Mit einem zweifachen Sieg der Schleimballade über den jeweils etwas gewagteren Sound ging heute Abend das erste Semifinale des Eurosong in Belgien zu Ende, bei dem die Kandidaten das erste Mal ihren möglichen Eurovisionsbeitrag singen mussten (und nicht alte Grand-Prix-Hits wie noch in den Castings). Als interessantester Kandidat des Abends entpuppte sich dabei der belgische Doppelgänger der RTL-Grinsebacke Oliver Geissen, ein Mann mit dem Namen Udo Mechels. Der zeigte sich in höchstem Maße unzufrieden mit allen ihm von der vierköpfigen Sender-Jury (und der flämischen Musikindustrie) zur Auswahl vorgelegten Songs und zog zunächst gen Berlin, später nach Stockholm, etwas besseres zu finden. Schließlich entschied er sich für die keltisch eingefärbte Anti-Kriegs-Ballade ‘Hero’, die allerdings ob ihres Marschrhythmus’ und des Titelzusatzes ‘In Flanders Fields’ eher wie eine musikalische Kampfansage an den verhassten wallonischen Landesteil wirkte. Und während die aufgrund Udos Eigensinn pikierten Juroren ihn für sein Fremdgehen abstraften, wählten ihn die patriotisch gestimmten Zuschauer weiter ins Finale. Vielleicht wollten sie auch nur noch mal die an Albernheit kaum zu übertreffenden Hebefiguren sehen, die Udos Tänzer veranstalteten?
Sei ein Held und kämpfe gegen Klischeeballaden wie diese! Der Udo
Unzufriedenheit mit dem für sie ausgesuchten Titel ‘Killer Touch’ äußerte auch die mehrfache belgische Vorentscheidungsteilnehmerin Petra de Steur, was sie aber nicht davon abhielt, ihn zu singen. Wie man sieht, zahlt sich Folgsamkeit nicht aus: sowohl die Jury wie auch die Zuschauer setzten ihre eher peinliche Moulin-Rouge-Parodie auf den letzten Platz. Einen köstlichen Moment der Ironie erlebte die Sendung, als Stargast-Jurorin Ruslana (UA 2004) Petra ernstlich dafür tadelte, den Fokus zu sehr auf die Show und zu wenig auf die Stimme gelegt zu haben. Wir erinnern uns, ‘Wild Dances’-Ruslana, die damals extra den eigens einstudierten Tanz der karpatischen Wölfe strich, um ihre diffizilen “Hey!“s fehlerfrei schmettern zu können. Oh, warte… Verabschieden mussten sich auch die geheimnisumwitterten Maskenträger von Day One, deren selbstreferentielles und ‑komponiertes ‘Whoever you are’ zwar das Plazet der Jury fand, nicht jedoch die Zustimmung der Zuschauer, die sich von dem künstlichen Gewese um die angebliche Prominenz der vier Maskierten nicht beeindrucken ließen und schlichtweg den Song bewerteten – und der war genau so Kacke wie der Gesang von (vermutlich) Kate Ryan.
Ruslanas Gesicht bei 1:07 Minuten – unbezahlbar!
Die Frau mit der Schaumstofffrisur: Petra de Steur, 1993
Bleibt noch der uneingeschränkte Siegertitel dieses Semis, ‘Nothing is impossible’ von Eva Jacobs, eine zuckersüße Klavierballade, die wirklich jedes auch nur erdenkliche textliche Klischee versammelt und mich bereits innerhalb der ersten fünfzehn Sekunden zum Vomitieren bringt. Es wirkt, als habe ein sadistischer Geist sämtliche leeren Glücksversprechen aus jedem einzelnen jemals produzierten Walt-Disney-Streifen extrahiert und als Superkonzentrat in diese drei Minuten injiziert. Dazu ballettieren selbstredend im Hintergrund die unvermeidlichen Tänzer, während Frau Sommer Eva Jacobs steckensteif am Piano sitzt und ihre innere Mariah Carey (aus der Glitter-Phase) channelt. Während des Refrains treten dann sogar noch ein paar dezente Drum’n’Bass-Beats und ein Backgroundchor hinzu, um sanfte Zeitgeistigkeit vorzutäuschen. Es ist, als sei Dina Garipova (RU 2013) als Kind in den Topf mit dem Zaubertrank gefallen und es bereitet mir Angst. Angst, dass im zweiten Semi am nächsten Sonntag nichts mehr kommt, das diesem songgewordenen Monster noch die Stirn bieten könnte. Wobei: es gibt ja zum Glück noch diese Kinderbande, die Bandits. Die stecken zwar momentan noch in der Second-Chance-Runde fest, verfügen aber über eine hysterische Fanbasis aus präpubertierenden Mädchen. Die einzige Hoffnung, die noch bleibt…
Die Moderatorin verglich Eva mit Alicia Keys und gehört dafür alleine schon erschossen – auf den Feldern Flanderns!