Der ORF geht unter die Architekten: wie der Wiener Sender vor wenigen Minuten in einer Presseaussendung erklärte, wolle er beim Jubiläumsjahrgang in der österreichischen Hauptstadt “Brücken bauen”: unter Hunderten von Vorschlägen für den offiziellen Claim des 2015er Wettbewerbs habe man sich für “Building Bridges” entschieden. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz fand dazu recht salbungsvolle Worte: “Wenn sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 70. Mal jährt, reichen die europäischen Länder einander die Hand – in Österreich, jenem Land, das seit jeher eine zentrale Rolle als Brücke zwischen Ost und West übernommen hat.” Dann hoffen wir mal sehr, dass sich Europa trotz täglicher medialer Mobilmachung nicht in einen neuen Weltkrieg um die Ukraine hineinziehen lässt und dem Alpenvolk sein Dasein als edelmütiges Verkehrsbauwerk durchkreuzt! Vorsorglich beschwört Wrabetz denn auch die magischen Worte der heiligen Wurst: “Wir verstehen diesen Claim auch als eine konsequente Weiterführung jenes Gedankens, den Conchita Wurst beim Song Contest 2014 formuliert und auch gelebt hat: wie wichtig Offenheit, Toleranz über alle Grenzen hinweg für ein gemeinsames Miteinander sind. Mit dem Song Contest in Wien wollen wir mit Musik Brücken bauen über Ländergrenzen, Kulturen und Sprachen hinweg. Vor dem Hintergrund der verbindenden Kraft dieses großartigen gemeinsamen europäischen Events laden wir alle ein, Brücken zu bauen und einander die Hände zu reichen.” Herr Meinunger, sind Sie das?
Beschritt die Brücke bereits 1986: Ingrid Peters
Die zitierte bärtige Dame, die dem ORF den Job als Brückenbauer erst einbrachte, darf ihre Botschaft am 8. Oktober 2014 sogar vor dem Europaparlament zu Gehör bringen, wie die Krone berichtet. Auf Einladung verschiedener Abgeordneter, darunter der österreichischen Grünen Ulrike Lunacek, gibt sie an diesem Tag eine einstündige Performance auf der sogenannten Solidarnosc-Esplanade vor dem Brüsseler Parlamentsgebäude. “Das großartige Zeichen für Offenheit und Nicht-Diskriminierung, das die Menschen in Europa mit ihren Stimmen für Conchita Wurst gegeben haben, muss von der Politik in der EU und den Mitgliedsstaaten in gesetzliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen für ein Leben und Lieben ohne Angst für alle umgesetzt werden,” forderte Lunacek. Die Grand-Prix-Siegerin fühle sich natürlich geehrt: “Wenn man sich für mehr Liebe, Respekt und Toleranz einsetzt, kann man nur ein Teil einer viel größeren Bewegung sein, die auch von den Menschen Europas und von der Politik getragen wird – und leider von manchen Kräften auch bekämpft wird.” Ironischerweise dürfte zu letztgenannten Personen auch die irische Eurovisionssiegerin von 1970, Dana, zählen, die von 1999 bis 2004 selbst in dem Parlament saß, vor dem Conchita nun singt – und dort vor allem gegen liberalere Abtreibungsregeln und damit gegen die Selbstbestimmung kämpfte.
https://youtu.be/w4zfHAaUGgM
Niedlich in der Anmutung, hardcore-konservativ in der Ausrichtung: Dana National.
Nicht unbedingt was neues.
Dass ein Lied eine Brücke sein kann, wussten wir schon vor 40 Jahren.
😉
Na ja. “Join Us!” war schon etwas sehr unverbindlich wolkig. Unsäglich fand ich “Start a Fire!”. Mit “Share the Moment” und “Feel Your Heart beat” konnte ich gut leben. Und nun kriegen wir ein Kirchentagsmotto!
Joys Knaller hieß auf Englisch “A Bridge of Love”, das hätte ich mir ja gefallen lassen. Ich hatte mehr mit “Unstoppable” gerechnet. Nun ja, vielleicht erweist sich La Wurst ja doch noch als Pontificia maxima.