Wie zahlreiche Medien berichten, starb der deutsche Schlagersänger und Plattenmillionär Chris Roberts am vergangenen Sonntag im Alter von 73 Jahren in einem Berliner Krankenhaus an Krebs. Roberts, mit bürgerlichem Namen Christian Klusáček, war von 1969 an für fast zehn Jahre ständiger Dauergast in der ZDF-Hitparade und rollte mit Titeln wie ‘Ich bin verliebt in die Liebe’, ‘Hab ich Dir heute schon gesagt, dass ich dich liebe’ oder ‘Wann liegen wir uns wieder in den Armen, Barbara’ die Charts auf. Laut dem Spiegel verkaufte er im Laufe seiner Schlagerkarriere insgesamt rund elf Millionen Tonträger. Lustiges Detail: als noch zu Kriegszeiten geborenes Kind einer deutschen Mutter und eines jugoslawischen Vaters war er laut Geburtsurkunde offiziell staatenlos – und blieb das (unter anderem zur Vermeidung des Wehrdienstes) auch Zeit seines Lebens. Erst im April diesen Jahres, nur wenige Wochen vor seinem Tod, nahm er die deutsche Staatsangehörigkeit an. Seinen größten Hit hatte Chris Roberts im Jahre 1974 mit dem Ralph-Siegel-Titel ‘Du kannst nicht immer 17 sein’. Und hier entspringt auch, falls Sie sich gerade fragen, warum seine Todesmeldung auf einer Eurovisionsseite auftaucht, seine Grand-Prix-Connection: 1985, lange nachdem die Neue Deutsche Welle das Karriere-Aus für ihn und zahllose seiner Weggefährten besiegelt hatte, recycelte ihn die deutsche Komponistenlegende für seinen unter luxemburgischer Flagge segelnden Beitrag ‘Children, Kinder, Enfants’, gemeinsam mit der Schlagerkollegin Ireen Sheer (→ LU 1974, DE 1978) und vier weiteren, heute dem völligen Vergessen anheim gefallenen Künstler/innen. Das von dem Resterampen-Sextett intonierte, frankophil dominierte, als Kanon konzipierte, so sinn- wie schamlose Geploddere, das auf gleich drei Sprachen nichts als musikalische wie textliche Gemeinplätze drosch, landete zu Recht unter ferner liefen und muss für den einst als Mädchenschwarm und unumschränkten Schlagerkönig gefeierten Interpreten, der in dem einheitlich weiß gekleideten Chor stimmlich wie optisch völlig unterging, zweifellos der unwürdige Tiefpunkt seiner Karriere gewesen sein. Ein letztes Medien-Highlight erlebte er unterdessen 2011, wo er in der Premierenausgabe der fantastischen, leider weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit gesendeten siebenteiligen Vox-Serie Cover my Song auftauchte, in welcher pro Folge jeweils ein Hip-Hopper und ein ehemaliger Schlagerstar aufeinander trafen und die Songs des anderen neu interpretierten. In der Erstsendung coverte der Rapper MoTrip Roberts’ größten Hit. Großes Fernsehen!
https://youtu.be/7KZqyKlc5_4
Gegen Ireen Sheers markante Stimme hatte keiner eine Chance, auch Chris Roberts nicht (LU 1985)
Du weißt, dass ich dich sehr mag, Oliver. Und trotzdem bitte ich dich um etwas mehr Respekt vor der Lebensleistung eines Schlagerstars der 70-ger Jahre. Bei einem langen Lebensweg mit so einer schweren Krankheit am Ende dem Unausweichlichen aller zu gehen, sollte sich jeder der Übriggebliebenen die Kritik an einzelnen Misserfolgen versagen. Es ist schön, daß Chris Roberts dir wenigstens ein paar Zeilen wert ist.
Danke für Deinen Kommentar. Dass ich ‘Children, Kinder, Enfants’ kritisiere (ich kann nun mal beim besten Willen nichts Lobhudelndes über dieses nach meinem Empfinden furchtbare Machwerk schreiben), heißt aber nicht, dass ich Chris Roberts’ unbestreitbare Erfolge oder ihn als Künstler nicht respektiere. Falls das so angekommen sein sollte, tut es mir leid, aber so war es nicht gemeint.
Ich habe die Losung “über die Toten nur Gutes” (und so verstehe ich Deinen Einwand) noch nie verstanden, für mich gehört zu einer umfassenden Würdigung der Lebensleistung die schonungslose Kritik (die ja im übrigen nur meine persönliche Meinung wiedergibt und keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt) genau so wie die Anerkennung der Erfolge. Das eine wertet das andere nicht ab, denn zu einem vollen, gelebten Leben gehört nun mal beides. Und das hat Chris Roberts, der uns fraglos zahlreiche Evergreens hinterlassen hat und damit unvergessen bleibt, gelebt.
meine Lieblingsrubrik im SZ Magazin ist die Gewissensfrage bei der ich immer grüble was meine Antwort wäre bevor ich die Antwort von Dr. Dr. Rainer Erlinger lese.
In diesem Fall passt ja das ganz gut:
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/32544/Die-Gewissensfrage
“Über Tote darf man nicht schlecht sprechen, oder vielleicht doch?”
Mir gefällt das er die Schlußfolgerung aus seinen Überlegungen nie als absolute Wahrheit formuliert.
Ich schmunzle zwar nicht wie sonst bei einigen Passagen bei diesem Nachruf, dafür ist die Nachricht doch zu traurig. Andererseits ist mir eine ehrliche Haltung auch über den Tod hinaus lieber wenn sie wie hier in Respekt und Anerkennung vor dem Verstorbenen eingebettet ist.