In Tschechien, so lernte ich erst dieser Tage durch die 3sat-Sendung yourope (Bildungsauftrag erfüllt, danke!), wird der Besitz von bis zu zehn Gramm Marihuana nicht mehr strafrechtlich verfolgt, sondern lediglich mit einer moderaten Geldstrafe belegt. Liegt es daran, dass sich das Staatsfernsehen ČT trotz der bisherigen Bilanz als offiziell erfolglosestes Eurovisionsland bei seiner mutigen Rückkehr so hoffnungsfroh gibt? ‘Hope never dies’ heißt der (allerdings noch nicht veröffentlichte) Beitrag des Landes zum Song Contest 2015, wie der Sender gestern ohne viel Tamtam verkündete. Geschrieben hat den Titel nicht, wie ursprünglich angedacht, der erfolgreiche Filmmusikkomponist Ondřej Soukup, sondern einer der beiden Interpreten, der 34jährige Nu-Metal- und Rocksänger Václav “Noid” Bárta. Und auch ohne den Song gehört zu haben, muss ich sagen: eine vielversprechende Wahl! Offenbart eine kurze Google-Suche doch, dass Noid nicht nur – wie soll ich sagen – ein Bild von einem Kerl ist, sondern auch gerne präsentiert, was er hat. Sehr sympathisch!
Düster, bedrohlich, geil: Noid und seine Musik
Seine sich schon im Spitznamen (Para-)“Noid” ausdrückende Vorliebe für eher Düsteres teilt er mit seiner Duettpartnerin Marta Jandová. Die 39jährige gebürtige Tschechin kennt man in Deutschland unter anderem als Frontsängerin der Band Die Happy, aber auch von Stefan Raabs (DE 2000) Eurovisionsklon Bundesvision Song Contest, an dem sie 2005 und 2007 teilnahm – und beim zweiten Mal sogar als Ergänzungsstimme der deutschen Kindergeburtstagspaganisten Oomph! mit dem dunkel gefärbten, aber super eingängigen Rockschlager ‘Träumst Du’ gar den Sieg davon trug. Etwas, das sie nun zu wiederholen hofft: “Ich habe zehn Jahre in Deutschland gelebt, wo jeder die Eurovision schaut, einschließlich der härtesten Rocker, die immer den Sechserpack neben dem TV stehen haben. Es ist dort ein wichtiges Event, vermutlich einer der Gründe, warum sie schon zweimal gewannen. Dass viele meiner deutschen Freunde zuschauen, macht es für mich doppelt so interessant!”, so Marta gegenüber eurovision.tv.
Bleibt es ein Traum? Marta Jandová will den ESC rocken
Ein kleiner Wink mit dem Zaunpfahl in gleich zwei Richtungen: zum einen an ihre Landsleute, die dem Wettbewerb bislang keine große Aufmerksamkeit schenken, aber auch an uns, denn Tschechien tritt im zweiten Semifinale am Donnerstag an, in dem die deutschen Fans mitstimmen dürfen. Auch Ondřej Soukup verleiht den Beiden seinen Segen: “Es gibt nicht so viele Menschen, die es wirklich wert wären, dass man seine Schuhe auf sie verwettet,” lobt er das Charisma und die Stimmkraft der tschechischen Vertreter. Dann hoffen wir mal, dass er nicht demnächst barfuß durchs Goldene Prag tigern muss! Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt – und angesichts der Stimmlage und des bisherigen Programms der Zwei besteht zumindest die Hoffnung, nicht noch eine weitere klebrige Langweilerballade ertragen zu müssen. Dafür schon mal besten Dank!
Noch ein lohnender Clip, gerade gegen Ende…
Damit könnten die Tschechen doch tatsächlich zum allerersten Mal irgendwas reißen!
yourope ist ARTE xD
Ich freu mich wie Bolle, dass die tatsächlich wieder dabei sind. Die hatten echt Pech bei den paar Teilnahmen. Immerhin war die Band, die sie zuerst geschickt hatten (Kabat) wirklich kein Niemand, und der damalige Titel Malá dáma in Tschechien anschließend trotzdem ein großer Erfolg. Dass die damals auf dem letzten Platz gelandet sind, also sogar schlechter abgeschnitten hatten als die nachfolgenden Versuche, war echt nicht fair.
Kabat waren mit ihrem einen einsamen Pünktchen trotzdem nur der tschechische Teilnehmer mit dem zweitschlechtesten (und damit auch zweit“besten”) Ergebnis. Ja, “Aven Romale” hatte rein numerisch einen besseren Platz, aber 28/28 mit einem Punkt ist aus meiner Sicht besser als 18/18 mit null.
Ich habe auch weniger an Gypsy CZ gedacht. Dieser Beitrag polarisiert zwar sicher, aber ist eigentlich ähnlich hohes Niveau (wenn auch völlig anderes Genre). Aber dass die Kerndlova im Folgejahr besser abgeschnitten hat, finde ich echt beschämend für den Geschmack Europas.