Als “düster”, “mystisch” und “spirituell” kündigte das bulgarische Fernsehen den als strenge Verschlusssache gehandhabten und massiv gehypten Beitrag des Landes für den Eurovision Song Contest 2018 an, den es heute Morgen enthüllte. Um 7:30 Uhr in der Frühe, an einem Montagmorgen, dem denkbar unspirituellsten und nüchternsten Punkt der Woche. Gutes Timing, BNT! Dementsprechend ernüchtert fielen die meisten Reaktionen auf den Titel ‘Bones’ aus. Eine etwas glibbrige Variante von Dihajs ‘Skeletons’ (→ AZ 2017), so könnte man es vielleicht zusammenfassen, dargeboten von einem Quintett mit dem Namen Equinox (Sonnenwende), deren Mitglieder – eine bulgarische X‑Factor-Siegerin, ein rumänischer X‑Factor-Teilnehmer, einer der Chorsänger des Vorjahresvertreters Kristian Kostov und zwei Amerikaner – man im mitgelieferten Lyric-Video nur schemenhaft zu sehen bekommt. Soll wohl Internationalität demonstrieren, erinnert als Konzept aber ein wenig an Ralph Siegels Retortenkappelle Six4One (→ CH 2006). Mit dem Unterschied, dass zumindest einer der Fünf, Trey Campbell nämlich, dem Komponistenkollektiv Symphonix angehört, das auch für Kostovs Silbermedaillensong verantwortlich zeichnete. Sowie für den aktuellen österreichischen Beitrag.
Könnten auch im namensgebenden US-Krimi Bones mitspielen, ob als Medizinstudenten, Kriminelle oder Opfer: Equinox.
Ein bisschen unklar bleibt, was mit der oft wiederholten Titelzeile “I love beyond the Bones” gemeint ist: besingen Equinox hier eine besonders spirituelle Weltsicht, die sich von den rein materiellen Dingen löst und sich einer universellen Energie verschreibt, einem kosmischen Einssein weit über so schnöde Konzepte wie Leben und Tod hinaus? Oder aber handelt es sich bei den Fünfen um eine Gang von besonders perfiden Leichenschändern? Ein Lob gebührt den Textern immerhin dafür, auf das Wort “Fire” mal nicht “Desire” zu reimen, sondern, ein wenig unerwartet, “Fibre”. Die dazugehörige Strophe allerdings liest sich wie der Wunsch nach einer Einäscherung bei lebendigem Leibe: so richtig scheint ihnen nicht über den Weg zu trauen sein. Doch ähnlich verwirrt wie Equinox ließ mich letztes Jahr auch Kristian Kostov zurück, gegen dessen chaotisches, aber extrem erfolgreiches ‘Beautiful Mess’ der aktuelle bulgarische Beitrag vergleichsweise aufgeräumt und wohlstrukturiert daherkommt. Reicht es also für ein ähnlich gutes Ergebnis?
Ein Ausflug ins Technik-Museum: Synthie-Nerd Jean-Michel Jarre mit seiner Vertonung der Sonnenwende, 1979.
Ich mag die Einzelstimmen, und ich denke die singen auch live sehr gut. Das gehört schon ins Finale auch wenn bei mir der Funke nicht überspringt. Ich glaube Österreich landet im Symphonix-Duell vor Bulgarien.
Und wer gewinnt den Schaas jetzt??
Israel mit dem gacker Song?
Italien oder Frankreich mit den brillanten sozialkritischen Liedern?
Südstaatenrock aus Holland?
Gar der tschechische Schul-Lausbub?
Oder gar ein portugiesischer Doppelschlag?
So confused wie lange nicht mehr…
Diesmal gehe ich mit dem Hausherrn absolut konform. Diese “Knochennummer” klingt nur vordergründig nach Dark Wave, entpuppt sich aber schnell als ziemlich blutleere Auftragskomposition. Normalerweise mag ich düster-morbide Song (wie etwa “A Monster like me”), aber das hier ist mir zu emotionslos und zu sehr auf Sieg gestylt. Da es aber der einzige Gruppenact dieser Art im ersten Semi ist, sehe ich die Qualifikationschancen relativ hoch (ich bin aber nicht scharf darauf). Ich werte mit 3 von 10 Punkten.
“Es lebe der Zentralfriedhof” ist echt köstlich, hihihi.….