Fes­ti­vali i Kën­gës 53: Ain’t no Sunshine

Ach, das Dra­ma mal wie­der rund um die mitt­ler­wei­le 53. Aus­ga­be des alba­ni­schen Vor­ent­scheids Fes­ti­vali i Kën­gës! Da hat­ten die Orga­ni­sa­to­ren der tra­di­ti­ons­rei­chen Ver­an­stal­tung die letzt­jäh­ri­ge Euro­vi­si­ons-Über­ra­schungs­sie­ge­rin Con­chi­ta Wurst als Star­gast ange­fragt – für eine Bal­kan­na­ti­on sicher­lich eine muti­ge Wahl. Doch der Ter­min­ka­len­der der neu­en Grand-Prix-Kai­se­rin platz­te gera­de aus allen Näh­ten, so dass sie gezwun­gen war, zu stor­nie­ren. Alex­an­der Rybak, der weni­ger über­ra­schen­de Grand-Prix-Gewin­ner von 2009, sprang kurz­fris­tig ein – und sag­te noch kurz­fris­ti­ger wie­der ab, näm­lich am Mor­gen des FiK-Fina­les. Der Grund: am Vor­tag war er als Kom­po­nist eines Wett­be­werbs­bei­trags in der bela­rus­si­schen Vor­ent­schei­dung geschei­tert und dar­über so ver­letzt, dass sei­ne zar­te Künst­ler­see­le sich gar nicht ein­krieg­te. So muss­ten die bei­den Juror:innen Genc Dashi und Rona Nish­liu neben ihrer dies­mal wie­der unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit durch­ge­führ­ten Wer­tungs­tä­tig­keit auch noch den Pau­sen­act geben. Die ski­pe­ta­ri­sche Ver­tre­te­rin von 2012 wür­dig­te dabei die im Febru­ar des Jah­res in der Schweiz ver­stor­be­ne, aller­ers­te sowie ins­ge­samt zehn­fa­che FiK-Sie­ge­rin, Trä­ge­rin des Ordens “Ver­dien­te Künst­le­rin des Vol­kes” (nein, ganz im Ernst!) und alba­ni­sche Volks­lied­le­gen­de Vaçe Zela, deren Titel ‘Jeho’ (‘Nach­hall’) sie gemein­sam mit dem Fan­fa­ren­or­ches­ter Tira­na interpretierte.

Einer der zahl­rei­chen anrüh­ren­den Momen­te die­ses Fes­ti­vals: Rona gedenkt der “Hei­li­gen Iko­ne des alba­ni­schen Gesangs”.

Läs­sig: als ver­mut­lich iro­ni­sche Reak­ti­on auf Rybaks In-letz­ter-Sekun­de-im-Stich-Las­sen eröff­ne­te RTSH den Final­abend mit einem Vio­li­nen­pot­pour­ri bekann­ter Fes­ti­vali-Klas­si­ker. Nicht so läs­sig: die öffent­li­chen Vor­wür­fe des auch im ech­ten Leben mit­ein­an­der ver­hei­ra­te­ten Schla­ger­pär­chens Bes­ja­na Meh­me­ti und Shko­dran Tolaj, sie sei­en nach ihrem Auf­tritt im ers­ten Semi mit dem akkor­de­on­um­schmei­chel­ten Schmacht­schla­ger ‘Kësht­jel­la’ (‘Schloss’) von der Fes­ti­val­lei­tung belei­digt und “kör­per­lich bedroht” wor­den. Soooo schlimm war der nun auch wie­der nicht! Womög­lich, weil sie – wie so vie­le ihrer Konkurrent:innen – der beim FiK immer wie­der zu beob­ach­ten­den Unsit­te frön­ten, nach dem bereits erfolg­ten Abgang von der Büh­ne noch mal zurück­zu­keh­ren, um eine Applaus-Zuga­be des Saal­pu­bli­kums abzu­gra­sen und sie damit den flüs­si­gen Wett­be­werbs­ab­lauf auf­hiel­ten? Ande­rer­seits: bei nur 13 Titeln pro Semi, von denen jeweils neun ins Fina­le wei­ter­zo­gen (dar­un­ter auch das streit­ge­gen­ständ­li­che ‘Schloss’), bestand für Eile eigent­lich kein Anlass. Zu den weni­gen von der dies­mal mit vier über­wie­gend älte­ren Her­ren und drei über­wie­gend jün­ge­ren Frau­en fast schon pari­tä­tisch besetz­ten Jury nicht wei­ter­ge­las­se­nen Songs zähl­te bei­spiels­wei­se das tat­säch­lich nicht son­der­lich über­zeu­gen­de Pop-Rap-Amal­gan ‘Më mungon’ (‘Ich ver­mis­se dich’) des kom­mer­zi­ell durch­aus erfolg­rei­chen Duos Revolt Klan. Dabei hat­ten sich die bei­den ganz feschen Bur­schen Bru­no Pol­lo­gati und Febi Skur­ti extra in ordent­li­che Anzü­ge geschmissen!

Die Play­list mit den Finalbeiträgen.

Ein Herz für Rand­grup­pen schei­nen sie hin­ge­gen zu haben, die Ski­pe­ta­ren: als ein­drück­lichs­ter Auf­tritt des 53. Fes­ti­vali blieb eine zur Halb­zeit ein­ge­scho­be­ne, spie­le­risch-anrüh­ren­de Voll­play­back­per­for­mance des jugend­li­chen Mode­ra­tors Tur­jan Hys­ka in Beglei­tung eines aus Kin­dern aller Alters­grup­pen mit Tri­so­mie 21 bestehen­den Cho­res in Erin­ne­rung. Aber auch für Älte­re war viel Platz beim FiK: so berich­te­te der schät­zungs­wei­se acht­zig­jäh­ri­ge Enver Petrov­ci von sei­nem Besuch in der Oper am letz­ten Sonn­tag und der dar­auf­fol­gen­den, ein­wö­chi­gen Sauf­tour durch die Spe­lun­ken Tira­nas. Jeden­falls lie­ßen sein Out­fit (ein fle­cken­star­ren­der, zer­lump­ter Frack und Zylin­der), sei­ne Knit­ter­fal­ten sowie sei­ne Gra­bes­stim­me kei­nen ande­ren Schluss zu. Sein (offi­zi­ell unge­nannt blei­ben­der) Alters­ge­nos­se Bajrush Mja­ku, der die hams­ter­bä­cki­ge, augen­zwin­kernd schrä­ge FiK-Legen­de Agim Posh­ka bei sei­ner letzt­plat­zier­ten Trin­ker­bal­la­de ‘Në rru­gën Tonë’ (‘Auf dem Weg’) beglei­te­te, war immer­hin noch nicht ganz so stark abge­stürzt, son­dern knot­ter­te am Bis­tro­tisch sit­zend erbos­te Tira­den über die hohen Brot­prei­se oder was auch immer in sein Glas Amsel­fel­der. Das aber zumin­dest in ordent­li­cher Klei­dung. Gro­ßes Kino!

Aus dem Grab zurück auf die Büh­ne: Johan­nes Heesters als Zombie.

Und so erwies sich das FiK-Fina­le als ein wie immer fest­li­cher, wenn auch musi­ka­lisch nicht sehr ergie­bi­ger Abend: gera­de mal zwei der 18 Bei­trä­ge wie­sen so etwas wie eine Ahnung einer als sol­chen wahr­nehm­ba­ren Melo­die auf. Näm­lich die krä­hend vor­ge­krächz­te, als gro­ße Kla­vier­bal­la­de begin­nen­de und als Schun­kel­schla­ger enden­de ‘Himn’ des eben­falls nicht mehr tau­fri­schen Lie­der­ma­chers Gjergj Leka sowie das erwar­tungs­ge­mäß sieg­rei­che ‘Diell’ (‘Son­ne’) von Elhai­da Dani. Die beleg­te nach Prinz-Blog-Recher­che beim FiK für den ESC 2012 mit null Punk­ten den letz­ten Platz, gewann aber im Lieb­lings­emi­gra­ti­ons­land der Ski­pe­ta­ren im Jahr dar­auf die Cas­ting­show The Voice of Ita­ly und leg­te nun, mit ent­spre­chend selbst­be­wuss­ter inne­rer Atti­tü­de und zurück­ge­gel­ten Haa­ren aus­ge­stat­tet, eine tri­um­pha­le Heim­kehr hin. Ihre halb­ga­re Mid­tem­po­bal­la­de bestand aus dem bei der hei­mi­schen Jury so belieb­ten Mix aus zucker­sü­ßen Gei­gen und vor­sich­tig unter­ge­ho­be­nen Rock­gi­tar­ren, vor allem aber aus viel lau­tem Geschrei. Mein per­sön­li­ches Emp­fin­den hier­zu spie­gel­te aller­dings am ehes­ten die bei den zahl­rei­chen Kame­ra­schwenks in das opu­len­te Orches­ter immer mal wie­der ein­ge­fan­ge­ne Strei­cher­grup­pen-Mit­frau mit dem Dop­pel­kinn wie­der, in deren Gesicht sich alle Müdig­keit und Hoff­nungs­lo­sig­keit der Welt spiegelte.

Ich hof­fe mal, auf Eng­lisch klingt der Text har­mo­ni­scher: Haar­lack­ni­xe Elhaida.

Dani kün­dig­te dann auch nur weni­ge Tage nach ihrem FiK-Sieg eine umfas­sen­de musi­ka­li­sche Über­ar­bei­tung und Angli­fi­zie­rung des Titels für die inter­na­tio­na­le Büh­ne an. Wie umfas­send die­se aus­fal­len soll­te, konn­te sie da aller­dings wohl selbst noch nicht ahnen: im Febru­ar 2015 muss­te sie bekannt geben, dass der Song­au­tor Aldo Shl­la­ku sei­ne Erlaub­nis zur Auf­füh­rung des Lie­des zurück­ge­zo­gen habe. Ob nun auf­grund von Strei­te­rei­en mit RTSH über die Rech­te­ver­wer­tung, die dem Sen­der prompt den Vor­wurf der “Musik-Mafia” ein­tru­gen oder wegen Unei­nig­keit mit der Inter­pre­tin über die gewünsch­ten Ände­run­gen, dar­über gehen die Theo­rien aus­ein­an­der. Elhai­da order­te jeden­falls beim koso­vo­al­ba­ni­schen Song­wri­ter­duo Zzap & Chris einen Ersatz­ti­tel namens ‘I’m ali­ve’, der wohl eher ihren Vor­stel­lun­gen eines rei­nen Vehi­kels zum Vor­zei­gen ihrer Stimm­kraft ent­sprach. Unglück­se­li­ger­wei­se zog sich die ehr­gei­zi­ge Inter­pre­tin bei den Pro­ben und dem immer­hin erfolg­reich über­stan­de­nen Semi­fi­nal­auf­tritt in Wien im Sturm der Wind­ma­schi­nen eine jener in Künstler:innenkreisen so gefürch­te­ten euro­vi­sio­nä­ren Hals­ent­zün­dun­gen zu. So dass sie die musi­ka­lisch völ­lig ega­le Num­mer im Fina­le voll­stän­dig ver­krächz­te und mit einem ent­täu­schen­den, wenn­gleich noch immer deut­lich über­be­wer­te­ten Mit­tel­feld­platz nach Hau­se fah­ren musste.

Hät­te sie mal ihre Melo­nen nicht so unge­schützt in den Wind­ma­schi­nen­luft­strom gehängt, wäre Dani die Bla­ma­ge viel­leicht erspart geblie­ben: der Auf­tritt in Wien.

Vor­ent­scheid AL 2015

Fes­ti­vali i Kën­gës 53. Sonn­tag, 28. Dezem­ber 2014, aus dem Kon­gress­pa­last in Tira­na, Alba­ni­en. 18 Teilnehmer:innen. Mode­ra­ti­on: Tur­jan Hys­ka, Flo­ria­na Garo, Liber­ta Spahiu.
#Inter­pre­tenSong­ti­telJuryPlatz
01Besia­na Meh­me­ti + Shko­dran TolajKësht­jel­la03104
02Bojken Lako BandTë ndjej06202
03Emi Bog­doNjë Femër01810
04Lin­di­ta HalimiS’të fal04503
05Mjell­ma BerishaSot jetoi02208
06Enver Petrov­ciTë vranë bukuri01212
07Erga Hali­lajTi s’më njeh01511
08Rezar­ta SmajaMë rrëm­be02307
09Joze­fi­na SimoniMend­je trazi01212
10Vere­na LumaniDua te jetoi02009
11Altin GociRock per gji­thë Jetën00914
12Gjergj LekaHimn02406
13Klaj­di MusabelliuVetëm te ti besoj00016
14Sai­mir BrahoKris­tal00315
15Este­la BrahimllariKjo Nate00016
16Mar­se­la CibukajS’muj02805
17Agim Posh­kaNë rru­gën tonë00016
18Elhai­da DaniDiell08201

Letz­te Aktua­li­sie­rung: 08.09.2022

< Fes­ti­vali i Kën­gës 52

Fes­ti­vali i Kën­gës 54 >

2 Comments

  • Gro­ßes Kino, was da der Mann mit dem Hut brach­te! Das Orches­ter spielt recht laut auf, aber Opa Enver steht nach wie vor wie ange­wur­zelt da und brummt sein Lied ins Mikro­fon. Klasse!

    Bei Elhai­da merkt man sehr, dass “The Voice” auf der Büh­ne stand. Nicht, dass ich das Lied irgend­wie schlecht fin­den wür­de, aber eine Kür­zung auf drei Minu­ten ist hier mehr als not­wen­dig. Das ist fast schon Her­si mit einem Schuss Rona: Genau­so wie beim letz­ten FiK-Sie­ger­ti­tel ist beim ers­ten Hören kei­ne Tren­nung von Refrain und Stro­phen erkenn­bar – zumin­dest für mich. Aber was soll’s? Wich­ti­ger ist es dann doch eher, die Dezi­bel in die Höhe zu trei­ben. Damit hat­te man ja 2012 gefühlt gewon­nen (in die Nähe des fünf­ten Plat­zes kamen die Ski­pe­ta­ren sonst von der Pre­miè­re abge­se­hen nie). Aber das ist jetzt schon gro­ßes cas­ting­ty­pi­sches Emotionskino.

  • Um Him­mels Wil­len! Bloß kei­ne eng­li­sche Ver­si­on! Ich mag den Song, schön dramatisch!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert