Nach unterschiedlichen Ankündigungen zum Veröffentlichungstermin und mehreren irreführenden Countdowns auf der Website der diesjährigen, erneut intern ausgewählten Eurovisionsvertreterin Martina Bárta stellten die Tschechen heute Abend dann doch noch den Audiotrack ihres Wettbewerbsbeitrags ‘My Turn’ ins Netz. Und obgleich die hauptsächlich in Deutschland lebende Sängerin bislang als Jazzmusikerin in Erscheinung trat, handelt es sich bei dem für sie geschriebenen Stück um… *Trommelwirbel, Tusch*: eine sanfte Klavierballade! Hurra! Genau das, was dem Grand Prix 2017 so dringend gefehlt hat! Das mit verhältnismäßig tiefer Stimme sehr sauber gesungene Lied zum Thema Beziehungsarbeit erweist sich als atmosphärisch angenehm und dreht im instrumental schwelgerischen Refrain auch ganz gut auf. Als Soundtrack für einen melancholischen Arthouse-Liebesfilm gäbe es die perfekte Untermalung ab für die große romantische Schlussszene. Als zusätzlicher Beitrag zum Balladensee des diesjährigen Eurovision Song Contest steigert es jedoch schlichtweg den Bedarf an aufputschenden Substanzen, um das erste Semifinale am Dienstag zu überstehen, ohne ins Koma zu fallen. Für den 11. März 2017, also den letzten und härtesten Supersamstag der Vorentscheidungssaison (perfektes Timing!), ist noch ein ordentliches Musikvideo angekündigt, mit halbnackten Menschen ohne Model-Maße. Welche Botschaft auch immer damit verkündet werden soll (ich bin sicher, wir werden es noch erfahren): es scheint alles daraus hinauszulaufen, dass das erfolgloseste Eurovisionsland ever seinen Minusrekord von 2009 einzustellen vermag, als Gipsy.cz im Semifinale zu Moskau mit null Punkten Letzte wurden. Und ich kann im Hinblick auf den Lebenswillen der Eurovisionszuschauer/innen nur an die EBU appellieren, endlich ernsthaft über eine Balladenobergrenze bei ihrem Vorzeigewettbewerb nachzudenken. Oder den Einfluss der Jurys, dem wir dies zu verdanken haben, zurückzudrängen.
Farblos: die Bárta (CZ)
Rein gefühlt orientieren sich die Beiträge immer am Gewinnertitel des Vorjahres – vielleicht deshalb so viele Balladen?