Das ließ ja nicht lange auf sich warten: wie die Nachrichtenagentur RIA Novosti heute berichtet, fordern einzelne Abgeordnete der russischen Volkskammer, die EBU möge die gestern Abend von der Ukraine nominierte Jamala und ihren Song ‘1944’ zurückweisen. RIA zitiert den stellvertretenden Vorsitzenden des Duma-Ausschusses für Informationspolitik, Vadim Dengi, mit den Worten: “Wir sind sicher, beim Voting wurde wieder geschoben, nur um Russland zu ärgern”. In der Wahl des Beitrags, der sich mit der Deportation der Krim-Tataren nach dem zweiten Weltkrieg befasst, sehe er ein Zeichen für die Politisierung des Wettbewerbs. Er bezweifle, dass die Mehrheit der Ukrainer hinter der gestrigen Entscheidung stehe, denn die meisten Einwohner des Landes erhielten keinerlei “Lohn oder Rente und können es sich noch nicht einmal leisten, die Eurovision zu schauen, weil sie erstens die Stromrechnung nicht zahlen können und sich zweitens überhaupt nicht (für den Contest) interessieren”. Auch deutsche Medien wie SpOn berichteten heute über die Entsendung der Krim-Tatarin Jamala zum Song Contest und bescheinigen ihrem Titel “politische Sprengkraft”. Vonseiten der EBU liegt noch keine Stellungnahme vor, allerdings findet sich Jamalas Lied mittlerweile im offiziellen Youtube-Kanal von eurovision.tv. Da der Songtext keinerlei Bezüge zu aktuellen politischen Geschehnissen enthält, sondern sich de facto lediglich mit einem geschichtlichen Ereignis befasst, dürfte das EBU-Lenkungskomitee für den Song Contest auch über keine Handhabe für eine Zensur verfügen – andernfalls hätte Abbas ‘Waterloo’ (SE 1974) oder, etwas aktueller, Genealogys ‘Face the Shadow’ (AM 2015) ebenfalls abgelehnt werden müssen.
Kann ihre Stromrechnung zahlen: Jamala (UA).