Obje­tivo Euro­vi­sión 2016: Und Spa­ni­en sagt so – yeah!

Knapp zwei Stun­den Sen­de­zeit für sechs Wett­be­werbs­songs, gestreckt mit zahl­lo­sen Schnell­durch­läu­fen, Star­gäs­ten, Med­leys und gleich zwei Jurys: das spa­ni­sche Fern­se­hen weiß, wie es das Meis­te aus einer Show her­aus­holt! Das Ticket nach Stock­holm erlös­te bei der am heu­ti­gen Mon­tag­abend (!) statt­ge­fun­de­nen Obje­tivo Euro­vi­sión die 34jährige Bár­ba­ra Rey­zá­bal, die unter ihrem Künst­ler­na­men Barei antrat. TVE stell­te sie auf sei­ner Inter­net­sei­te als den “viel­leicht am wenigs­ten bekann­ten Name die­ser Aus­wahl” vor, obschon es ihr mit ihrem Wett­be­werbs­bei­trag ‘Say yay!’ gelang, nach des­sen Ver­öf­fent­li­chung kurz­zei­tig die iTu­nes-Charts des Lan­des anzu­füh­ren. Eine Popu­la­ri­tät, die sich auch im drei­ge­teil­ten Abstim­mungs­ver­fah­ren nie­der­schlug: Barei erhielt die Spit­zen­wer­tun­gen der Tele­vo­ter (40% Gewicht) und der im Stu­dio anwe­sen­den Pro­mi-Juro­ren Edur­ne (ES 2015), Car­los Marin und Loreen (SE 2012) (30% Gewicht). Eine dane­ben abstim­men­de inter­na­tio­na­le Jury (30%) setz­te sie auf Rang 2. Ins­ge­samt kei­ne schlech­te Wahl, denn der mit einem eng­li­schen, von all­zu schwe­rem inhalt­li­chen Tief­gang befrei­ten Mit­singtext auf­war­ten­de Upt­em­po­song steu­ert ein gehö­ri­ges Maß an Fröh­lich­keit bei zum dies­jäh­ri­gen Line-up. Und das kann ja nicht ver­kehrt sein.

Optisch erin­ner­te Frau Rey­zá­bal bei ihrem Vor­ent­schei­dungs­auf­tritt ein wenig an Audrey Hepb­urn in Früh­stück bei Tif­fa­ny – jeden­falls bis zum Refrain ihres Songs, den sie mit einem lus­ti­gen X‑Bein-Moon­walk-Tanz unter­stütz­te, wodurch die Auf­merk­sam­keit des Betrach­ters auf ihre völ­lig unpas­sen­den und jed­we­de der Dar­bie­tung bis dahin inne­woh­nen­den Ele­ganz ver­nich­ten­den Kell­ne­rin­nen­schu­he fiel. Hor­ror! Auch an der Zusam­men­ar­beit mit ihrem Begleit­chor muss sie noch ein biss­chen sehr stark fei­len, das klang heu­te ziem­lich grau­sig. Und Barei selbst neigt arg zum hei­se­ren Schrei­en, womit sie aber ganz auf der Linie der ibe­ri­schen Euro­vi­si­ons­ver­tre­te­rin­nen der letz­ten Jah­re liegt. Für den am spa­nischs­ten klin­gen­den Bei­trag des Abends – auch mein per­sön­li­cher Favo­rit – ent­schied sich die inter­na­tio­na­le Jury mit ihrer Höchst­wer­tung. Was aller­dings nichts nütz­te, da die hei­mi­schen Televoter/innen den mehr als nied­li­chen Sal­va­dor Bel­trán (der zuge­ge­be­ner­ma­ßen aber auch die ers­ten bei­den Stro­phen kom­plett in den Sand setz­te und sich von sei­nem schnauz­bart­tra­gen­den, offen­bar per Zeit­rei­se­ma­schi­ne direkt aus Bad-Boys-Blue-Tagen ange­reis­ten Chor­sän­ger die Show steh­len ließ) mit sei­nen ‘Tagen der Freu­de’ kol­lek­tiv auf den letz­ten Platz setz­ten. Der Pro­phet gilt halt nichts im eige­nen Land…

Als beson­ders lus­ti­ge Idee von RTVE erwies es sich, die Show mit einem Voll­play­back-Schnell­durch­lauf der sechs Wett­be­werbs­ti­tel zu eröff­nen, wodurch die Unter­schie­de von den Stu­dio- zu den im Lau­fe des Abends dann prä­sen­tier­ten Live­ver­sio­nen beson­ders stark ins Ohr sta­chen. Das galt schon für den ers­ten Künst­ler, Maverick, der sei­ne feh­len­den stimm­li­chen Fähig­kei­ten mit mas­si­vem Over­ac­ting aus­zu­glei­chen such­te und zur Tar­nung wie zufäl­lig ein im Publi­kum sit­zen­des Mädel zu sich auf die Büh­ne zog, wo sel­bi­ges sich dann aber rasch als pro­fes­sio­nel­le Tän­ze­rin offen­bar­te und gemein­sam mit dem etwas höl­zern wir­ken­den Don Juan eine der­ar­tig unglaub­wür­di­ge Show abzog, wie wir sie seit der legen­dä­ren Dschun­gel­camp-Insze­nie­rung zwi­schen Jay “Ich bin hete­ro” Khan und Indi­ra Weiß nicht mehr gese­hen haben. Nicht viel locke­rer agier­te auch der in sei­nem blau­en Anzug wie ein Kom­mu­nal­po­li­ti­ker wir­ken­de Xuso Jones, der mit einer stark ver­wäs­ser­ten Kopie von ‘Eupho­ria’ antrat, die er in fal­scher Hoff­nung ‘Vic­to­rious’ getauft hat­te. Ich bin sicher, dass Nata­lie Hor­ler von Cas­ca­da (DE 2013) gera­de vor Wut in die Sofa­kis­sen beißt, wie es jemand wagen kann, sich der­art blas­phe­misch am schwe­di­schen Sie­ger­song von 2012 (deren Inter­pre­tin auch noch in der Stu­dio­ju­ry saß!) zu ver­grei­fen. Doch, potz­tau­send: auch Loreen gab Xuso zehn Punk­te, wohl auf Geheiß von Peter Boström, der bei­de Titel komponierte.

Damit steht der ers­te Bei­trag einer der fixen Fina­lis­ten für den 2016er Jahr­gang fest, und der eine oder ande­re Fan zog bereits fix den Ver­gleich zu einem eben­sol­chen des Vor­jah­res: zu ‘Black Smo­ke’ von Ann Sophie näm­lich. Was ich nun wie­der­um wenig bis gar nicht nach­voll­zie­hen kann, wirkt die Spa­nie­rin auf mich doch deut­lich weni­ger ange­strengt pro­fes­sio­nell und ihr Bei­trag bei Wei­tem nicht so stark auf for­mat­ra­dio­kom­pa­ti­ble Durch­hör­bar­keit ange­legt, son­dern dank ein­fach zu mer­ken­der Text­zei­len eher zum Mit­sin­gen ein­la­dend. Was mit Sicher­heit dazu füh­ren wird, dass die nach Stock­holm anrei­sen­den und alle Pro­ben ver­fol­gen­den Fans den Titel bis zum 14. Mai kom­plett über haben wer­den und Bareis “Yay yay yay yay” zum Ner­ven zer­fet­zen­den “Ding Dong!” die­ses Jahr­gangs avan­ciert. Für den Durch­schnitts­zu­schau­er, der den Song ein ein­zi­ges Mal an besag­tem Sams­tag im Mai zu Ohren bekommt, könn­te es aber tat­säch­lich eine Ein­la­dung zum Anru­fen sein. Oder?

Die kom­plet­te Show am Stück.

Wie ste­hen die Chan­cen für Barei im Finale?

  • Bes­tens. Upt­em­po, mit­singbar, ein­gän­gig, und sie sieht ele­gant aus. Wie soll­te das nicht in den Top Ten lan­den? (37%, 37 Votes)
  • So ein schlecht gesun­ge­nes Stück Weg­werf­pop, igitt. Tabel­len­en­de, zu Recht. (35%, 35 Votes)
  • Gäbe es Gerech­tig­keit, dann gut. Aber Spa­ni­en schnei­det ja immer zehn Plät­ze zu schlecht ab. (17%, 17 Votes)
  • Die Jurys wer­den es has­sen, denn es macht gute Lau­ne. Und das ist der­zeit ver­bo­ten. Mit­tel­feld, bes­ten­falls. (11%, 11 Votes)

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