Per­len der Vor­ent­schei­dun­gen: Smells like old Spirits

Die frös­teln­de Illin­ca in der Sali­ne Turda.

Seit dem gest­ri­gen Semi­fi­na­le der Sel­ecția Națio­nală wün­sche ich mir drin­gend einen Sieg Rumä­ni­ens beim Euro­vi­si­on Song Con­test. Nicht auf­grund der im sie­ben­bür­gi­schen Tur­da prä­sen­tier­ten Songs – die waren durch die Bank gräus­lich, – son­dern wegen der abge­fah­re­nen Loca­ti­on, in dem die Show statt­fand und die ich auch ger­ne als Ver­an­stal­tungs­ort für den Grand Prix sähe: tief unter der Erde, in einem nicht mehr genutz­ten und zum Muse­um / zur Event-Loca­ti­on aus­ge­bau­ten Stol­len eines Salz­berg­werks fand die vier­te SN-Run­de statt. Und auch, wenn sich die Juro­rin Ilin­ca Băcilă (→ RO 2017) auf­grund der in der unge­heiz­ten Höh­le herr­schen­den Eises­käl­te in eine wär­men­de Woll­de­cke hül­len muss­te und bei der Stimm­ver­ga­be aus­sah wie E.T. auf dem Welt­raum­fahr­rad: das Set­ting war ein­fach atem­be­rau­bend! Für die Bei­trä­ge galt das lei­der weni­ger: von dritt­klas­sig bis Karao­ke­bar reich­te die Span­ne, was bei Cris­ti­an Simi­no­nes­cu, bei dem selbst die Juro­ren letz­te­res Urteil fäll­ten, schon ins Tra­gi­ko­mi­sche drif­te­te. Denn in kom­pe­ten­ten Hän­den hät­te sei­ne modern­tal­kin­ges­ke Dis­co-Kas­tra­ten-Num­mer zumin­dest noch für einen Nos­ta­gie­bo­nus gesorgt. Der bewe­gungs­leg­asthe­ni­sche und vokal über­for­der­te Mitt­fünf­zi­ger fuhr sie kom­plett an die Wand.

Release your Ener­gy”: bit­te bloß nicht (RO)!

Thea­tra­li­schen Bom­bast-Hard­rock prä­sen­tier­te die Band Lion’s Roar, des­sen lang­haa­ri­ger Front­mann es fast schon ein­mal auf die Euro­vi­si­ons­büh­ne geschafft hät­te: als Chor­sän­ger von Ovi­diu Anton, den 2016 aus­ge­wähl­ten rumä­ni­schen Grand-Prix-Reprä­sen­tan­ten, der auf­grund der Zah­lungs­un­fä­hig­keit des Sen­ders TVR lei­der zu Hau­se blei­ben muss­te. ‘Rekind­le the Fla­me’: der hin­ter die­sem Song­ti­tel ste­cken­de Wunsch ging aller­dings nicht in Erfül­lung, und das aus gutem Grund. Der put­zi­ge Tiri erwei­ter­te die Haar­mo­de um die zweizöp­fi­ge Ana­nas, eine Art von Dre­ad­lock-Iro­ke­sen. Sein gar nicht mal so schlech­ter Bei­trag ‘Deșert de Sen­ti­men­te’ (was sich nicht, wie zunächst von mir ver­mu­tet, als ‘Trau­rig stim­men­der Nach­tisch’ über­setzt, son­dern als ‘Wüs­te der Gefüh­le’) ent­hielt, wie gleich zwei Juro­rin­nen und fach­kun­di­ge Blog­ger von Euro­vi­si­on Ire­land bemerk­ten, Melo­die­bö­gen aus einem klas­si­schen Vio­lin-Stück, näm­lich der ‘Bala­da’ des 1883 ver­stor­be­nen rumä­ni­schen Kom­po­nis­ten Cipri­an Por­um­bes­cu. Was noch zu einem The­ma wer­den könn­te, denn Tiri kam ins Fina­le weiter.

Erin­nert ein biss­chen an ‘Suus’ (AL 2012), auch frisür­lich: der Tiri (RO).

Genau­so wie die vor­he­ri­ge Fan-Favo­ri­tin und tat­säch­lich ein­zi­ge Teil­neh­me­rin des Abends mit einem rich­tig guten Pop­song, die fabel­haf­te Feli, deren Par­ti­zi­pa­ti­on eine Zeit lang in den Ster­nen stand, da ihr Vater erst unlängst starb, was sie ver­ständ­li­cher­wei­se stark mit­nahm. Den­noch lie­fer­te sie mit ihrer dezent afri­ka­ni­sier­ten Elek­tro-Dance-Num­mer ‘Bună de iubit’ exzel­lent ab. Soll­te sie damit die Fahr­kar­te nach Lis­sa­bon errin­gen, was ich stark hof­fe, dann braucht es aller­dings noch etwas tän­ze­ri­sche Unter­stüt­zung – die eher ste­cken­stei­fe Dar­bie­tung ges­tern ist im Hin­blick auf die fami­liä­ren Umstän­de ver­zeih­lich und wur­de durch das auf die rie­si­ge LED-Wand pro­ji­zier­te Musik­vi­deo zum Titel gut abge­deckt. Das por­tu­gie­si­sche Fern­se­hen gab jedoch bereits bekannt, dass in Lis­sa­bon kei­ne sol­che Tech­nik zur Ver­fü­gung steht. Mit in die End­run­de kam noch eine dral­le bon­nie­tyl­e­res­ke Röh­re namens Clau­dia Andas, die für ihre ster­bens­öde Rock­pop­bal­la­de ‘The One’ rei­hen­wei­se Höchst­wer­tun­gen bei den allei­ne stimm­be­rech­tig­ten Juro­ren ein­fuhr und dar­ob in Trä­nen aus­brach: da haben sich die Bestechungs­ge­schen­ke doch ausgezahlt!

In ange­mes­sen schwar­zer Klei­dung: Feli (RO).

Vor­ent­scheid RO 2018 (4. Semifinale)

Sel­ecția Națio­nală 2018. Sonn­tag, 11. Febru­ar 2018, aus der Sali­ne in Tur­da, Rumä­ni­en. 12 Teilnehmer/innen. Mode­ra­ti­on: Cezar Oua­tu und Dia­na Dumistrescu.
#Inter­pretTitelJuryPlatz
01Ber­nice ChiţiulToo busy for my Heart1110
02Cris­ti­an SiminonescuNir­va­na0012
03Nico­le­ta ŢicalăUna Opor­tu­ni­dad4004
04Zol­tanDacă dra­go­s­tea e oarbă1208
05Ali­ce JeckelOut of the Dark1209
06Dan Man­ciue­laRază de soare0311
07Lion’s RoarRekind­le the Flame2905
08Ioa­na CiorneaTime after Time2406
09TiriDeşert de sentimente4302
10FeliBună de iubit4303
11Pau­la CrişanI am here1707
12Clau­dia AndasThe One5601

Und wer gera­de drei Stun­den Zeit hat: hier das kom­plet­te Semi aus der Sali­ne. Mit Ele­na Ghe­or­ge (‘The Bal­kan Girls’, RO 2009) als Stargast!

Nach­zu­lie­fern ist noch der Bericht vom zwei­ten Semi der Super­no­va am ver­gan­ge­nen Sams­tag (der bal­ti­sche Beamt­ensen­der lud die You­tube-Vide­os wie­der zu spät hoch). Die Let­ten neh­men bekannt­lich seit 2000 am Euro­vi­si­on Song Con­test teil, und gefühl­te 50 mal ver­such­te seit­her der als Miķe­lis Ļak­sa gebo­re­ne Mar­kus Riva, das Land dort zu ver­tre­ten. Doch auch ‘This Time’ soll­te es nicht sein. Was weni­ger an dem ziem­lich ega­len Pop­song lag, der auch nicht schlech­ter war alles ande­re bei der Super­no­va dar­ge­bo­te­ne. Nur lei­der feh­len Riva zwei essen­ti­el­le Vor­aus­set­zun­gen für einen wirk­lich guten Sän­ger: das Timing und vor allem die Stim­me. Wer sagt es ihm nur mal? Ansons­ten gab es in Riga mal wie­der Erschüt­tern­des zu sehen, so zum Bei­spiel die Girl­group Hyp­no­tic, drei auf­ge­bre­zel­te Damen, die auf dem Weg zum Trau­al­tar anschei­nend in einen Orkan gerie­ten. Bezie­hung­wei­se, noch schlim­mer, sich einen mut­maß­lich von Ralph Sie­gel ver­fass­ten Song andre­hen lie­ßen, des­sen Refrain lus­ti­ger­wei­se neben dem titel­ge­ben­den ‘Pray’ auch die Text­zei­le “Stop the War” ent­hielt. Was uns direkt zur nächs­ten Kata­stro­phe führt.

Da hilft auch kein Beten mehr: in die­sen häss­li­chen Lum­pen hei­ra­tet Euch kei­ner, Mädels (LV)!

Näm­lich in Form der Kapel­le Riga Reg­gae und ihres gleich­na­mi­gen Titels. Der nun tat­säch­lich so klang, als habe Sie­gels übli­cher Part­ner in Crime, Bernd Mei­nun­ger, den Text ver­fasst. Mit dem Song hat der Münch­ner Kom­po­nist aller­dings garan­tiert nichts zu tun: gegen ‘Stop the War U2 ist selbst ‘Lass die Son­ne in Dein Herz’ (→ DE 1987) ein musi­ka­li­sches Meis­ter­werk. Bei der trau­ri­gen Dar­bie­tung fällt mir unwei­ger­lich einer mei­ner Lieb­lings­wit­ze ein, näm­lich: Was sagt der Kif­fer, wenn er wie­der nüch­tern wird? Rich­tig: “Mach doch mal einer die furcht­ba­re Musik aus”! Im Umkehr­schluss lässt sich daher wohl ver­mu­ten, dass die Jungs von Riga Reg­gae dau­er­sto­ned sein müs­sen, wenn ihnen bis zu ihrem Super­no­va-Auf­tritt nicht auf­fiel, was für eine völ­lig bescheu­er­te Idee das war. Die Song­ti­tel­zi­ta­te gin­gen übri­gens über die­ses Bei­spiel hin­aus: der Bei­trag ‘Sun­set’ der Band In my Head ent­hielt im Refrain die Wor­te “This Time” (Mar­kus Riva), und nie­mand kann mir erzäh­len, dass der unbe­greif­li­cher­wei­se ins Fina­le dele­gier­te Titel ‘Who’s coun­ting?’ von Rit­vars kein direk­ter Kom­men­tar zu der in der Auf­tritts­rei­hen­fol­ge auch noch direkt danach star­ten­den Mon­ta und ihren ‘1000 Roses’ gewe­sen sein soll.

Was hat Bono von U2 ihnen denn eigent­lich getan (LV)?

Vor­ent­scheid LV 2018 (2. Semi)

Super­no­va. Sams­tag, 10. Febru­ar 2018, aus dem Rīgas Kino­stu­di­ja, Riga, Lett­land. 7 Teilnehmer/innen. Mode­ra­ti­on: Jus­ts Sir­man­tis + Dag­māra Legante.
#Inter­pretTitelTVJuryPlatz
01Hyp­no­ticPray5.6.05
02MadaraEsa­mi­ba2.2.01
03Mar­kus RivaThis Time1.3.02
04In my HeadSun­set7.5.06
05Rit­varsWho’s coun­ting?4.1.03
06Mon­ta1.000 Roses6.7.07
07Riga Reg­gaeStop the War U23.4.04

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