Rank and File 2019: Platz 21 – The Dream

Falls der kroa­ti­sche Sen­der HRT glaub­te, mit der gnä­di­gen Direkt­no­mi­nie­rung des frü­he­ren Dora-Dau­er­gas­tes Jac­ques Hou­dek für den ESC 2017 sei man die mensch­li­che Kano­nen­ku­gel nun für immer los, so sah man sich getäuscht. Zum in die­sem Jahr nach län­ge­rer Pau­se wie­der auf­ge­leg­ten Vor­ent­scheid kehr­te er als Kom­po­nist zurück – und gewann fulminant.

Platz 21: Kroa­ti­en – Roko Blaže­vić: The Dream (Der Traum)

Für sei­ne aktu­el­le Song-Mons­tro­si­tät bedien­te sich der beleib­te Song­schrei­ber eines stimm­star­ken, zar­ten Jüng­lings, dem er zu allem Über­fluss auch noch ein paar manns­ho­he Engels­flü­gel umschnall­te, so als wol­le er alle Welt mit Gewalt auf die mehr als sub­til homo­ero­tisch-pädo­phi­le Ader sei­ner künst­le­ri­schen Zusam­men­ar­beit mit dem gera­de erst Voll­jäh­ri­gen hin­wei­sen. Und prompt schaut der zwei­spra­chig auf eng­lisch und kroa­tisch vor sich hin sül­zen­de Sän­ger zwi­schen­drin auch noch der­ma­ßen ver­schmitzt grin­send in die Kame­ra, dass es sämt­li­chen katho­li­schen Wür­den­trä­gern spä­tes­tens an die­ser Stel­le die Sou­ta­ne sprengt. Selbst als mit allen Was­sern gewa­sche­ner, lang­jäh­ri­ger Grand-Prix-Fan steht man mit vor Stau­nen weit offe­nem Mund vor die­ser Dar­bie­tung, die in ihrer kit­schi­gen Scham­lo­sig­keit ihres Glei­chen sucht, und weiß nicht, ob man lachen, wei­nen oder sich Augen und Ohren zuhal­ten soll. Doch so sehr es einen graust, man muss Hou­dek auch wider­wil­lig Respekt zol­len. Nie­mand suhlt sich so scham­los im Kitsch wie er, und nie­mand meint das so unironisch.

Bis zur Minu­te 1:50 will man das Jugend­amt anru­fen, danach erst recht: Roko beim Dora-Auftritt.

Glaub­te man, mit Hou­deks ver­steck­ter Coming-Out-Hym­ne ‘My Fri­end’ sei der Gip­fel des schlech­ten Geschmacks bereits erreicht gewe­sen, so belehrt einen die kroa­ti­sche Wucht­brum­me hier eines Bes­se­ren. Und es gehö­ren schon Cojo­nes (oder zumin­dest eine gute Ver­drän­gung) dazu, mit so einer Num­mer bei Euro­pas größ­tem Pop-Wett­be­werb anzu­tre­ten, wohl wis­send, dass man als neu­es­te Attrak­ti­on im Kurio­si­tä­ten­ka­bi­nett aus­ge­stellt wird bzw. als lied­ge­wor­de­nes Schreck­ge­spenst in der Geis­ter­bahn des Grand-Prix-Rum­mel­plat­zes. Und natür­lich lie­ben ech­te Fans den Wett­be­werb ja gera­de für sei­ne musi­ka­li­schen Unfäl­le und für die tra­gi­schen Miss­grif­fe bei Kos­tü­mie­rung und Insze­nie­rung. Ande­rer­seits kommt ‘The Dream’ als Gesamt­pa­ket viel zu deut­lich kal­ku­liert her­über, um es wenigs­tens auf iro­ni­sche Wei­se gou­tie­ren zu kön­nen. So bleibt am Ende im Span­nungs­feld zwi­schen Guil­ty Plea­su­re und Brech­mit­tel mit viel gutem Wil­len die Top-Plat­zie­rung im Block mit den über­flüs­si­gen Bei­trä­gen, mit Ver­ständ­nis für Jede/n, der/die bei die­ser Num­mer schrei­end davon­läuft. Man hät­te sich gewünscht, Hou­dek hät­te den Wink des Sen­ders mit der Direkt­no­mi­nie­rung von zwei Jah­ren verstanden.

Wer es bereits erfolg­reich ver­drängt hat: hier singt der Kom­po­nist sei­nen dama­li­gen ESC-Bei­trag im Med­ley als Duett mit sei­nem “Schütz­ling”.

Semi: 2. Final­chan­cen: nope. Das ist selbst für die Jurys zu abgeschmackt.

Bes­te Lied­zei­le / bes­ter Ver­hö­rer: “The City’s extre­me”, “To pull a World tog­e­ther, out of the Bart” – Rokos ver­wa­sche­ne Aus­spra­che sorgt für eini­ge Schmunzler.

In wel­che Kate­go­rie fällt ‘The Dream’ für dich?

  • Uner­träg­lich. (62%, 58 Votes)
  • Ver­zicht­bar. (21%, 20 Votes)
  • Ganz nett. (14%, 13 Votes)
  • Ein Traum! (3%, 3 Votes)

Total Voters: 94

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7 Comments

  • Ohne flü­gel, dafür nur kroa­tisch. Dann wärs rich­tig gut. Aber bei mir drängt sich immer das bild von hou­dek und dem armen roko im dark-room auf.

  • der Renn­sat­tel des Grauens!!
    Wel­che inne­re Jury hat das denn bei dir auf Platz 21 gehievt?

  • Ja, da muss ich auch mal ein­ha­ken: Platz 21 – see­ehr großzügig.
    Hat Jaques Hou­dek mit einem Besuch bei dir gedroht bei einer Plat­zie­rung nicht wenigs­tens ziem­lich genau mittig?

  • Da über­rascht mich die gnä­di­ge Plat­zie­rung vom oft bis­si­gen Haus­herrn sehr…

    Mich erin­nert das Gesäu­sel an die Hin­ter­grund­mu­sik von bil­li­gen Sex­film­chen Ende Acht­zi­ger, Anfang Neun­zi­ger. Zudem wirkt Roko auf mich wie 35, dabei ist er 2001 geboren.…

    Hou­dek kann dann kurz mit Net­ta knut­schen und hin­ter­her mal wie­der den Moral­apos­tel spie­len, weil Euro­pa sein ach so tol­les Meis­ter­werk igno­riert hat.

    Aller­dings fin­de ich “Home” mitt­ler­wei­le noch schlimmer.

  • Ach Kroa­ti­en, wenn ich dar­an den­ke dass sie der Euro­vi­si­ons­ge­mein­de Künst­ler wie Dani­je­la und Doris Dra­go­vic geschenkt haben dann ist die­ser Bei­trag ein ziem­li­cher Schlag in die Magengrube.

    Das Eng­lisch passt hier ein­fach gar nicht in den Song, und die Per­for­mance mit den Engels­flü­gen lässt mir das Früh­stück noch­mal duch den Kopf gehen!!

    Ne, ist gar nicht meins!!

  • Nach­dem ich mei­ne Schock­star­re beim erst­ma­li­gen Höh­ren über­wun­den habe:

    Eine Bal­kan Kitsch-Schmalz­num­mer beim ESC muss sein, und mir gehts wie Rai­ner, unbe­dingt auf Kroatisch!
    Könn­te trotz Beginn auf Eng­lisch einer von vie­len Schock-Qua­li­fi­kan­ten in die­sem Jahr wer­den, sin­gen kann er ja ausgezeichnet.

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