ESC 2016 ohne Dosenapplaus

Kei­ne Zen­sur” wol­le man beim 61. Euro­vi­si­on Song Con­test in Stock­holm vor­neh­men, sag­te SVT-Che­fin Han­na Stjär­ne ges­tern dem Afton­bla­det. Damit bezog sie sich auf den gefak­ten Applaus vom Band, mit dem der öster­rei­chi­sche Sen­der ORF bei der Live­über­tra­gung aus Wien die in der Hal­le deut­lich hör­ba­ren Buh­ru­fe des Publi­kums für die rus­si­sche Sän­ge­rin Poli­na Gaga­ri­na über­tön­te. Einen sol­cher­art empö­ren­den Ein­griff soll es 2016 nicht geben, die Schwe­den leg­ten Wert auf “eine authen­ti­sche Show”, so Frau Stjär­ne. Auch der aus Nor­we­gen stam­men­de EBU-Ver­ant­wort­li­che Jan Ola Sand unter­stützt das: der Dosen­ap­plaus sei nicht auf Wunsch aus Genf erfolgt, stell­te er in der Zei­tung klar. Aller­dings scheint es ohne­hin unwahr­schein­lich, dass der aktu­el­le rus­si­sche Ver­tre­ter Ser­gey Lazarev ähn­li­chen Fan-Anfein­dun­gen aus­ge­setzt sein wird wie sei­ne Vor­gän­ge­rin: auch, wenn sein Bei­trag noch nicht fest­steht, kön­nen wir auf­grund sei­ner musi­ka­li­schen Vor­ge­schich­te eher mit etwas Upt­em­po­rä­rem rech­nen als mit einer ver­lo­ge­nen, zyni­schen Frie­dens­kitsch­bal­la­de. Und – ja, die meis­ten Fans sind so ober­fläch­lich – ganz hübsch schaut er auch aus. Rich­tig lau­te Miß­fal­lens­be­kun­dun­gen bra­chen sich in Wien auch erst Bahn, als ein Sieg Poli­nas greif­bar schien und damit das Sze­na­rio droh­te, dass der nächs­te Con­test in Euro­pas offi­zi­ell schwu­len­feind­lichs­tem Land statt­fin­den wür­de. Und auch, wenn die Gaga­ri­na dafür per­sön­lich nichts konn­te und ihr Aus­bu­hen natür­lich als ver­ab­scheu­ungs­wür­dig gebrand­markt wer­den muss: das Zen­sie­ren die­ser Unmuts­äu­ße­run­gen durch den ORF war um ein Viel­fa­ches empörender.

Wer­den die Fans sich auch ihm gegen­über respekt­los ver­hal­ten? Dafür fast schon mal ein Sor­ry, Sergey!

Wo wir gera­de in Stock­holm wei­len: wie die Bür­ger­meis­te­rin der schwe­di­schen Haupt­stadt, Karin Wann­gård, bei der gest­ri­gen Schlüs­sel­über­ga­be bekannt gab, befin­den sich die bei­den für anrei­sen­de Fans wich­ti­gen Anlauf­stel­len, das Euro­ca­fé und der Euro­club, dies­mal gemein­sam in einer Loca­ti­on direkt gegen­über vom Königs­pa­last. Das Fan-Café hat tags­über für Alle offen, für den Euro­club braucht es eine Akkre­di­tie­rung. Wobei zu hören ist, dass der­zeit geprüft wer­de, ob Fans, die ihr Ticket über den OGAE bezie­hen, even­tu­ell einen Fan-Pass erhal­ten. Erfreu­li­che Nach­rich­ten auch aus der Ukrai­ne: dort gab man heu­te die 18 Teilnehmer/innen des natio­na­len Vor­ent­scheids bekannt, dar­un­ter die Rück­keh­re­rin­nen NeAn­ge­ly, Ana­sta­sia Pri­hod­ko (RU 2009) und Jama­la – ja, die herr­lich Ver­rück­te aus 2011 mit dem ‘Smi­le’. Die bei­den Letzt­ge­nann­ten tre­ten mit poli­ti­schen Titeln an: Pri­hod­ko singt ‘Free now’, Jama­las Song heißt ‘1944’ und setzt sich mit der Depor­ta­ti­on der Krimtar­ta­ren durch Sta­lin im zwei­ten Welt­krieg auseinander.

Dies­mal gibt’s wohl weni­ger zu Lächeln: Jama­la ist zurück!

Kri­tik dar­an kam aus­ge­rech­net aus dem Mund von Andrej Danil­ko, bes­ser bekannt als Ver­ka Ser­dutsch­ka, der die Ukrai­ne 2007 mit ‘Dancing Lasha Tum­bai’ auf den zwei­ten Platz führ­te – wir erin­nern uns: im Refrain sprach Ver­ka die (frei erfun­de­nen, bedeu­tungs­lo­sen) Wor­te “Lasha Tum­bai” so aus, dass es sich wie “Rus­sia good­bye” anhör­te. Neun Jah­re spä­ter meint Danil­ko, heu­er neben Rus­la­na (UA 2004) Teil der ukrai­ni­schen Jury, dass poli­ti­sche Bei­trä­ge kei­ne Chan­cen hät­ten und nicht unter­stützt wer­den soll­ten. Sieht also nicht so gut aus für Jamala.

1 Comment

  • Ich find das gut, dass es kei­nen Dosen­ap­plaus mehr geben soll, aber noch mehr hof­fe ich, dass der Anlass für den­sel­ben auch nicht mehr gege­ben ist…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert