­nis nichts sagen kann.[/ref], die Kut­lu Özma­kinacı, den Bas­sist von  Yük­sek Sad­akat, zitiert: “Als wir 2011 teil­nah­men, gab es Gerüch­te über einen Stim­men­kauf. Wir hör­ten, Aser­bai­dschan habe im Gegen­zug für Punk­te Geld an ver­schie­de­ne Län­der gege­ben. Tür­ki­sche Dele­ga­ti­ons­mit­glie­der erzähl­ten uns, Aser­bai­dschan habe 30 Mil­lio­nen US-Dol­lar gezahlt, um den Euro­vi­si­on Song Con­test zu gewin­nen.” Das klingt nun, gelin­de gesagt, ein biss­chen unglaub­wür­dig, zumal noch aus dem Mun­de eines Band­mit­glieds des ein­zi­gen tür­ki­schen Teil­neh­mers, der es nicht ins Fina­le schaff­te. Özma­kinacı, der Mehri­ban Ali­y­ew in die­sem Zusam­men­hang nament­lich erwähnt, beeilt sich auch, hin­ter­her zu schie­ben, dass die dama­li­gen Dele­ga­ti­ons­mit­glie­der dies sicher nicht öffent­lich bestä­ti­gen wür­den, auch wegen “der Brü­der­schaft mit Aser­bai­dschan”. Dass Bestechungs­gel­der flos­sen, sei aber hin­ter den Kulis­sen bekannt gewe­sen und die tür­ki­sche Dele­ga­ti­on habe davon gewusst. Immer­hin zeigt der Bas­sist Ver­ständ­nis für die von TRT kri­ti­sier­te, 2010 voll­zo­ge­ne Wie­der­ein­füh­rung der Jurys durch die EBU: “Wenn die Ost­block­län­der für­ein­an­der abstim­men, kom­men fünf bis sechs von ihnen in die Top Ten. Die Orga­ni­sa­to­ren ver­such­ten, die­ser Unge­rech­tig­keit etwas ent­ge­gen zu setzen.”

Hat Aser­bai­dschan sich 2011 den Sieg für 30 Mil­lio­nen Dol­lar gekauft?

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4 Comments

  • Die Sache mit den zehn Mil­lio­nen Stim­men, die durch drei Leu­te gekippt wer­den, klingt zwar logisch, aber ich hof­fe, dass die EBU dem tür­ki­schen Fern­se­hen nicht zu sehr die Füße küsst. Denn in Anka­ra sit­zen eini­ge Leu­te, die ger­ne meckern (meis­tens Poli­ti­ker oder auch Fern­seh­ver­ant­wort­li­che), obwohl das oft nicht nötig ist. Da bekla­gen sich die einen, dass Tür­ken in Deutsch­land poli­tisch benach­tei­ligt wer­den (obwohl das nicht ganz rich­tig ist; es sind nach der Wahl am letz­ten Sonn­tag elf Poli­ti­ker der tür­ki­schen Min­der­heit, dar­un­ter zum zwei­ten Mal hin­ter­ein­an­der für die SPD die Cou­si­ne der Özo­guz-Brü­der, die 2004 in Istan­bul mit ihrer Band “Athe­na” ihren gei­len Heim­auf­tritt hin­ge­legt haben, in den Bun­des­tag rein­ge­kom­men und damit sechs mehr als 2009) und die ande­ren, dass die Tür­kei beim Euro­vi­si­on Song Con­test von den bösen, bösen Juro­ren dis­kri­mi­niert wird, was auch nicht ganz rich­tig ist.
    Man muss das alles nicht so ernst nehmen.

    Klar, die Jury hat viel Scha­den ange­rich­tet, ich ver­zei­he ihnen bis an mein Lebens­en­de nicht, dass sie “Who See” raus­ge­boxt haben, genau­so wie vor­her Kuun­kuis­kaajat und Stel­la Mwan­gi. Aber groß run­ter­ge­zo­gen wur­de die Tür­kei von der Jury nicht, wenn man mal 2011 weg­lässt. Und Hadi­se sowie maN­ga schnit­ten in den Jury­wer­tun­gen unter den ers­ten zehn ab.
    Wenn die Tür­kei mit­ma­chen will, kann sie ger­ne kom­men, aber der ESC kommt auch ohne sie mit ihrem stän­dig rum­quen­geln­den Fern­seh­sen­der aus. Ein Land weni­ger, das eher chan­cen­lo­se­ren Teil­neh­mern die Punk­te wegnimmt.

  • Die Sache mit den “zehn Mil­lio­nen gegen drei” mag logisch klin­gen, aber sowas ist rein theo­re­tisch (mit etwas weni­ger extre­men Zah­len) auch beim rei­nen Tele­vo­ting drin – es pas­siert sogar jedes Jahr -, weil das eta­blier­te Sys­tem jedem Land, unab­hän­gig von der Zahl der Anru­fe, das glei­che Stimm­ge­wicht ver­leiht. Wenn irgend­wo tau­send Leu­te anru­fen (oder wie vie­le man auch immer braucht, um das Limit der EBU zu errei­chen, ab dem das Tele­vo­ting über­haupt zählt) und in einem ande­ren Land 50 Mil­lio­nen, dann zählt in der End­wer­tung ein Anru­fer aus Land A genau­so viel wie 50.000 aus Land B. Dann wird die Wer­tung aus Land B halt nicht durch die drei Juro­ren aus Land B rui­niert, son­dern durch die tau­send Anru­fer aus Land A, wenn die bei­den kom­plett unter­schied­lich abstimmen.

    Und bei der unglaub­li­chen Band­brei­te an Ein­woh­ner­zah­len inner­halb der Teil­neh­mer­staa­ten – die Span­ne reicht von 32,000 ℠ bis hin zu 143,5 Mil­lio­nen (RU) – ist unter die­ser Bedin­gung kaum ein wirk­lich gerech­tes Sys­tem zu ver­wirk­li­chen. Ein­fach nur die Anru­fe für jedes Land aus dem gesam­ten Bereich der Teil­neh­mer­staa­ten zu zäh­len, wür­de der Wer­tung jede Span­nung rau­ben. Ich kann mit dem Sys­tem, wie es sich jetzt ankün­digt (mehr Trans­pa­renz und so), jeden­falls ganz gut leben. Wenn das TRT anders sieht, Pech – wie schon anders­wo erwähnt: ich bin mir sicher, Andor­ra, Bul­ga­ri­en oder die Nie­der­lan­de haben volls­tes Ver­ständ­nis für die armen benach­tei­lig­ten Tür­ken, die wegen der bösen Jurys 2012 nur Sieb­ter wur­den. *face­palm*

  • […] und ein pro­ba­tes Druck­mit­tel für publi­kums­star­ke Sen­der aus dem eura­si­schen Raum, die eige­nen Reform­vor­stel­lun­gen bei­spiels­wei­se zum unge­lieb­ten Big-Five-Pri­vi­leg durch­zu­set­zen. Oder auch die eige­nen kulturellen […]

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