Sido: Ich gra­tu­lie­re dem Herrn Wurst

Wie Focus online berich­tet, äußer­te sich der Deutschrap­per Sido, einer der fünf Juror:innen, die am Sams­tag mit ihrem kol­lek­ti­ven Down­vo­ting für Con­chi­ta Wurst dafür sorg­ten, dass die Euro­vi­si­ons­sie­ge­rin aus Deutsch­land pein­li­cher­wei­se nur sie­ben Punk­te erhielt, obwohl sie auch im deut­schen Tele­vo­ting ein­deu­tig führ­te, heu­te auf Face­book zu der brei­ten Kri­tik an der Jury. Das Maga­zin zitiert Sido, der 2012 mit dem von ihm betreu­ten Rap-Pro­jekt 3punkt5 bei der öster­rei­chi­schen Vor­ent­schei­dung gegen Con­chi­ta Wurst und die Tracks­hit­taz den deut­lich Kür­ze­ren zog, wie folgt: „Weil ich ein tole­ran­ter Mensch bin, habe ich auch jedem Kan­di­da­ten die­sel­be Chan­ce gege­ben, mich zu über­zeu­gen, unab­hän­gig von sei­ner Natio­na­li­tät, sei­ner Reli­gi­on oder sei­ner sexu­el­len Gesin­nung. Die ein­zi­ge Dis­kus­si­on, die man also zulas­sen kann, ist die, war­um mir die Kom­po­si­ti­on und die Per­for­mance des Her­ren aus Öster­reich nicht gefal­len hat. Wobei das wie­der­um eine rei­ne Geschmacks­fra­ge ist.“

Geschmacks­fra­ge: den Österreicher:innen mun­de­te Sidos Ange­bot 2012 nicht so.

Womit Sido zwei­er­lei bestä­tigt: zum einen, dass er mit der bär­ti­gen Drag­queen bei aller angeb­li­chen Tole­ranz doch ein per­sön­li­ches Pro­blem zu haben scheint, wenn er Con­chi­ta kon­se­quent als “Her­ren” bezeich­net. Denn zum Euro­vi­si­on Song Con­test trat ja nicht die Pri­vat­per­son Tom Neu­wirth an, son­dern die Büh­nen­fi­gur Con­chi­ta Wurst – und die ist, auch mit Bart, nun mal eine Frau. Die­ses Behar­ren auf dem bio­lo­gi­schen Geschlecht stellt für mich auch in Fra­ge, ob bei der Beur­tei­lung des öster­rei­chi­schen Bei­trags durch Herrn Wür­dig – so Sidos bür­ger­li­cher Name – tat­säch­lich nur die Kom­po­si­ti­on eine Rol­le spiel­te (die Ein­ord­nung von Tom Neu­wirths Homo­se­xua­li­tät als “Gesin­nung” will ich mal als sprach­li­che Unsau­ber­keit durch­ge­hen las­sen). Des­wei­te­ren bestä­tigt Sido mit sei­ner Aus­sa­ge, was ich schon immer pre­di­ge: auch ein “pro­fes­sio­nel­ler” Juror stimmt eben nach sei­nem per­sön­li­chen Geschmack ab. Denn um nichts ande­res kann es bei der Bewer­tung von Musik gehen, da gibt es außer Laut­stär­ke und Beats per Minu­te kei­ne objek­tiv mess­ba­ren Beur­tei­lungs­kri­te­ri­en. Damit aber ent­fällt jed­we­de Berech­ti­gung für die Exis­tenz der Jurys, denn sie bedeu­ten unter dem Strich nur, dass der per­sön­li­che Geschmack von fünf zufäl­lig bestimm­ten Han­seln mehr zählt als der von Mil­lio­nen von Anrufer:innen.

Nicht nach Sidos Geschmack: die Wurst.

Ein biss­chen zwei­schnei­dig schließt Sido mit erneut kon­se­quent falsch gegen­der­ten, herz­li­chen Glück­wün­schen: „Nichts des­to trotz möch­te ich dem Herrn Wurst und mei­nem gelieb­ten Öster­reich natür­lich herz­lich gra­tu­lie­ren zu sei­nem Sieg!“. Von der in der deut­schen Vor­ent­schei­dung Aus­ge­schie­de­nen Made­line Juno, die im After­show-Par­ty-Inter­view Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger ver­mut­lich aus Angst vor dem berech­tig­ten Shit­s­torm noch frech ins Gesicht log, bei ihr habe Con­chi­ta auf dem “fünf­ten Platz oder so” gele­gen, wäh­rend es in Wahr­heit der drei­zehn­te war (und damit gleich nied­rig wie bei Sido), war hier­zu noch nichts zu ver­neh­men. Eine etwas herz­li­che­re Gruß­bot­schaft kommt von US-Schwu­len­iko­ne Cher, die etwas melo­dra­ma­tisch twit­ter­te: “Kann sich irgend­je­mand vor­stel­len, wie vie­le Trä­nen die­ser Jun­ge ver­gos­sen haben muss beim Ver­such, sich treu zu blei­ben? Was es ihn gekos­tet haben muss, sei­nen Traum zu leben – zu sei­nen Bedin­gun­gen?” So ganz scheint aber auch die 67jährige Pop­di­va das Kon­zept nicht ver­stan­den zu haben, denn sie schloss mit dem gut gemein­ten Rat: “Du ver­dienst einen net­te­ren Namen und eine bes­se­re Perü­cke”. Äh, ja. Dan­ke, Cher.

Eine Drag-Hom­mage auf Cher, vom fabel­haf­ten Char­lie Hides.

Nach dem deut­schen Con­chi­tag­a­te: gehört die Jury wie­der abgeschafft?

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9 Comments

  • Jen­ni­fer Ros­tock? Eine wah­re Grö­ße im Show­busi­ness muss das sein!. Wenn eine Ahnung von guter Musik hat, dann die! Kann mir mal bit­te jemand erklä­ren, wer die­se Dame ist und was sie bis­her so gemacht hat? Da könn­te man ja auch Bern­hard Brink in die Jury holen oder Franz Becken­bau­er, der hat auch mal eine Plat­te aufgenommen.…!

  • Naja, sie ist eine der popu­lärs­ten Musi­ke­rin­nen unter den Teen­agern und hat mit zwei Teil­nah­men beim BuVi­So­Co für Meck-Pomm auch etwas Erfah­rung in Musik­wett­be­wer­ben. Wie übri­gens auch Andras Bou­ra­ni, dem ich als Augs­bur­ger natür­lich trotz pein­li­cher CD-Pro­mo bei Bab­si auf der Ree­per­bahn alles Gute wünsche!

  • Ich bin hier vor lau­ter Fremd­schä­men schon mit mei­nem Ses­sel verschmolzen…

  • Andras Bou­ra­ni-Saun­ders? Gott bewahre! 😉
    Aber nett, noch einen Augs­bur­ger hier zu lesen. Obwohl ich sel­ber nur “Zuge­zo­ge­ner” bin.

  • Man kann den Juro­ren nicht vor­wer­fen, dass sie gemäß ihres Geschmacks gevo­tet haben – das ist ihr Job. Es ist nicht ihr Job, so zu voten, wie sie glau­ben, dass es den Tele­vo­tern gefällt.

    Dann könn­te man die Jurys näm­lich kom­plett strei­chen – womit wir beim Punkt wären.

    Dass sich da fünf Leu­te hin­set­zen und mit der Macht aus­ge­stat­tet wer­den, das Tele­vo­ting kom­plett zu kip­pen, kann natür­lich nicht ange­hen. Und selbst wenn es die größ­ten Musik­ko­ry­phä­en unter der Son­ne wären.

    Kras­ses­tes Bei­spiel war ja die­ses Jahr UK, wo der Tele­vo­ting-12er am Ende leer ausging.

    Wenn man an Jurys fest­hal­ten möch­te, soll­te man
    a) das Stimm­recht der Jury auf höchs­tens 25% runterdrehen.
    b) die Jurys mehr­köp­fi­ger (min­des­tens 20 Leu­te, fin­de ich) und brei­ter gefä­chert besetzen

    So wie es jetzt ist, ist es jeden­falls schlecht.

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