Seit der osmanische Gegenentwurf zum Eurovision Song Contest, die Türkvizyon, existiert, kommt es dort zu Chaos und Verwirrung über die Teilnehmerliste. So fehlten bei der im November 2014 gelaufenen zweiten Ausgabe in Kasan (Tatarstan) bekanntlich fünf Länder, die noch an der Première im türkischen Eskişehir teilgenommen hatten. Nicht immer ganz freiwillig, wie sich nun herausstellt: wie Eurovoix berichtet, habe die russische Republik Altai für Kasan keine Einladung erhalten. Anders als beim europäischen Vorbild, wo grundsätzlich jedes Land mitmachen darf, dessen Staatssender Mitglied der EBU ist und die entsprechenden Teilnahmegebühren aufbringen kann, lädt beim türkisch-eurasischen Gegenpart anscheinend der veranstaltende Sender direkt ein. Das könnte erklären, weswegen in Kasan neben der mongolischen Bergrepublik Altai auch ihr nördlicher Nachbar Kemerowo fehlte – obwohl der altaische Vertreter Artur Marlujokov in Eskişehir mit einer eher zähen Heimathymne ziemlich gut abschnitt, ließ sich dort ein gewisses Fremdeln der Türken mit den kulturell wie religiös eher buddhistisch geprägten Innerasiaten beobachten. Keine Einladung dürfte vermutlich auch an das 2013 noch vertretene Kosovo gegangen sein, das in Kasan ebenfalls fehlte: im Gegensatz zur Türkei erkennt Russland (und damit auch die den zweiten Contest ausrichtende Republik Tatarstan) das exserbische Gebiet nicht als eigenständigen Staat an.
Keine Chance für schorischen Kehlgesang: Kemerowo scheiterte 2013 im Semi
Gegen die These von “nur mit Einladung” spricht allerdings, dass die türkisch besetzte Republik Nordzypern einen Beitrag für Kasan auswählte, die Sängerin Ipek Amber dann aber aus dem gleichen Grund (Nichtanerkennung durch Russland) nicht nach Tatarstan einreisen durfte. Hatice Balaban vom Kölner Sender Türkshow TV berichtete anlässlich der Première Deutschlands bei der Türkvizyon 2014, sich selbst aktiv beworben zu haben. Beruht die Nichtteilnahme der Republik Altai, die für die Türkvizyon 2015 gestern schon mal vorsorglich ihr Interesse bekundete, also lediglich auf einem Missverständnis? Zur vollständigen Verwirrung trägt die Meldung von Eurovoix bei, dass die Vertreterin Albaniens, Xhoana Bejko, auf persönliche Einladung des tatarischen Fernsehens in Kasan aufgetreten sei, obwohl sie keinen albanischen Sender im Rücken gehabt habe. Das gleiche galt wohl für drei weitere der insgesamt sechs Neustarter bei der Türkvizyon 2014, nämlich İsmail Matev (Bulgarien), der Rockgruppe Barış (Iran) und den Zweitplatzierten der tatarischen Vorentscheidung, Kazan World, die offiziell für die russische Hauptstadtregion Moskau ins Rennen gingen. Zugleich bekundete heute der bosnische Privatsender Hayat TV, der für das Land seit 2013 die Türkvizyonsbeiträge auswählt, auch 2015 in der turkmenischen Stadt Mary dabei sein zu wollen. Hoffen wir mal, dass er eine Einladung erhält!
http://youtu.be/eQOIi08ofD8
Der bosnische Bäckerbube von 2014
Ui, is dann die Frage, ob der Kosovo und Nordzypern je wieder bei den kommenden Ausgaben teilnehmen können! Nordzypern wird meines Wissens nur von den Türken anerkannt – da können nordzypriotische Künstler aber lange warten! Und der Kosovo, ja gut, der wird vielleicht von ein paar mehr Staaten anerkannt, ob das aber auch Türkvizyon-Länder sind, ist die Frage.