Eigentlich hat der russische Superstar Sergey Lazarev ja bereits den ESC gewonnen. 2016, bei seiner Erstteilnahme, wo er im Zuschauervoting regelrecht abräumte. Aus politischen Gründen stahl ihm die Jury jedoch den Sieg und schanzte ihn ausgerechnet dem Erzfeind Ukraine zu. Gelingt es dem durchtrainierten Sehrgay nun, wie weiland Dima Bilan im zweiten Anlauf die Krone zu erringen?
Platz 23: Russland – Sergey Lazarev: Scream (Schrei)
Die Ukraine jedenfalls strich schon mal die Segel und schoss sich die ausgewählte Kandidatin Maruv, fraglos eine der stärksten Mitbewerber/innen auf den Grand Prix, sicherheitshalber selbst weg. Ein bisschen voreilig vielleicht, denn direkt nach der Veröffentlichung von Sergeys Wettbewerbstitel sank sein bis dahin hell funkelnder Stern bei den Buchmachern rapide. Und das mit Recht. ‘Scream’ ist zwar, das muss man dem Russen lassen, eine starke, vielschichtige Ballade mit dramatischen Streichern und einer nicht minder dramatischen Melodieführung, die für Sergey und seinen Begleitchor massenhaft harte Belastungsproben für die hoffentlich gut geölten Stimmbänder bereithalten und die Raum für eine bombastische Inszenierung bietet. Feuchte Höschen bei den Juror/innen sind also garantiert, und vermutlich sehen diese deswegen sogar über das arg antiklimatische Songfinale und die eklatante Refrainschwäche des Liedes hinweg, das getreu seines Titels anstelle eines mitreißenden Kehrreimes lediglich einen röchelnden Schrei offeriert. In der aufrechtgehn.de-Wertung kann es jedoch lediglich für einen Platz in der zweiten Hälfte reichen, denn ich will von dem schnuckeligen Popstar mit dem Hang zu nackter Haut natürlich nur eine bis aufs Mark durchchoreografierte, fröhlich-fluffige Uptempo-Nummer hören und sehen, aber doch um Himmels Willen keine Depri-Ballade!
Die Welt ist ein düsterer und gefährlicher Ort, aber der russische Fährmann bringt uns sicher durch die schwarze Nacht und tötet für uns alle Drachen: Sergeys Videoclip spart nicht an starken Bildern.
Semi: 2. Finalchancen: Brauchemergarneddrübberredde. Es ist Russland, es ist Sergey, die Nummer ist ein Jurystimmenschwamm und auch die Balladenfreunde unter den Fans werden ihn mit Anrufen überhäufen.
Beste Textzeile: über “I’ll swallow hard” wurde jetzt schon oft genug anzüglich gekichert, auch von mir. Wie wäre es zur Abwechslung mit dem kruden Reim “My Eyes will be Liars / and they try to stay drier”? Da bleibt kein Auge trocken – von trockener erst gar nicht zu reden!
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Es ist nicht nur “I’ll swallow hard”, sondern auch “my throat is on fire” – erst im Zusammenspiel dieser beiden Zeilen kommt der Text richtig zur Geltung.
Wobei der Text, wie bei Kir-Kon üblich, ganz schlimmes sinnfreies Englisch ist. Aber sinnfreie Unterhaltung im Disney-Stil wird ja als Ablenkung für die Massen bei Regimes wie dem des russischen Schurkenstaates gern genutzt. Passend dazu dann auch der männliche Zarah Leander, der hier wieder als schwulenfreundliches Gesicht vorgeschoben wird.
Politisch unkorrekt, ich weiss. Aber irgendwie mag ich den Titel, eben wegen der Dramaturgie. Ich möchte auch nicht mehr einen ESC aus Russland sehen, war mir zu verlogen pompös 2009, auch wenn die Songs exzellent waren. Aber ich glaube auch nicht, dass Russland dieses Jahr gewinnen wird. TOP 10 ist aber sehr wahrscheinlich.
Sergey, I have a very unpleasant question for you.…
Durch die politische Farce, die der ESC 2016 war, rutscht der Beitrag bei mir ein paar Plätze höher. Aber für die Top 10 reichts immer noch nicht. Trotzdem schön, ihn wieder auf der ESC Bühne zu sehen.
Ich trau es mich kaum zu schreiben, aber das ist bei mir ganz ganz GANZ weit oben!
Ich finde ja, man kann das gar nicht als Ballade bezeichnen sondern eher als Dramolett. Ist mir alles viel zu dicke und die Melodie ist auch nicht wirklich schön. Kein Winner, hoffe ich zumindest.
Ich finde auch, dass “Scream” einer der stärksten Songs des Jahres ist, seltsamer Text hin oder her. Dass der Refrain nur aus dem einen Wort besteht, finde ich eher cool als schwach, und Sergey holt aus dem Song natürlich alles raus.
Meine einzige Sorge ist der Auftritt, der schon vor drei Jahren dafür sorgtedass Sergey nur mein Platz 10 und nicht höher war. Nach der doch recht lauten Kritik am Song will ich gar nicht wissen, was das russische Fernsehen dieses Jahr unternehmen wird, um davon abzulenken…
Ich hatte ja Befürchtungen und das Video scheint es zu bewahrheiten: Der Auftritt wird höchstwahrscheinlich total überinszeniert, sodass mir trotz durchaus sehr passablem Song von Viertelminute zu Viertelminute übler werden wird.
Aber vielleicht haben sie ja aus dem letzten Mal gelernt, was ich nicht glaube, weil sie durch das gewonnene Publikumsvoting wohl immer noch glauben, viel, viel, viel mehr ist mehr.
Sicher kommt wieder was völlig ubertriebenes; Laserboy besiegt einen Drachen oder so.
Ich war schon 2016 kein großer Fan von Sergey und in den drei Jahren hat sich daran nicht viel geändert. Auch dieser Song ist für mich bestenfalls durchschnittlich und wird aber wahrscheinlich durch eine ziemlich aufgeblasene Bühnenshow recht weit vorne landen. Weniger ist manchmal halt doch eben mehr, aber dieses Sprichwort ist in Russland wohl unbekannt.