Wenn der Eurovisionsjahrgang 2017 von einem nicht zu wenig hat, dann sind es Jodlerinnen. Nein, damit meine ich nicht den rumänischen Beitrag, sondern Balladessen mit starken Stimmen, welche die Noten in die Länge ziehen bis kurz vor die Unendlichkeit und beim Singen gerne mal die Tonleiter hoch und runter joggen, um ihre Range zu präsentieren und den Juroren, denen wir diese Flut einzig und alleine zu verdanken haben, die Punkte aus der Tasche zu holen. Vergangenen Mittwoch präsentierte ich bereits die erste Eurovision-Deathmatch-Paarung dieser Hochleistungsdamen, und das heutige Schreiende-Frauen-Duell zwischen Dänemark und der Schweiz wird nicht das letzte seiner Art sein in unserem Leser/innen-Spiel. Anja Nissen tritt also an für unser skandinavisches Nachbarland, und sie zieht bei ‘Where I am’ alle Register. Wenn es das Label “generisch” nicht schon gäbe, für den dänischen Beitrag müsste man es (mal wieder) erfinden. Text, Melodie, Musik: alles Nebensache, alles völlig ohne Belang, alles nur ein Vehikel, damit die im roten Kleid mitten im Sturm der Windmaschine stehende Anja sich die Lungen wund schreien kann. Und das tut sie dann auch, wie eine ihr ganzes Leben lang auf diesen Moment hin gedrillte Eiskunstläuferin: technisch perfekt. Und mit der persönlichen Ausstrahlung eines Mantarochen.
The Lady in Red: Anja Nissen (DK)
Als ihre Gegenspielerin agiert die gebürtige Rumänin Miruna Manescu, die als Frontfrau des schweizerischen Fremdarbeiter-Sextetts Timebelle antritt. Und dabei ein schönes Beispiel für die Heterofixiertheit des Business abgibt: denn ursprünglich, so schreibt Wikipedia, startete die Formation mal als reine Boyband, bis der ebenfalls rumänische Produzent des Knabenquintettes aufgrund ausbleibenden Erfolges Miruna als neues Aushängeschild hinzunahm. Beim Schweizer Vorentscheid – wie sicherlich auch später in Kiew – standen die Jungs nun ziemlich arbeitslos und allenfalls dekorativ irgendwo in der Gegend herum, während die Kamera so gut wie ausschließlich die Leadsängerin wahrnahm. Und selbst bei mir läuft der eidgenössische Beitrag unter der Rubrik “Schreiende einzelne Frau”. Miruna bringt hierfür ihre beiden stärksten Waffen – Stimme und Talent – zum Einsatz und moduliert sich angestrengt durch die autogetunte Pop-Ballade, wie es sich für eine vokale Leistungsschau halt nun einmal gehört. Oder, wie sie selbst singt: “Ain’t no fun in easy”. Ich fürchte bald, die Generation Castingshow glaubt das tatsächlich. Spaß, so viel ist sicher, macht das alles nicht.
Miruna mit ihren beiden Begleitern Zeus und ‘Apollo’ (CH)
So, nun seid Ihr wieder an der Reihe: welche Balladesse jodelt besser? Oder nervt weniger? Stimmt mit ab, wenn Ihr mögt, bitte bis morgen um 15 Uhr. Merci!
EDM #12: Jodel Cha Cha. Welche der beiden Frauen schreit schöner?
- Schweiz: Timebelle – Apollo (71%, 90 Votes)
- Dänemark: Anja Nissen – Where I am (29%, 36 Votes)
Total Voters: 126
Ergebnis: Und auch in diesem Eurovision Deathmatch bestätigte sich, dass die DACH-Länder unter meinen Leser/innen generell besser abschneiden: mit mehr als zwei Dritteln der Stimmen konnte sich die rumänische Schweizerin gegen die australische Dänin durchsetzen. Danke fürs Mitvoten!
Warum schreit mich die Dänin so an? Ich habe ihr doch nichts getan. Dann lieber die rumänische Eidgenössin, deren Stimme immerhin noch etwas wärmer herüberkommt.
“… mit der persönlichen Ausstrahlung eines Mantarochen.” Hahahahaha! You made my day!
Bei diesem Duell hätte ich doch sehr gerne “keine von beiden” angekreuzt.
“Keine von beiden” muss es jetzt auch nicht sein. Dafür ist die zum Trio eingedampfte Zytglogge doch noch etwas interessanter als die Klischee-Dänin. Wobei wir natürlich wissen, dass Mirunas beiden stärksten Waffen ganz sicher nicht Stimme und Talent sind. Eher Unterwanderung und Unterwerfung. Das Intrigenspiel, eine Band ganz nach ihren Vorstellungen zu verändern, hätte gerne aus nächster Nähe verfolgt. Man lernt ja gern noch dazu.
Auf jeden Fall NICHT die Dänin. Ich werd auch nicht gerne angeschrien! Man kann alles treiben und übertreiben und dann kann man es noch schlecht übertreiben. Ich lieeeebe eigenltich ja die dänischen Beiträge, aber dieses Jahr geht das so garnicht an mich. Und die Schweiz find ich wiederrum garnicht so übel und kommt bei mir auch nicht kreischig rüber. Daher ganz klar: Hopp Schwyz!!!
Eine ebenbürtige Gegnerin der Sirene aus Dänemark wäre eigentlich Tamara Gachechiladze aus Georgien gewesen. Nur ein startender Düsenjet oder ein Dutzend Güterzüge sind lauter und unerträglicher als diese beiden Kreischelsen. Hier war jedoch die Wahl einfach, die Punkte gehen eindeutig an die Schweiz!