Nur ein paar Stunden sind es noch bis zum Aufnahmestopp in der Schweiz, wo sich morgen früh die Pforten zum Internet-Vor-Vorentscheid schließen. Und natürlich rauschen auf den letzten Metern noch mal jede Menge Trashperlen heran. Diesmal das Beste gleich zuerst: meine absolute Top-Favoritin für die Schweiz 2014 kann natürlich keine Andere sein als die fabelhafte Inge Ginsberg! Die 92jährige gebürtige Wienerin, die sich selbst als “Weltenbummlerin” bezeichnet und anlässlich ihrer ersten Eurovisionsbewerbung 2013 dem Schweizer Blick verriet: “Ich habe bis heute regelmässig Sex”, schloss sich für ihren neuesten Streich mit den Tritonekings zusammen, einer aus New Yorker Kammermusikern bestehenden Death-Metal-Band. Im angenehm bretternden Song ‘Totenköpfchen’ lacht die rüstige Buchautorin (‘Die Partisanenvilla’) dem Grimmen Schnitter rotzfrech ins Gesicht und präsentiert ihren altersfleckenübersäten Körper voller Stolz und Würde im schulterfreien Abendkleid. Rundheraus großartig, bitte schickt die, liebe Schweizer!
Will mindestens 120 werden: die Metal-Rapperin Inge
Nach dem Sieg der bärtigen Wiener Dragqueen Conchita Wurst in Kopenhagen verwundert es nicht, dass unter den Bewerbungen für die Schweiz die Gender-Bender-Dichte zunimmt. So ist beispielsweise Asifa Lahore im Aufgebot zu finden, die als ihren Unique Selling Point angibt, “Großbritanniens erste schwule muslimische Drag Queen” zu sein. Die Londoner LGBTI-Aktivistin und DJane erzählt in ‘You and I’ eine simple, farbenfroh in Szene gesetzte Liebesgeschichte. Vermutlich chancenlos, aber schön! Mit dem Duo Dynasty bewerben sich auch zwei Kölner Dragqueens, die eher für fröhlich-bunten Gay-Club-Techno stehen. Was für den Euroclub! Vermutlich lediglich spielerischen Charakter hat die Verwandlung des Leadsängers des schweizerischen Rockpopquartetts The Sinful Saints im Split-Screen-Video zu ihrem Vorentscheidungsbeitrag ‘Plastic Queen’, was die Sache um so unterhaltsamer macht. Zudem beweisen die Vier ökologisches Gewissen: “Alle beim Dreh verwendeten Accessoires sind biologisch abbaubar und wurden fachgerecht entsorgt oder im neu eröffneten Sinful-Saints-Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht,” informieren Sie uns. Wie beruhigend!
Lenken erfolgreich von ihrem mittelmäßigen Elektro-Folkrock ab: die Sinful Saints
Jetzt aber mal zu den schrägen Nummern: da wäre zum Beispiel, um mal im Bauer-sucht-Frau-Jargon zu sprechen, das rüstige Rentnerpärchen Rick & Rich, das sich in ‘New Day’ gemeinsam auf dem Rummel vergnügt und uns daran teilhaben lässt. Wobei mich vor allem interessiert, welche stimmungsaufhellenden Substanzen Rick (oder ist es Rich?) eingeworfen hat, dass er so enervierend dauergrinst. Das schwedische Schunkelschlagerprojekt Okejdå schickt uns ein im originalgetreuen skandinavischen Happysound der dunklen Grand-Prix-Jahre daher kommendes ‘Fax från Sachalin’, das freilich laut Begleitvideo nur aus wahllos zusammengewürfelten, lizenzfreien Datenbankfotos besteht. So dass wir hinsichtlich der Identität der Sängerin nur raten können: Kikki, bist du das? Zu unseren alten Bekannten zählt hingegen die fabelhafte, in Köln lebende isländische Wuchtbrumme Ása Ástardóttir, die ihr Glück diesmal in der Schweiz versucht. Und das im Bewerbungsvideo zum wahnsinnig wummernden ‘Don’t stop the Madness’ auch wunderschön visualisiert.
Das Toblerone-Hütchen will ich auch! Die adorable Ása
Zu meiner großen Freude taucht auch wieder meine liebste schweizerische Bauernhoflesbe auf, ohne die eine helvetische Vorentscheidung nicht komplett wäre: Maria Christina! Die patente ‘Superdiva’ fordert uns diesmal zum gemeinsamen Tanz in der vollbesetzten Jausenstation, und da leisten wir doch gerne Folge! Ein bisschen gruslig wirkt hingegen die in eine lilafarbene Rettungsdecke gewickelte und ziemlich unfroh in den Windkanal starrende Zarina, deren Zarah-Leander-basstiefe Stimme aber ganz gut zu dem Deprisong ‘We fly’ passt. Zur Stimmungsaufhellung daher rasch nach Bollywood: ‘Destiny (A Bollywood Song)’ nennen Rajah & Sapphire ihr Machwerk. Die kommen allerdings aus Portugal, und so richtig indisch sehen mir weder die beiden Protagonisten noch der gepflegte Schlosspark aus, in dem das Video zum arg nach einem Paula-Seling-&-Ovi-Fire-Desire-Schlager klingenden Song gedreht wurde. Vor allem kann die Location nicht mit dem herrschaftlich-pompösen Wenkenpark in Riehen mithalten, vor dessen schmonzettenfilmreifer Kulisse die Opernsängerin Maya Wirz (laut Eigenwerbung das Schweizer Talent 2011) ihren zähen Popera-Riemen ‘My best Choice’ einspielte. Schon die Eingangseinstellung, ein gigantischer goldener Hirsch, setzt den visuellen Rahmen für das überlange Gala-Kaffee-Commercial. Oder soll hier Bailey’s beworben werden? Das würde zumindest den stoischen schottischen Trommler erklären.
Ein bisschen underdressed für die Location: Frau Wirz
Don’t stop the madness wurde in Köln gedreht – also muss das gewinnen 😀 oder doch die Operntussi – so geil im Park und Inge ist geil