In Berlin ist es entscheiden worden, beim Delegationentreffen letzte Woche, so verrät es eurovision.tv: ab dem aktuellen Jahrgang werden die die Big-Five-Länder (und der Gastgeber) prominenter in den Semis vertreten sein. Zwar müssen sich die fünf großen Geldgebernationen Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Deutschland weiterhin nicht – wie alle anderen – qualifizieren, sondern sind, ebenso wie das austragende Land (also aktuell Schweden) fix für das Finale gesetzt. Dennoch proben sie ab sofort in derjenigen Qualifikationsrunde mit, in der sie auch abstimmen dürfen – im Falle Deutschlands diesmal das zweite Semi am Donnerstag, das legte das EBU-Lenkungsgremium auf Wunsch des NDR bereits fest. Um die Sendedauer der TV-Übertragung nicht in die Länge zu ziehen, wird dort allerdings nur ein kurzer Ausschnitt des Auftritts aus der zweiten Generalprobe vom Vorabend gezeigt, dem sogenannten Juryfinale.
Wären Electro Velvet bei mehr Probezeit in den Top Ten gelandet? (UK 2015)
Mit der Neuerung möchte die EBU den Big Five, die seit der Einführung der Semis in der überwiegenden Mehrzahl keine all zu erfreulichen Ergebnisse mehr einfahren, die Gelegenheit geben, öfters zu proben als bisher. Durch die Live-Auftritte in den Generalproben, die bereits vor Publikum stattfinden, sollen die Acts zudem ein besseres Gefühl für die Halle bekommen. Ob dies ebenfalls dazu geeignet ist, die Chancen der Big Five in der Wertung zu verbessern, wie die EBU sicherlich hofft, bleibt indes abzuwarten. Auch bislang schon zeigte man in den Semis kurze Ausschnitte aus den Videoclips der jeweiligen Beiträge der Big Five, allerdings meist ohne große Resonanz. Für einen höheren Wiedererkennungswert könnte die Neuregelung vielleicht bei den Jurys sorgen. Ob das ausreicht, das negative Karma der Big-Five-Nationen zu umgehen, dass sie durch ihre ungerechte Bevorzugung gegenüber den Semifinalisten erlangen, ziehe ich jedoch in Zweifel: wenn ich mir vorstelle, ich lebte in einem Land, das die Qualifikation nicht geschafft hat, so weiß ich nicht, ob ich als Zuschauer im Finale beispielsweise noch für das fix gesetzte Deutschland anriefe, selbst wenn mir der Beitrag ausnahmsweise mal gefallen sollte…
Mühe allein genügt nicht: mit risikoscheuer Formatradiomucke ist beim ESC kein Blumentopf zu gewinnen (DE 2015)
