Es ist die beste Nachricht der laufenden Eurovisionssaison: wie Wiwibloggs soeben berichtete, verkündete der italienische Eurovisionsteilnehmer und bereits vielfach als aussichtsreichster Thronanwärter ausgerufene Franceso Gabbani am gestrigen Abend in der RAI-Unterhaltungssendung Standing Oviations, dass er seinen Titel ‘Occidentali’s Karma’ in Kiew in seiner Landessprache singen werde. “Es ist eine große Verantwortung,” sagte er im Hinblick auf seine Funktion als Repräsentant der Halbinsel beim europäischen Wettstreit. “Ein Abenteuer, das ich mit großer Spontanität erleben will. So, wie ich das immer versuche. Ich möchte die Reputation der italienischen Musik hochhalten, also präsentiere ich den Song in seiner Ursprungsversion, auf Italienisch”. Hurra! Gabbani schwankte nach seinem Sieg beim San Remo Festival eine Weile, ob er Teile seiner rundweg fantastischen Lyrics der besseren internationalen Verständlichkeit wegen auf Englisch singen solle. Als Beispiel hierfür sei die Textstelle “La Scimmia nuda balla” (“Der nackte Affe tanzt”) genannt, die sich auf das 1967 erschienene, seinerzeit ziemlich bahnbrechende und vieldiskutierte wissenschaftliche Buch Der nackte Affe des britischen Biologen Desmond Morris bezieht, das mit dieser Zuschreibung natürlich den Menschen meint, diesen haarlosen Primaten. Ohne dieses Wissen, so die Befürchtung, könnten viele Zuschauer/innen den Tänzer im Gorillakostüm, der Francesco beim San-Remo-Auftritt auf der Bühne begleitete, womöglich nur für einen albernen Gimmick halten und den Song als Comedy-Nummer abtun. Doch das Risiko besteht bei einer Teilübersetzung genau so. Zumal ohnehin die wenigsten Zuschauer/innen an einem solchen Abend tatsächlich intensiv auf das Gesungene achten (soweit man es überhaupt schon rein von der Aussprache her versteht). Ein Sprachenmischmasch – der ja bei anderen Titeln durchaus Sinn machen kann – würde aber, so auch das Empfinden beim Großteil der Fans, speziell diesem Lied seine ganz besondere Aura rauben. Diese Gefahr ist nun beigelegt, und so sollte die RAI schon mal diskret überprüfen, welche geeigneten Hallen im Mai 2018 in Rom, Mailand oder Neapel so zur Verfügung stehen…
Vielleicht sollte die EBU aber ihre Mitgliedsstationen verpflichten, während des ESC Untertitel anzubieten und die Songtexte in die jeweilige Landessprache zu übersetzen?
Soweit ich weiß werden in Estland und in Finnland Untertitel eingeblendet. Oder man hat das mal gemacht und damit aufgehört. Bei “Eesti Laul” wurden aber in der letzten und vorletzten Woche die englischen Lieder estnisch untertitelt. Diesen beiden Ländern muss man wohl nichts mehr aufzwingen.
Die Landessprache beizubehalten ist klug. Dass man auch oder gerade als Südländer mit der Gefahr leben muss, vom eigenen Akzent aus der Bahn geworfen zu werden, hat vor 15 Jahren ja schon Rosa Lopez erfahren müssen, als ihr Juhrub aus der Verkaufsveranstaltung geflüchtet ist. Und es singt ja sonst kaum jemand in der Muttersprache. Richtig Lust auf die Vielfaltsfeier haben derzeit wohl nur Weißrussland, Ungarn, Spanien, Frankreich und eben auch Italien.
Selbst wenn man den Song untertiteln würde. Nur ein Bruchteil der Zuschauer würde den Rest des Abends über ein 50 Jahre altes Buch sinnieren.
Der Song bleibt wohl mit Affe in erster Linie Klamauk und eine unterhaltsame Abrechnung mit dem westlichen Lebensstil, die man auch auf italienisch und durch die eingängige Melodie mitbekommt. Die eingestreuten Keywords versteht jeder.
Nur wer Anspruch sucht , wird im Subtext fündig.
Wenn man die von Francesco Gabbani gesungene Zeile mit “Singing in the rain” als Maßstab nimmt, dann ist die Entscheidung, nicht auf Englisch zu singen, glich noch mehr begrüßenswert!
Und den tanzenden Gorilla muss er auch unbedingt in der Perfomance drin lassen. Dessen Einsatz stand ja auch ne Zeitlang zur Diskussion. Das einzige, worüber er sich Gedanken machen muss, ist die Frage, wie er mit dem Lied die 3‑Minuten-Grenze einhält.