Nach all der Aufregung um die Ukraine kehren wir in ruhigere Fahrwasser zurück und handeln rasch die beiden noch liegengebliebenen, eher zweitrangigen nationalen Vorentscheide vom vergangenen Samstag ab, nämlich das Dansk Melodi Grand Prix und das ungarische A Dal. In ersterem setzte sich die 20jährige Eiskunstläuferin und Sängerin Leonora Jepsen im Superfinale des dänischen Vorentscheids mit 42% der Anrufe gegen die Konkurrenz durch. Ihr völlig harmloses und grundegales La-La-Liedchen ‘Love is forever’, dessen Auftakt leider frappant an die Bestie in Schlagergestalt erinnert, das unerträgliche ‘Lemon Tree’ der Pforzheimer Kapelle Fools Garden, verbreitet seine lyrischen Plattitüden gleich in vier Sprachen: im Wesentlichen natürlich in englisch, ergänzt um ein paar Einsprengsel in dänisch, deutsch (“Liebe ist für alle da”) und französisch. Macht das Ganze auch nicht besser. Jepsen schlug damit in der Goldrunde sowohl das noch egalere grönländische Duo Julie & Nina als auch den herrlich tragisch veranlagten Sigmund Trondheim, im Lande bekannt von seiner Teilnahme an der TV-Show Danmark har Talent und vom Copenhagen Pride, der mit dem vollkommen hoffnungslosen, aber grandios futtigen ‘Say my Name’ den einzigen auch nur im entferntesten unterhaltsamen Beitrag des Abends im Gepäck hatte.
Eine 12 auf der Haldor-Lægreid-Skala: diese Darbietung enthält nicht ein einziges heterosexuelles Atom!
Vorentscheid DK 2019
Dansk Melodi Grand Prix. Samstag, 23. Februar 2019, aus Herning. 10 Teilnehmer:innen. Moderation: Kristian Gintberg und Johannes Nymark.# | Interpreten | Songtitel | Televoting | Superfinale | Platz |
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01 | Simone Emilie | Anywhere | x | - | - |
02 | Jasmin Gabay | Kiss like this | x | - | - |
03 | Rasmus Faartoft | Hold my Breath | x | - | - |
04 | Marie Isabell | Dancing with you in my Heart | x | - | - |
05 | Sigmund | Say my Name | –> | 23% | 03 |
06 | Humørekspressen | Dronning af baren | x | - | - |
07 | Julie & Nina | League of Light | –> | 35% | 02 |
08 | Teit Samsø | Step it up | x | - | - |
09 | Leeloo | The Vibe | x | - | - |
10 | Leonora | Love is forever | –> | 42% | 01 |
Eine Eisläuferin im BDM-Schick senden die Dänen nach Tel Aviv.
Den so dringend ersehnten, versöhnlichen Abschluss eines weiteren Katastrophenwochenendes steuerten dann die Ungarn bei, deren altbekanntes Auswahlverfahren A Dal in diesem Jahr vor alten Bekannten nur so strotzte. Einer von ihnen gewann schließlich: der schöne Roma Joci Pápai, der 2017 mit ‘Origo’ eine der am stärksten bewegenden, herzzerreißenden Grand-Prix-Balladen aller Zeiten zum Contestgeschehen hinzufügte, wird uns auch 2019 mit seinem Anblick und Gesang erfreuen. ‘Az én Apám’ (‘Mein Vater’) ist eine lyrisch nicht minder anrührende Ode an seinen Altvorderen, und auch wenn sie vielleicht ein bisschen zu arg die alten Zeiten heraufbeschwört und musikalisch gegenüber seinem achtplatzierten Eurovisionsbeitrag aus dem Vorvorjahr ein kleines bisschen abfällt, so nimmt sie doch in meiner persönlichen Hitliste dieses Jahrgangs mangels Konkurrenz gewissermaßen automatisch den zweiten Rang hinter Italien ein. Joschi setzte sich bereits bei der Juryabstimmung direkt an die Spitze, die im Superfinale der letzten Vier alleine abstimmungsberechtigten Zuschauer/innen bestätigten dann die Wahl. Ein bisschen fies: Gergő Oláh, der für den wegen dreisten Plagiats disqualifizierten Petruska ins Finale nachrücken durfte, erhielt dort von den Juroren nicht einen einzigen Punkt.
Wandelt auf den Pfaden von Sandie Shaw: Joci Pápai performt barfuß. Vielen Dank dafür!
Vorentscheid HU 2019
A Dal. Samstag, 23. Februar 2019, aus Budapest, Ungarn. Acht Teilnehmer:innen. Moderation: Freddie und Bogi Dallos.# | Interpreten | Songtitel | Jury | Televoting | Platz |
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01 | Acoustic Planet | Nyári zápor | 22 | x | 02 |
02 | Gergő Oláh | Hozzád bújnék | 00 | – | 08 |
03 | Bence Vavra | Szótlanság | 20 | x | 03 |
04 | The Middletonz | Roses | 08 | – | 06 |
05 | Gergő Szekér | Madár, repülj! | 12 | – | 05 |
06 | Bogi Nagy | Holnap | 16 | x | 04 |
07 | Joci Pápai | Az én Apám | 26 | 01 | 01 |
08 | Fatal Error | Kulcs | 08 | – | 07 |
Kurz und schmerzlos. Danke
Mir gefällt das vom Hausherrn geschmähte Liedchen von Leonora. Im bisher feststehenden schwachen Feld reicht es tatsächlich für einen Spitzenplatz.
Nach dem Rückzug des ukrainischen Beitrags
Italien 9/10
Ungarn 8/10
Dänemark 7/10
Albanien 7/10
Spanien 6/10
Estland 6/10
Slowenien 5/10
Rumänien 4/10
Litauen 3/10
GB 3/10
Deutschland 2/10
Tschechien 2/10
Lettland 2/10
Frankreich 1/10
Australien 0/10
Montenegro 0/10
Kroatien 0/10
In dem bis jetzt recht erschreckend schwachen Jahrgang 2019 ist Dänemark ein Lichtblick für mich. Okay, Ungarn ist auch ganz schön. Gefällt mir sogar besser als 2017.
Dänemark und Ungarn schaffen es hinter Italien auch in meine Top 3. 🙂
Die Ukraine hätte es davor geschafft, aber der Drops ist ja jetzt gelutscht (der Jahrgang ist verflucht!).
Und die Überschrift zu diesem Artikel ist genial! 😀
Noch x 2 langweilige Songs; Gottseidank haben wir dafür immerhin unterhaltsame Berichte – danke, Oliver!
Da möchte ich mich 4porcelli anschliessen. Nicht nur, dass ich “Love Is Forever” (Wahnsinnseinfall von einem Songtitel!) im Gegensatz zum letztjährigen DMGP Zweitplatzierten und auch schon stark zuckrigen “Starlight” die Grenze des Erträglichen deutlich sich lässt, oh nein, obendrein wird der Song hier auch noch mehrfach als Top3 Material geführt. Also SO schlimm ist der Jahrgang bisher auch nicht – da höre ich mir unsere Siegel-Schwestern aber dreimal lieber an!
Aber alle Hoffnung liegt nun vor allem bei den Isländern, denn dort ist es leider tatsächlich so, dass der Hass nur siegen kann – so oder so.
Joci dieses mal weniger dramatisch aber auch wieder eine sehr schöne Nummer ++
Macht Leonora mit dem Song schon Werbung für fettarme Magarine oder muss Sie damit warten bis der ESC vorbei ist?
@ Frédéric
Ich fand “Starlight” viel schlimmer als “Love is forever”. Aber das ist wohl persönlicher Geschmack.