Neben dem finnischen Finale fanden am gestrigen Samstag ebenfalls – gewissermaßen wie immer – weitere Viertelfinale in Ungarn und in Litauen statt. Über die gibt es allerdings nur wenig Interessantes zu berichten. In der dritten Vorrunde von A Dal rangen erneut zehn Kombattant/innen um die Gunst der Jury – allesamt ziemlich kompetente Acts mit ziemlich kompetenten Songs; also nichts, was einen veranlassen würde, schreiend wegzurennen, aber auch nichts unfreiwillig Komisches oder sonstwie Herausragendes. Wie langweilig! Verdienter Spitzenreiter wurde der bereits aus Kopenhagen und vom A Dal bekannte András Kállay-Saunders (→ HU 2014, Vorentscheid 2016) mitsamt Band, der mit dem Beitrag ‘17’ unter Beweis stellte, dass er auch Undramatisches bestens beherrscht. Nur gut, dass der Contest in diesem Jahr nicht in Deutschland stattfindet, denn nach seinem Geständnis, in diesem Alter eine “Fake ID”, also einen gefälschten Ausweis, benutzt zu haben, um in die Clubs reinzukommen, dürfte ihn Thomas de Mazière vermutlich bereits bei der Einreise wegen Terrorismusverdachts festnehmen lassen. Kállay-Saunders machte im kleinen Schwarzen (sprich: Lederjacke und enganliegende Jeans) wieder eine gute Figur – nur über die teilblondierten Rastazöpfe und die Sonnenbrille müsste man vielleicht nochmal sprechen. Falls in den nächsten Wochen nicht noch etwas Besseres nachkommt, darf er wegen mir gerne noch mal ran.
Höllena Fürst hat angerufen und will ihre Frisur zurück: András Kállay-Saunders (HU)
Auch in Litauen setzte sich mit der praktisch zur festen Grundausstattung der Nacionalinė Atranka gehörenden Aistė Pilvelytė die Favoritin durch. Und das, obschon die Interpretin sich gleich in der Auftaktzeile ihres von Aminata Savadogu (→ LV 2015) geschriebenen Beitrags gründlich verhaspelte, daraufhin abbrach und barsch um einen erneuten Start bat, den man ihr auch gewährte. Dies blieb allerdings nicht die einzige Merkwürdigkeit: da ist zunächst die eigenwillige Schreibweise des Songtitels zu nennen, laut Bauchbinde des litauischen Fernsehens ‘I’m like Woolf’. Zwei Fehler bei nur vier Worten: Respekt! Doch auch bei Aisté selbst schien Verwirrung zu herrschen, sang sie nämlich in der Strophe zunächst einmal klar und vernehmlich “I am a Vulva”, bevor sie im Refrain schließlich doch zur titelgebenden, orthografisch korrekten Aussage “I’m like a Wolf” zurückkehrte. Lediglich eine Unsauberkeit in der Aussprache? Oder wollte sie tatsächlich ihre Vulva mit einer Wölfin vergleichen: stark behaart, immer hungrig und allzeit bereit, unschuldige Opfer zu reißen? Was natürlich auch erklärt, warum sie während ihrer drei Minuten stets so grimmig und angriffslustig in die Kamera starrte. Und was ihr heftiges Stoßatmen bei der 2‑Minuten-30-Marke in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt. Ich will es mal so sagen: für den Fall, dass sie gewinnen sollte, bin ich froh, dass ich in Kiew nicht vor Ort bin! Ob sie es bis dorthin schafft, steht allerdings auf einem anderen Blatt: trotz Aminatas unverkennbarer Autorenschaft kommt mir das Stück deutlich zu sperrig daher, und die Klatschfalle ganz am Ende, nach welcher Aisté nochmal zum (unnötigen) Acapella-Nachklapp ansetzt, verdirbt einem vollends den Spaß an der Nummer.
Schni-schna-schnappi: die Eis-Tee Pilveltyé (LT)
Damit haben wir auch in dem Baltenstaat die interessanten Titel bereits durch, zumindest die per Youtube-Video verlinkbaren. Denn aus irgendeinem Grund stellte der Sender LTR heute nur drei Clips ein, und ein alternativer Youtube-Kanal, der die fehlenden Mitschnitte anbot, wurde wegen angeblicher “Urheberrechtsverstöße” gelöscht. Ich könnte kotzen vor Wut: wann werden die Verantwortlichen endlich begreifen, dass es sich hierbei um schiere Notwehr handelt, weil die Sender die Auftritte halt nicht immer sofort nach der Show vollständig online zur Verfügung stellen, wie es ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit gegenüber den Gebührenzahler/innen wäre? Der immerhin ersatzweise eingestellte Schnelldurchlauf offenbarte allerdings auch nichts all zu Vielversprechendes, mal abgesehen vielleicht vom lustigen Damentrio Queens of Roses, die als eine Art von Afrodite-Gedächtnisact in Kleidern aus dreierlei Alufolie auftraten und zu einem fantastisch billigen Discobeat enthusiastisch “We’re gonna catch, catch the Fish” intonierten. Ist das ein Code für eine Lesbenorgie? Das wäre als Thema doch mal was Neues für den Eurovision Song Contest! Leider aber werden wir in Kiew auf den homoerotischen Nachlauf der Drei verzichten müssen: sie schafften es nicht ins Halbfinale. Buh!
Am Montag lieferte LRT dann doch noch die drei Fisherman’s Friends nach (LT)
Aber die Glitzerlesben haben es auf Rang 3 doch in die nächste Runde geschafft, oder?
Du hast Recht, da hab ich wohl was verwechselt. Hurra!