Wie die Fan-Seite Eurofestival Italia in dieser Woche enthüllte, soll es sich bei dem ersten Grand-Prix-Sieg in der mehr als sechzigjährigen Geschichte des Wettbewerbs um einen sehr eindeutigen gehandelt haben. Einer der Fan-Seite zufolge aus einem Archiv ausgegrabenen Besprechung des Premieren-Wettbewerbs im schweizerischen Lugano in der Tageszeitung La Stampa vom 25. Mai 1956 zufolge konnte Lys Assia (→ CH 1956, 1957, 1958) für ihr Lied ‘Refrain’ 102 Punkte auf sich vereinen. Bislang wusste man lediglich, dass die Jurys sie zur Siegerin gekürt hatten, danach aber alle Stimmzettel vernichteten, so dass kein genaueres Ergebnis bekannt war. Bis auf kurze Ausschnitte aus der Siegerreprise besteht auch keine Bildaufzeichnung des Ereignisses. Da bei der ersten Ausgabe des Wettbewerbs nur sieben Länder mitmachten, die jeweils zwei Juroren entsandten, die wiederum jedem Lied zwischen einem und zehn Punkten geben durften – und das nach herrschender Lehre seinerzeit noch unter Einschluss des eigenen Landes, – läge die rechnerisch maximal zu erreichende Zahl an Punkten für jeden Song des 1956er Jahrgangs bei 140. Die helvetische Chanteuse hätte damit 72,9% des Potentials ausgeschöpft. Zum Vergleich: der aktuelle Gewinner von 2017, Salvador Sobral, erhielt 758 von 984 maximal möglichen Punkten (41 abstimmungsberechtigte Länder [ohne das eigene] mal 12 Punkte Höchstwertung mal 2 [Jury plus Televoting]) oder 77%. Das Ergebnis deckt sich mit den Beobachtungen des Reporters, der nach Lys’ Auftritt “nicht enden wollenden Applaus” im Theatro Kursaal notierte, während er beispielsweise für die beiden deutschen Beiträge von Walter Andreas Schwarz und Freddy Quinn nur “Applausi discreti” vermerkt. Die französische Chansonsängerin Mathé Altéry habe für ‘Les Temps perdu’ sogar nur “Höflichkeitsbeifall” erhalten, so der namentlich nicht genannte Reporter. Zu den restlichen Platzierungen oder Punkten kann aber auch dieses Fundstück nichts beitragen – die gab man seinerzeit schlichtweg nicht bekannt.
https://youtu.be/IyqIPvOkiRk
Lys Assia vor 102 Blumen bei der Siegerreprise von ‘Refrain’
Nachtrag (21.12.2018):
Wie mir der langjährige norwegische OGAE-Chef Kato Hansen schrieb, waren die oben geschilderten Fakten dank der Recherche des italienischen Fanclubs bereits seit 1996 bekannt und wurden in (mir bislang nicht bekannten) OGAE-Fibeln zur Geschichte der nationalen Vorentscheidungen publiziert. Wieder was dazu gelernt!
Ja, ja, die x.-te Spekulation über den Ausgang 1956… Nach welchem System soll es denn ausgerechnet zu 102 Punkten gekommen sein?
Wir wissen doch alle, dass Freddy Quinn in Wirklichkeit gewonnen hat und die EBU Angst hatte , dass mit einem Rock-Titel die erste Ausgabe auch die letzte gewesen wäre. Außerdem hatte das Senioren-Publikum im Kursaal von Lugano das Mobiliar zertrümmert. und war drauf und dran, den EBU-Vorstand zu lynchen.
Die Schweiz hat die Bürde des Fake-Sieges diplomatisch auf sich genommen und Lys irrlichtert bis heute durch den ESC, um mit Ralph Siegel den Bewerb mal “echt” zu gewinnen.
Das ist ja mal eine besonders schöne Verschwörungstheorie. Gefällt mir! 🙂