Das war es dann wohl mit den selbstironischen Buttermädgen: in Anwendung des hoch umstrittenen neuen polnischen Mediengesetzes, das den öffentlich-rechtlichen Rundfunk des Landes direkt der staatlichen Kontrolle unterstellt, wurde dieser Tage Jacek Kurski als neuer TVP-Senderchef ernannt. Der steht dem Vorsitzenden der regierenden nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jarosław Kaczyński, sehr nahe, und hat als dessen selbst ernannter “Bullterrier” die Aufgabe, den Sender auf Parteilinie zu bringen. So untersagte er dem Moderator einer politischen Talkshow, den ursprünglich in die Sendung eingeladenen Präsidenten des polnischen Verfassungsgerichtes, dessen Befugnisse die PiS ebenfalls stark beschneiden will, zu Wort kommen zu lassen, wie die Süddeutsche berichtet. Auch sei die Entlassung regierungskritischer Journalisten bei TVP bereits fest eingeplant. Bullterrier Kurski hat sich in Sachen ESC schon positioniert: wie ESCDaily berichtet, bezeichnete er 2014 die österreichische Eurovisionssiegerin Conchita Wurst als “kulturelle Aggression des Westens”. Unter seiner Leitung (auch für 2016 ist eine Direktnominierung geplant) sind also vermutlich keine progressiven polnischen Beiträge mehr zu erwarten.
Die neuen polnischen Mediengesetze verlangen laut SZ die “Pflege der Volkstraditionen und patriotischer Werte” sowie die “Popularisierung von Bürgertätigkeiten”. Beides erfüllt, oder? (PL 2014)
Ein eindringlicher Appell der EBU von Silvester 2015 an den ebenfalls der PiS angehörenden polnischen Premier Andrzej Duda, das umstrittene Mediengesetz nicht zu unterzeichnen, verhallte ungehört. Vier vermutlich schon auf der Entlassungsliste der Partei stehende Senderchefs von TVP traten unterdessen zurück, auch der eingangs erwähnte Talkshow-Moderator, dessen Sendung eingestellt wurde, verließ den Sender. In Warschau und anderen polnischen Städten gingen zwischenzeitlich mehrere zehntausend Menschen auf die Straße, um gegen die Gleichschaltung der Medien zu protestieren. Morgen will sich die EU-Kommission mit der Lage in unserem größten Nachbarland befassen. Aus der Politik wurden bereits Forderungen nach (auch wirtschaftlichen) Sanktionen laut. Die polnische Regierung reagierte erwartungsgemäß brüskiert: die Kritik des fachlich zuständigen EU-Medienkommissars Günter Oettinger veranlasste der SZ zufolge den polnischen Justizminister Zbigniew Ziobro zu der Replik, dass solche Anmerkungen “von einem deutschen Politiker bei den Polen die schlimmsten Assoziationen” auslösten. Nun ja, auch auf die Gefahr hin, einen Godwin zu pullen: auch bei uns gab es ähnliche Mediengesetze schon mal, 1933 nämlich. Ich würde also sagen: getroffene Bullterrier bellen.