Per­len der Vor­ent­schei­dun­gen: Immer wie­der wie­der Bumm-Bumm

Eine Schnei­se der Ver­wüs­tung, anders lässt es sich nicht bezeich­nen, schlug die in die­sem Jahr wie­der kom­plett allei­ne ent­schei­dungs­be­rech­tig­te Jury ges­tern mit­ten in der Nacht in den alba­ni­schen Vor­ent­scheid zum Euro­vi­si­on Song Con­test 2018. Seit Don­ners­tag lau­fen, wie wohl­in­for­mier­te Euro­vi­sio­nis­tas wis­sen, im Kon­gress­pa­last zu Tira­na die bei­den Vor­run­den des Fes­ti­vali i Kën­gës, das tra­di­tio­nell die Sai­son eröff­net und heu­te Abend mit dem Fina­le sein Ende fin­det. 22 Acts tra­ten in den bei­den Semis an und stell­ten 22 Lie­der vor, von denen selbst der lei­dens­be­rei­tes­te Grand-Prix-Fan tat­säch­lich nicht ein ein­zi­ges zwin­gend ein zwei­tes Mal hören müss­te. Wahn­sin­nig zähe, schmerz­haft dis­so­nant gekri­schene Bal­la­den und uner­träg­lich drö­ge Mid­tem­po-Sof­t­rock­stü­cke domi­nier­ten die bei­den Aben­de, nicht ein Stück fand sich dar­un­ter, das nach mensch­li­chen Maß­stä­ben als Pop durch­gin­ge. Mit viel­leicht, wenn man bei­de Ohren zudrückt, einer Aus­nah­me: ‘Bum bum’ von Ergi Bre­gu. Nun weck­te der laut­ma­le­ri­sche Song­ti­tel umge­hend Erin­ne­run­gen an einen sehr ähn­lich benann­ten arme­ni­schen ESC-Bei­trag von 2011, den sei­ne Inter­pre­tin, die pos­sier­li­che Emmi, live lei­der ziem­lich ver­kack­te. Und unse­re Ergi? Nun, hören Sie selbst:

Autschn! (Plus Play­list mit allen ver­füg­ba­ren FiK-56-Beiträgen)

Es scheint ein Fluch auf die­sem Titel zu lie­gen. Nicht etwa, dass das alba­ni­sche ‘Bum bum’ sich musi­ka­lisch auch nur im Ent­fern­tes­ten mit der exqui­si­ten Güte­klas­se des famo­sen arme­ni­schen Pop-Heu­lers mes­sen könn­te. Der ohren­zer­mür­bend schie­fe Gesang der bei­den E‑Liesen jedoch kann es! In Ergis Fall schien er der Ner­vo­si­tät der Künst­le­rin geschul­det, die sich schon beim Her­ab­schrei­ten der unver­ant­wort­lich stei­len Stu­fen der auf der Fes­ti­vali-Büh­ne instal­lier­ten Show­trep­pe schwer tat, so dass der Mode­ra­tor der Show ihr das Händ­chen hal­ten muss­te, auf dass sie nicht über ihre eige­nen High Heels stürz­te. Selbst­re­dend sor­tier­ten die Juror:innen, die ihre Ent­schei­dung erst tief in der Nacht zum Sams­tag live ver­kün­de­ten, den Bei­trag nach die­ser unter­ir­di­schen Leis­tung zu Recht aus. Was so unge­fähr das ein­zi­ge nach­voll­zieh­ba­re Urteil war, das sie tra­fen. Denn auch dem Duo Akullt­hye­sit, bestehend aus einem schät­zungs­wei­se fünf­zig­jäh­ri­gen teig­ge­sich­ti­gen Erd­kun­de­leh­rer, der in Beglei­tung sei­nes aggres­siv rap­pen­den Soh­nes eine bit­te­re Rock­bal­la­de über sei­ne schmerz­haf­te ‘Divor­ci’ into­nier­te, zeig­ten sie den Dau­men nach unten.

Ich weiß man­gels Sprach­kennt­nis nicht, ob der Juni­or da die Mut­ter oder den Schei­dungs­rich­ter belei­digt. Es klingt jeden­falls nicht nett.

Sie waren sich dar­in, das muss man zu ihrer Ver­tei­di­gung sagen, mit der Majo­ri­tät der Grand-Prix-Fans völ­lig einig, die den schwer­ver­dau­li­chen Song in allen Polls eben­falls ganz weit nach unten vote­ten. Den­noch han­del­te es sich hier­bei aus mei­ner Sicht um einen der weni­gen immer­hin durch sei­ne Anders­ar­tig­keit noch irgend­wie erwäh­nens­wer­ten Bei­trä­ge – wenn natür­lich auch, wie bei allen FiK-Songs, um kei­nen guten. Der nicht nur nach opti­scher Schät­zung, son­dern auch nach offi­zi­el­len Anga­ben deut­lich über dem 60. Lebens­jahr lie­gen­de Alters­durch­schnitt der dies­mal auf nur fünf Per­so­nen (vier Män­ner, eine Frau) redu­zier­ten, juve­ni­lo­pho­ben FiK-Jury mach­te sich auch dar­in bemerk­bar, dass die (musi­ka­lisch nicht der Rede wert sei­en­den) Bei­trä­ge der etwas in die Brei­te gegan­ge­nen und unter dem alba­ni­schen Tarn­na­men Xhes­ika (sprich: Jes­si­ca) Polo ange­tre­te­nen US-Sire­nen­quet­sche Pink (mein Auge kannst Du nicht täu­schen, Lie­bes!) und der jugend­lich-schnuck­li­gen Sof­trock­boy­band Lynx eben­falls nicht weiterkamen.

Könn­te mit einen deut­lich fut­ti­ge­ren Arran­ge­ment und einer Inter­pre­tin mit einer deut­lich weni­ger her­ben Stim­me sogar noch was tau­gen: das upt­em­po­rä­re ‘I njëj­ti qiell’ ist im Finale.

Inter­es­san­ter­wei­se stamm­ten die meis­ten der zurück­ge­wie­se­nen Songs aus dem zwei­ten, gering­fü­gig flot­te­ren Semi­fi­na­le, wäh­rend die Jury die Bei­trä­ge des ers­ten, deut­lich zähe­ren Semis fast geschlos­sen durch­wink­te. Als hei­ßer Favo­rit für das heu­ti­ge FiK-Fina­le dürf­te nun das schau­der­haf­te Lob­lied auf das Ein­kaufs­zen­trum gel­ten, das von einem erschre­ckend hero­in­dür­ren Männ­chen mit auf­fäl­li­gem Ohr­ge­schmei­de, schi­cken Unter­arm­ta­tö­wie­run­gen und com­mon­lin­net­ses­kem Pries­ter­hut gesun­ge­ne ‘Mall’. Was allen­falls noch dar­an schei­tern könn­te, dass der einen rund­her­aus fan­tas­ti­schen Namen tra­gen­de Eugent Bush­pe­pa den geron­ti­schen Juro­ren viel zu jung sein dürf­te, auch wenn er sich musi­ka­lisch blen­dend in das den aktu­el­len Trends unge­fähr fünf­und­vier­zig Jah­re hin­ter­her­hän­gen­de FiK ein­fügt. Mit einer abschlie­ßen­den Ent­schei­dung über den alba­ni­schen Euro­vi­si­ons­bei­trag 2018 dürf­te, soll­ten die eben­falls san­re­moesk über­zo­ge­nen Semis den Maß­stab bil­den, indes nicht vor dem Mit­tag des Hei­li­gen Abends zu rech­nen sein.

Sce­nes from a Mall: Eugents Hut ist stets gut gefüllt.

1 Comment

  • Hihi, die Musi­ker und der Chor haben sich ver­nehm­lich in de Hose gepisst vor Lachen über die tona­len Ver­ren­kun­gen unse­rer Ergi Bre­gu-Lari­fa­ri, die selbst aber mun­ter nichts davon gemerkt hat. Sie könn­te es jedoch noch in der Schweiz ver­su­chen, da fie­le es weni­ger auf ;-))

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