Liebes georgisches Fernsehen, nur so als Tipp: wenn man schon mit voller Absicht als Letzter auf der Party einläuft, so für das standesgemäß große Entrée, dann sollte der Auftritt auch überzeugen. Gespannt waren die Erwartungen, nachdem Ihr, mit schon seinerzeit wirklich unnachahmlichem Gefühl fürs Timing, am vergangenen Silvesterabend, nur wenige Stunden vor Mitternacht, Eure intern ausgewählte Vertreter verkündetet: Iriao, eine siebenköpfige Ethno-Jazz-Band rund um den um den auch in Deutschland tätigen Komponisten David Malazonia, welche laut Eigenbeschreibung die von der UNESCO zum immateriellen Weltkulturerbe gezählte, nur im Kaukasus praktizierte polyphone Gesangstechnik des Chakrulo, eines „dreiteiligen Trinkliedes zur Vorbereitung auf die Schlacht, mit zwei reich verzierten individuellen Parts gegen einen sich langsam bewegenden Drohen-Chor“ (Wikipedia) pflegt und sie mit traditioneller Folklore, persischen Einflüssen und westlichem Jazz verschmilzt. Von all dem fehlt allerdings in dem heute endlich veröffentlichten Lied für Lissabon jegliche Spur.
Als habe Herr Malazonia ein Praktikum bei Jupiter Records absolviert: der georgische Beitrag 2018.
Die für den Contest auf fünf Mann abgespeckte Truppe (soll Raum für eine von der Song-Ödnis ablenkende Tänzerin bleiben?) begeht den klassischen Fehler so vieler vor ihr Gescheiterter und tritt mit einem eigens für den Grand Prix komponierten Beitrag an, der wenig bis nichts mit ihrem sonstigen Œuvre zu tun hat. Als eine “Mischung aus ‘Mižerja’ (→ HR 2013) und ‘Three minutes to Earth’ (→ GE 2014)” bezeichnete es Eurofire sehr treffend. Wobei sich die beiden Parts hier gegenseitig eher behindern, statt sich zu ergänzen: wo die Kroaten noch den Mut aufbrachten, ungehemmt daherzuschmalzen, bremsen die Georgier den dramatisch aufgefönten Song durch ihre Zurückhaltung aus und nehmen ihm so seine Wucht. Ein wenig klingt es, als habe ein Komponist, der seine Brötchen ansonsten mit Titelmusiken für Daily Soaps verdient, den Auftrag erhalten, eine neue Nationalhymne für das seit Kurzem unter UN-Verwaltung stehende Lampukistan zu komponieren. Da dieses beim Eurovision Song Contest jedoch nicht mit abstimmen darf, stehen die Chancen schlecht für ‘Sheni gulistvis’.
So können die Herren auch klingen (Repertoirebeispiel).
