Das Unerwartete ist geschehen: in einer für heute Mittag angesetzten (und tatsächlich stattgefundenen!) öffentlichen Pressekonferenz gab das ukrainische Fernsehen den Austragungsort für den Eurovision Song Contest 2017 bekannt, nämlich die Hauptstadt Kiew. Damit hätte nach dem vorausgegangenen Gewürge nun wirklich niemand mehr gerechnet! Sechs Städte hatten sich ursprünglich beworben, drei davon kamen in die engere Wahl: Dnipro, Odessa und eben Kiew. Zwischen dem Schwarzmeer-Kurort und der Metropole entspann sich ein politischer Kampf: sowohl der Gouverneur des Regierungsbezirks Odessa, der ehemalige georgische Regierungschef Michaeil Saakaschwili, als auch der Oberbürgermeister Kiews, der frühere Boxer Vitali Klitschko, fochten hinter den Kulissen mit harten Bandagen um die Ehre, den internationalen Event in ihrer Stadt austragen zu dürfen. Mehrfach wurde die Entscheidung verschoben, geplante Pressekonferenzen in allerletzter Sekunde abgesagt. Schlussendlich rief der Chef des ukrainischen Fernsehens sogar den Ministerpräsidenten des Landes an, endlich den gordischen Knoten zu zerschlagen. Die für ihre Schönheit gerühmte Hafenstadt Odessa zog dabei den Kürzeren: nicht nur, dass das als Austragungsort auserkorene Fußballstadion über kein Dach verfügt (die in Genf residierende EBU brachte daraufhin eine schweizerische Baufirma ins Rennen, die schon 2012 die Crystal Hall in Baku in Rekordzeit aus dem Boden stampfte und für wenige Millionen Euro eine transportable Abdeckung anbot), auch der sich gerade um Umbau befindliche Flughafen wurde als zu klein erachtet, um die erwarteten Fan-Massen abfertigen zu können. Ausschlaggebend war aber letzten Endes die politische Instabilität der nahe an der Krim gelegenen Region mit ihrem hohen russischstämmigen Bevölkerunganteil: mit 19 zu 2 Stimmen fiel die Entscheidung heute für Kiew.
In der Hauptstadt der Ukraine wird der Eurovision Song Contest 2017 also nun stattfinden. Wo auch sonst? Bereits im Jahre 2005, nach dem ersten Sieg des erst seit 2003 an den europäischen Wettspielen teilnehmenden, aber stets mit vollem Einsatz kämpfenden Landes, ging der Contest in der Metropole über die Bühne. Auch damals, mitten in der von der Grand-Prix-Gewinnerin Ruslana (→ UA 2004) und Vitali Klitschko mit angeführten Orangenen Revolution, zeigten sich die ungeduldigen Fans von Panik geschüttelt, als sich die Entscheidung angesichts der politischen Unruhen in dem nach wie vor innerlich gespaltenen Staat in die Länge zog. Und auch damals lief letzten Endes alles rund, von explodierenden Hotelpreisen und beschäftigungslosen weiblichen Hostessen im Euroclub mal abgesehen. Die 2005 genutzte Sporthalle steht allerdings 2017 nicht zur Verfügung. Stattdessen geht es nun in das 2002 erbaute, rund 11.000 Besucher/innen fassende Internationale Ausstellungszentrum (IEC) Kiew, wo der Eurovision Song Contest als Veranstaltung auf eine Hochzeitsmesse folgt. Das IEC liegt etwas östlich der Stadtmitte auf dem anderen Ufer des Flusses Dnjepr, verfügt aber mit der U‑Bahn-Station Liwobereschna (Linie U1) über einen schnellen und bequemen Innenstadtanschluss. Kiews Oberbürgermeister hob im Bewerbungsvideo denn auch die “Sicherheit” des öffentlichen Nahverkehrs der Millionenmetropole hervor. Und auch die Hautstadtpolizei solle dazu beitragen, dass alles “Safe and nice” laufe. Wer unter den anreisenden Fans und Schwurnalisten auch bei der Essensversorgung auf Bewährtes setzt: ein großer Supermarkt und ein McDonald’s befinden sich direkt neben bzw. gegenüber des IEC. Das Finale des Song Contests soll dort am Samstag, dem 13. Mai 2016 über die Bühne gehen, die beiden Qualifikationsrunden dementsprechend am Dienstag, dem 9. und Donnerstag, dem 11. Mai 2016. Karten dürften voraussichtlich nicht vor dem Jahresende in den Verkauf gehen.