Gleich zwei Balkanstaaten gaben heute ihre jeweils intern bestimmten Vertreter/innen für den Eurovision Song Contest 2018 bekannt. Die frühere jugoslawische Republik Mazedonien, die derzeit (hoffentlich!) auf eine baldige Lösung des jahrzehntelangen, ermüdenden Namensstreits mit den in dieser Angelegenheit bis zuletzt sturen Griechen zusteuert, ernannte das phonetisch clever benannte Duo Eye Cue (lies: IQ bzw. “I q” = ich qualifiziere mich [für das Finale]), bestehend aus dem Komponisten Bojan Traikovski und der Leadsängerin Marija Ivanoska. Die beiden machen seit mehr als zehn Jahren gemeinsam Musik. Und zwar, wie eine schnelle Youtube-Werkschau bestätigt, in der Hauptsache zähen, handgeklampften, midtemporären, leicht melancholischen Middle-of-the-Road-Seich (seufz). Wie sich das bei dem ebenfalls von Bojan geschriebenen Wettbewerbsbeitrag ‘Lost and found’ verhält, bleibt jedoch abzuwarten, denn der Sender will den Titel der ungeduldig mit den Hufen scharrenden Weltöffentlichkeit erst später vorstellen. Die verwendete Anpreisung “contemporary” (“zeitgemäß”) lässt jedoch nichts Gutes hoffen, übersetzt sie sich in der Regel doch als “formatradiotaugliches Gedudel”.
Eines ihrer ansprechenderen Stücke: das von der Balkan-Queen Kaliopi (MK 2012, 2016) geschriebene ‘Ne zaboravaj’ (Repertoirebeispiel).
Und auch das kroatische Fernsehen gab mit großem Brimborium und nervtötender Salamitaktik seine Grand-Prix-Repräsentantin bekannt: die 25jährige Franka Batelić, als klassische Castingshow-Else ebenfalls seit einer guten Dekade im Geschäft und bereits zwei Mal bei der DORA am Start gewesen, wo sie allerdings nie über einen Mittelfeldplatz hinaus kam. Auch sie singt, leider, auf Englisch und bezüglich der Veröffentlichung ihres Titels ‘Crazy’ müssen wir uns noch ein Weilchen gedulden. Der Song stammt aus der Feder von Branimir Mihaljević, der unter anderem für die wunderschöne Balkanballade ‘Lako je sve’ von Femminem (→ HR 2010) verantwortlich zeichnete. Kroatien reiht sich damit ein in die mittlerweile massiv anschwellende Phalanx der Eurovisionsländer, welche die Fans mit Interpret/in und Songtitel anfixen, dann aber am ausgestreckten Arm verhungern lassen, was das tatsächliche Lied angeht. Und ganz ehrlich: mir geht diese Hinhaltetaktik dermaßen auf die Nüsse, dass ich mir ab sofort fest vornehme, für all die Länder, die sich dieser Technik befleißigen, künftig auf keinen Fall mehr anzurufen.
Auf so einen schönen Balkanschlager werden wir wohl vergeblich hoffen (Repertoirebeispiel).
“Kroatien reiht sich damit ein in die mittlerweile massiv anschwellende Phalanx der Eurovisionsländer, welche die Fans mit Interpret/in und Songtitel anfixen, dann aber am ausgestreckten Arm verhungern lassen, was das tatsächliche Lied angeht.”
Deutschland treibt das sogar noch zur Perfektion und macht es gleich mit allen Vorentscheidungsliedern.…
Aber ich geb’ Dir absolut Recht – das ist nervig!
Stimmt. Deswegen werde ich auch nie wieder für Deutschland anrufen beim Song Contest! 😉
Kleine Korrektur zur Bildbeschreibung der makedonischen Vertreter: Kaliopi trat 2012 und 2016 an, nicht 2011. ;P