Manchmal bekommt man von Schicksal etwas geschenkt, einfach so. Seit ewigen Zeiten, diese etwas private Einführung sei mir verziehen, fahre ich mit guten Freunden über Pfingsten weg. Diesmal, so hatten wir das bereits im Januar auf meinen Vorschlag hin entschieden, nach Wien. Da war Conchita Wurst zwar bereits vom ORF nominiert, ihr Song stand aber noch nicht fest und an einen Eurovisionssieg der bärtigen Frau glaubte ich ohnehin nicht. Nein, ausschlaggebend waren vielmehr die hübschen Jugendstil-U-Bahn-Stationshäuschen, die mir, bei einer Urlaubsfahrt nach Ungarn vom merkwürdigen österreichischen Autobahnsystem unfreiwillig durch die Hauptstadt gelotst, aufgefallen waren und die ich näher betrachten wollte. Durch den Sieg Conchitas verschob sich der Schwerpunkt des Kurzurlaubs natürlich in Richtung Grand-Prix-Wallfahrt, inklusive des ehrfurchtsvollen Berührens der Wände der Wiener Hofburg, Austragungsort des Eurovision Song Contests von 1967. Kurz vor unserer Abfahrt entdeckte dann einer meiner Freunde, dass die Eurovisionskaiserin am Pfingstsamstag im Ostklub auftreten sollte. Eine Gelegenheit, die wir uns natürlich nicht entgehen ließen und bei der, wie sich herausstellte, es sich um einen Nachholtermin für einen bereits vor einem Jahr geplanten, maladessebedingt verschobenen Auftritt Conchitas handelte, was den Moderator Marco Schreuder zu der in der Überschrift zitierten, lustigen Aussage verleitete, der ich mich hier nur anschließen kann.
Livemitschnitt von eurovision-austria geklaut.
Herr Schreuder, im Nebenberuf grüner Bundesratsabgeordneter, fungierte rund um den selbstredend fabelhaften und stürmisch gefeierten Auftritt der Kaiserin in Personalunion auch als DJ und bescherte uns einen großartigen Grand-Prix-Disco-Abend, der, womöglich der räumlichen Nähe Wiens zum nahen Balkan geschuldet, deutlich weniger melodifestivalenlastig ausfiel als von Vergleichsveranstaltungen deutscher Eurovisionsfanclub-DJs gewohnt und der einen stärkeren Schwerpunkt auf das tanzbare Angebot aus dem Mittel- und Schwarzmeerraum legte, sehr zur Freude der enthusiastisch feiernden Fans. Frau Wurst, die neben dem auch im kleinen, ja fast intimen Rahmen des Ostklubs überzeugend live dargebotenen ‘Rise like a Phoenix’ auch ‘That’s what I am’ sowie den Titanic-Klassiker ‘My Heart will go on’ ihrer Grand-Prix-Kollegin Céline Dion präsentierte, mit dem sie 2011 in einer Castingshow erste Bekanntheit erlangte, eröffnete ihr Set mit einer Coverversion Titels ‘Believe’ der Schwulenikone Cher. Die hatte der Kaiserin bekanntlich nach ihrem Sieg den freundlich gemeinten Ratschlag gegeben: “Du verdienst einen hübscheren Nachnamen und eine bessere Perücke”. “Und das,” so Conchitas Replik am Samstag, “von einer Frau, die schon Haare aus Papier trug”. Einziger kleiner Wermutstropfen des ansonsten rundweg fabelhaften Ostklub-Abends (danke an alle Beteiligten!): krankheitsbedingt konnte die für das Rahmenprogramm vorgesehene Tana Transnational nicht auftreten, die ich gerne hätte performen sehen. Vielleicht dann 2015?
Schöne Botschaft: Conchita unterstützt die Aktion Es wird besser.