Unser Song 2017: Lena sucht die neue Lena

Nach den Voll­flops der bei­den letz­ten Jah­re kehrt der NDR für die Ermitt­lung des deut­schen Grand-Prix-Bei­trags 2017 zur Cas­ting­show zurück, wie der Sen­der heu­te bekannt gab. Die­ses For­mat brach­te in Per­son von Lena Mey­er-Land­rut (→ DE 2010, 2011) schließ­lich bereits eine Euro­vi­si­ons­sie­ge­rin her­vor. Sel­bi­ge Lena wird auch Teil der drei­köp­fi­gen, nicht stimm­be­rech­ti­gen Jury sein (neben dem Pop-Weich­spü­ler Tim Bendz­ko und Volks­mu­si­kant Flo­ri­an Sil­ber­ei­sen), deren Auf­ga­be ledig­lich dar­in besteht, die Auf­trit­te der Nach­wuchs­ta­len­te zu kom­men­tie­ren. Anders als beim klas­si­schen Cas­ting-For­mat wird es aber nur eine ein­zi­ge TV-Sen­dung geben, am 9. Febru­ar 2017, mode­riert von der bewähr­ten Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger. Hier tre­ten fünf Euro­vi­si­ons­hoff­nun­gen an, jeweils mit laut Sen­der­an­ga­ben von “natio­nal und inter­na­tio­nal erfolg­rei­chen Pro­du­zen­ten spe­zi­ell für den ESC 2017 vor­ge­schla­ge­nen” Songs. Wer von den Fün­fen (zuge­las­sen sind nur Einzelsänger/innen, kei­ne Bands) dann nach Kiew fährt, ent­schei­den allei­ne die ARD-Zuschau­er/in­nen. Eine über die Euro­vi­si­ons-App orga­ni­sier­te inter­na­tio­na­le Inter­net-Abstim­mung soll zudem ein “Stim­mungs­bild” dar­über lie­fern, wie der eige­ne Lieb­lings­ti­tel beim Publi­kum außer­halb Deutsch­lands ankom­men könn­te. Mit dem rund­erneu­er­ten Vor­ent­schei­dungs­kon­zept erhofft sich die ARD nach den Wor­ten des Pro­gramm­di­rek­tors Vol­ker Her­res dies­mal wie­der “eine Chan­ce auf eine Top-Ten-Plat­zie­rung”.

Teil der Jury 2017: der Sil­ber­sch­nie­del. Dür­fen wir also auch auf ein wenig Schla­ger hoffen?

Die dürf­te aller­dings haupt­säch­lich von der Aus­wahl der Songs abhän­gen. Bereits im Mai kün­dig­te der deut­sche Euro­vi­si­ons­ver­ant­wort­li­che, Tho­mas Schrei­ber, in einem Zei­tungs­in­ter­view an, den Fokus wie­der stär­ker auf das Lied legen zu wol­len. Heu­er will sich die ARD von ein­hei­mi­schen und inter­na­tio­na­len Song­schrei­bern wett­be­werbs­fä­hi­ge Ware vor­schla­gen las­sen. Ein sen­der­ei­ge­nes Aus­wahl­ko­mi­tee filzt die­se Ein­rei­chun­gen dann nach geeig­ne­ten Titeln. Und hier liegt die Crux, denn in der Ver­gan­gen­heit kamen bei ARD-inter­nen Aus­wah­len bekannt­lich meist Schat­tie­run­gen von beige her­aus, also gleich­mä­ßig Strom­li­ni­en­för­mi­ges fürs For­mat­ra­dio, mit dem man bei einem TV-Spek­ta­kel wie dem Euro­vi­si­on Song Con­test aber kei­nen Hund hin­ter dem Ofen her­vor­lo­cken kann. Und es spricht wenig dafür, dass das dies­mal anders sein wird, denn dem Gre­mi­um sol­len Beauf­trag­te des NDR und wei­te­rer ARD-Sen­der und der erneut mit dem Vor­ent­scheid beauf­trag­ten Pro­duk­ti­ons­fir­ma Raab TV ange­hö­ren. Dar­un­ter zum Bei­spiel Wolf­gang Dah­l­hei­mer, der Band­lea­der von Ste­fan Raabs (→ DE 2000) frü­he­rer Haus­ka­pel­le, den Hea­vy­to­nes. Die glei­chen “Exper­ten” wäh­len im Übri­gen aus den Bewerber/innen für Unser Song 2017 die fünf Sänger/innen für die Show aus (nach einem vor­ge­schal­te­ten Vor­sin­gen mit 30 Kombattant/innen).

Nein, right war es nicht, was die ARD-Jury frü­her für den Nach­wuchs auswählte

Was den Vor­teil bie­tet, dass sie die fünf Glück­li­chen pas­send zu den aus­ge­such­ten Titeln cas­ten kön­nen. Ob den Nach­wuchs­hoff­nun­gen ein Mit­spra­che­recht bei der Aus­wahl der Songs zusteht, ist unklar, aber eher unwahr­schein­lich. Und das ist auch gut so: die meis­ten Musiker/innen kön­nen ein Lied davon sin­gen, dass ihre größ­ten Hits meist nicht die­je­ni­gen sind, die ihnen selbst am ehes­ten am Her­zen lie­gen. Auch unse­re Lena hät­te 2010 einen ande­ren Titel aus­ge­wählt, wenn man sie gelas­sen hät­te. Doch das Publi­kum zwang ihr ‘Satel­li­te’ auf – und behielt damit Recht. Als klu­ge Maß­nah­me ist auch die Nut­zung der Euro­vi­si­ons-App zu loben, mit der die beim Vor­ent­scheid allei­ne abstim­mungs­be­rech­tig­ten deut­schen Zuschauer/innen einen Ein­blick erhal­ten, wel­chen Titel das inter­na­tio­na­le Publi­kum bevor­zugt. Und das ver­gibt im Mai 2017 schließ­lich Punk­te an Deutsch­land – oder eben auch nicht. Mal schau­en, ob wir so schlau sind, von die­sem Infor­ma­ti­ons­vor­sprung Gebrauch zu machen. Befremd­lich bleibt aller­dings, wes­we­gen die bedau­erns­wer­ten Nach­wuchs­hoff­nun­gen, die sich ab sofort bei Raab TV bewer­ben kön­nen, sich beim Vor­ent­scheid von den Hea­vy­to­nes beglei­ten las­sen müs­sen, einer der brä­sigs­ten Live-Bands der Erde. Zumal, wo doch beim ESC die Musik vom Band kommt.

Süß, aber kein ESC-Sie­ger­song: Lenas Lieb­lings­lied ‘Love me’

Mit der Fokus­sie­rung auf ledig­lich eine, dafür drei­stün­di­ge TV-Sen­dung (den Prin­zen zufol­ge mit ins­ge­samt vier Abstim­mungs­run­den) will man sich sei­tens der ARD wohl vor allem dau­er­haft maue Ein­schalt­quo­ten erspa­ren, denn all zu vie­le Zuschauer/innen lock­ten die in den Jah­ren 2010 bis 2012 jeweils wochen­lang lau­fen­den Grand-Prix-Cas­ting­shows nicht vor die Bild­schir­me. Und sowohl im Fal­le von Lena als auch von Baby­bär­chen Roman Lob (→ DE 2012) stand deren Sieg eigent­lich schon in der ers­ten der zahl­rei­chen Sen­dun­gen fest, die sich dann auch ein wenig zäh dahin zogen. Die­se bei­den Namen und ihre dama­li­gen Euro­vi­si­ons­er­geb­nis­se zei­gen aber auch, dass der Ver­zicht auf mehr oder min­der eta­blier­te Stars (die beim Vor­ent­scheid ohne­hin oft­mals nur ihr neu­es Album pro­mo­ten wol­len) und das Ent­sen­den enga­gier­ter, erfolgs­hung­ri­ger Nachwuchskünstler/innen durch­aus gute Chan­cen bie­ten, das Tal der Trä­nen beim Euro­vi­si­on Song Con­test zu ver­las­sen. Wenn die ARD-Aus­wahl­ju­ry zur Abwechs­lung mal über ihren Schat­ten springt und bei der Song­aus­wahl Mut zur musi­ka­li­schen Viel­falt beweist. Ich bin gespannt!

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  • Im Prin­zip gut, aber ich traue der ARD ein­fach nicht zu, einen guten Song aus­zu­wäh­len. (51%, 67 Votes)
  • Viel­ver­spre­chend. Viel­leicht reicht’s ja sogar für eine neue Lena. (19%, 25 Votes)
  • Ein Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung. Wenn man jetzt noch die ARD los wird, könn­te es was wer­den. (13%, 17 Votes)
  • Wie­so soll­ten Cas­tingstern­chen es bes­ser machen? Ich will gro­ße Namen! (12%, 16 Votes)
  • Ein Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung. Wenn man jetzt noch Raab TV los wird, könn­te es was wer­den. (5%, 7 Votes)

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