‘Friend of a Friend’ heißt er, der Beitrag Tschechiens zum Eurovision Song Contest 2019. So das heute Mittag veröffentlichte Ergebnis des dortigen Online-Verfahrens. Acht Beiträge standen auf dem Youtube-Kanal des Senders ČT zur Auswahl, neben dem knapp einen Monat geöffneten Internetvoting durften zehn ehemalige Eurovisionsteilnehmer/innen über die Lieder abstimmen. Fünf von ihnen gaben dem Song des Trios Lake Malawi ihre Douze Points und verhalfen der nach einem See in Ostafrika benannten Band damit zum Gesamtsieg. Und warum auch nicht: ‘Friend of a Friend’ klingt, wie schon der letztjährige Beitrag des Landes, als könnte es auch im realen Popleben existieren, und das ist beim Eurovision Song Contest selten genug. Im Vergleich zum deutlich anzüglicheren ‘Lie to me’ fehlt dem Ganzen zwar der besondere Kick (sowie ein Kamel im Videoclip) und der Frontmann Albert Černý kann in Sachen Charisma auch nicht ganz mit Mikolas Josef mithalten. Dennoch gibt es keinen Anlass zum Meckern: die ganz unterhaltsame Nummer über einen ehemaligen Jugendschwarm, der jetzt eher unpassend wieder die eigenen Bahnen kreuzt, legt zumindest ein tanzbares Tempo vor und kommt somit automatisch in das Töpfchen mit den Guten.
Lebt nun wieder Tür an Tür mit Alice: Albert von Lake Malawi.
‘Friend of a Friend’ schloss im Juryvoting dank der zuletzt hinzuaddierten Stimmen des Fanclubs OGAE zwar lediglich gleichauf mit der Singer-Songwriterin Barbora Mochowa und ihrer lanadelrayesken Ballade ‘True Colors’, platzierte sich aber beim Publikum an zweiter Stelle hinter dem ehemaligen Kinderstar und späteren Straßenmusikant Jakub Ondra, der 2015 mit ‘On the Menu’ in Deutschland einen sommerlichen Radiohit hinlegte, während sein zwei Jahre später beim Stuttgarter Label Four Music veröffentlichtes Album ‘Old Town Square’ trotz einiger Promotion – sogar in den schwulen Medien – floppte. Ondras etwas fischiger Vorentscheidungsbeitrag ‘Space Sushi’ wiederum fand den einhelligen Zuspruch der Tschechinnen und Tschechen (und vermutlich auch einiger anderer Europäer/innen, denn das Online-Voting war über die Landesgrenze hinaus geöffnet), fiel aber bei den internationalen Juror/innen durch und blieb damit chancenlos. Völlig ohne Gegenliebe verendete interessanterweise der einzige Song in Landessprache, das allerdings auch arg halbgare und aggressiv präsentierte Pop-Verbrechen ‘Poslední slova tobě’ (‘Die letzten Worte an dich’) eines lippenaufgespritzten Teeniemädels namens Hana Barbara.
Die Playlist mit allen acht Titeln des tschechischen Vorentscheids 2019.
Vorentscheid CZ 2019
Eurovision Song CZ. Montag, 28. Januar 2019, Online-Verfahren. Acht Teilnehmer:innen.Interpreten | Songtitel | Televoting | Jury | Platz |
---|---|---|---|---|
Andrea Holá | Give me a Hint | 04 | 053 | 08 | 05 |
Barbora Mochowa | True Colors | 06 | 108 | 12 | 04 |
Hana Barbara | Poslední slova tobě | 01 | 045 | 04 | 08 |
Jakub Ondra | Space Sushi | 12 | 049 | 06 | 02 |
Jara Vymer | On my Knees | 02 | 040 | 03 | 07 |
Lake Malawi | Friend of a Friend | 10 | 108 | 12 | 01 |
Pam Rabbit | Easy to believe | 08 | 054 | 10 | 03 |
Tomáš Boček | Don’t know why | 03 | 049 | 06 | 06 |
So klingt aktueller realer Pop? Ich hätte das von der Synthie-Produktion jetzt in die 80er verortet.
k.A. ob das real oder aktuell ist, aber mir gefällts, genauso wie die Space Sushi.
Dieser Happen wäre vielleicht vom Song und Sänger her besser live für die Bühne geeignet.
Aber das ist vielleicht die Schwachstelle an dem tschechischen Auswahlverfahren:
man bekommt keinen Live-Eindruck von Sänger und Song, nur die perfekten Studioproduktionen serviert.
Bei einem Überflieger im Feld wie Mikolas ist das kein Problem, aber so kann man bei der Wahl auch schnell mal danebengreifen.
Das hoffe ich für den symphatisch wirkenden Albert natürlich nicht, darum good luck Tschechien!
Ist DER niiiedlich! (der Frontmann des Trios natürlich)
Davon ab klingt der Song in seiner Mischung aus modern und retro durchaus frisch, ist kurzweilig-unterhaltsam. Nicht verkopft, aber auch nicht belanglos dahinplätschernd. Kann da nichts Schlechtes zu sagen. Auch der Zweitplatzierte wäre keine schlechte Wahl gewesen.
Die Tschechen mausern sich, kein Vergleich zu den sonst gerne drögeren Beiträgen vergangener Jahre.