Gerade mal drei Songs für sechs namenlose Teilnehmer/innen: zwar stellte die ARD, eine der finanzstärksten öffentlich-rechtlichen TV-Stationen der Erde, bereits vor zwei Jahren unter Beweis, dass eine solche Discount-Vorentscheidung nicht funktioniert. Aber die bockigen Briten erweisen sich beim Eurovision Song Contest als genau so vernunftresistent wie beim Brexit: sie wiederholten diesen Fehler mit Eurovision: you decide erneut.
Platz 25: Großbritannien – Michael Rice: Bigger than us (Größer als wir)
Und so vertritt nun ein dicklicher, etwas ungelenk wirkender Junge, im echten Leben Besitzer eines Waffel-Shops, die zu ihren längst vergangenen Glanzzeiten einstmals kulturell wie kommerziell führende europäische Pop-Nation beschämenderweise mit einem Allerweltssong aus schwedischer Feder. John Lundvik, der aktuelle Repräsentant aus dem Land der Elche, hatte das von ihm mitverfasste ‘Bigger than us’ ursprünglich als einen von zwei Vorschlägen zum Melodifestivalen eingereicht, sich dann aber auf Rat von Christer Björkman für den stärkeren seiner zwei Titel entschieden und löste mit ‘Too late for Love’ denn auch das Ticket nach Tel Aviv, wo er nun gewissermaßen doch mit beiden Liedern vertreten ist. Und so passt es ins Bild, dass neben der fabelhaften Mel Giedroyc der Schwedenhappen Måns Zelmerlöw den Vorentscheid des Königreichs moderierte – und mit einem halbnackt vorgetanzten Medley britischer Eurovisionserfolge aus dem vergangenen Jahrtausend auf charmante Art und Weise noch Salz in die Wunde rieb. Denn seit dem Millennium hat das UK halt schlichtweg nichts mehr zustande gebracht und das Zepter wohl oder übel an Schweden weitergereicht.
Marija Šerifovićs jüngerer Bruder: Michael Rice beim Vorentscheidungsauftritt.
Nun ist ‘Bigger than us’, vor allem in der Studiofassung, kein schlechter Song: er verfügt über einen wenn auch nur schwach messbaren Puls, eine leicht merk- und mitsingbare Melodie und sogar – oh kniet mit mir, dies selt’ne Glück zu preisen! – einen von weitem schon eindeutig als solchen erkennbaren Refrain. Sowie über ein großes, aufwallendes Finale (das übrigens, dieser kleine Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung der britischen Delegation sei mir gestattet, zur optischen Unterstützung zwingend nach einem Funkenregen verlangt), bei dem sowohl Michael als auch sein vierköpfiger Begleitchor nochmal alles geben und dem Titel sogar einen winzigen Funken Soul abringen. Man möchte gar nicht drüber nachdenken, was erst der Original-Künstler aus der Nummer hätte machen können! Denn im Fernsehen leidet das Lied deutlich unter der offensichtlichen Unerfahrenheit seines jetzigen Interpreten, die er mit grauenhaftem Overacting zu überdecken sucht. Peinlich für eine Pop-Nation wie Großbritannien, aber auch symptomatisch für das hilflose Desinteresse, mit dem die BBC den Wettbewerb seit Jahren behandelt. Und ja, ich weiß: Glashaus, Steine und so weiter. Um mit einer versöhnlichen, wenn auch bittersüßen Note zu enden: schön, dass sich das Königreich am Vorabend seines voraussichtlichen Austritts aus der EU mit einem Eurovisionsbeitrag vom Festland verabschiedet, das schon im Titel die Idee der Union als ein Konstrukt, das größer ist als die Summe seiner Einzelteile, ein letztes Mal gebührend würdigt. Ja, wir werden euch auch vermissen, liebe Briten. Sehr.
Größer als du und ich: Michael, die singende Reiswaffel, beim EiC in Amsterdam. Oh weh.
Chancen im Finale: das läuft wohl wieder auf eines der üblichen Ergebnisse für das Königreich hinaus. Eine 2 steht da auf jeden Fall davor.
Beste Liedzeile / bester Verhörer: “Cause I can feel the Universe / when I’m feeding you Weed” im Refrain. Naughty naughty, very naughty!
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Ein harmonischer Beitrag, weil jedes Element fein aufeinander abgestimmt ist, ein Rädchen greift exakt ins andere: Er besticht in seiner Gesamtheit durch das gewisse Nichts.
Tja, auch dieses Jahr leider keine Besserung bezüglich Großbritannien. Erneut schicken die Briten einen dermaßen faden “Song” zum Wettbewerb, der besonders am Schluss leider ganz schlimm wie ein DSDS-Siegertitel klingt. Der Sänger klingt stimmlich zwar ganz ok, hat aber leider so viel Ausstrahlung wie ein nasses Küchentuch und wirkt auf der Bühne so verschüchtert wie ein Viertklässler bei einem Auftritt am Schulfest. Ne, das ist auch dieses Jahr wieder ein heißer Kandidat für die rote Laterne!!
Generell regt mich Großbritannien beim ESC schon seit Jahren auf!! Man merkt ganz deutlich dass die BBC eigentlich gar keine Lust mehr auf dem Wettbewerb hat und sich jedes Jahr nur noch aus reiner Gewohnheit anmeldet. Und so klingen meistens auch die Titel, fade Dutzendware vom Grabbeltisch die die meisten Künstlrer noch nicht mal als Fülltitel aus ihr Album packen würden. Vorgetragen werden diese Songs meistens von gescheiterten Castingshowteilnehmern bzw. von Personen die es nicht mal soweit gebracht haben, die dann nach der erwartbaren Klatsche so schnell wieder in der Versenkung verschwinden wie sie aufgetaucht sind. Besonders wenn man bedenkt wie viele tolle Künstler das Königreich hervorgebracht hat stimmt das einem ziemlich traurig, aber die wollen sich natürlich alle nicht die Karriere vermasseln lassen indem sie an einem Wettbewerb teilnehmen der in der Öffentlichkeit so dermaßen verbrannt ist und dort einen der letzten Plätze belegen.
Ganz ehrlich?? Wenn das so weitergeht dann folgt in einigen Jahren noch der ESC-Brexit!!
Ganz, nett, das Liedchen, aber es haut mich nicht wirklich aus den Socken.
Trinkspiel, einfach mal bei dem Wort “Bigger” einen kippen. Ich verstehe es nicht, dass Länder, deren Muttersprache Englisch ist, es nicht hinbekommen einen anspruchsvollen Text zustandezubringen, wie es Italien, Ungarn oder auch Albanien dieses Jahr unter Beweis stellen. UK, Australien (Stone in My shoe?!?), Malta (I‘m bluer than the ocean) sollten sich echt schämen!
Ich weiss ja nicht, wieviel am samstag abend an hochstehenden texten interessiert sind. Ich nicht.
Mir gefällt “bigger than us“ganz gut und ich wünsche michael rice einen top15 platz.
Interessant, ich seh’s genau andersrum: Michael Rice singt den John Lundvik-Song mit der Leidenschaft, die John Lundvik bei seinem anderen Song vermissen lässt und ich würde annehmen, dass sich Too Late For Love von Michael Rice gesungen noch besser anhören würde.
Discout-VE ! Vielen Dank an den Hausherrn, so kann man diese provinzielle Valiumshow namens “You Decide” nicht bezeichnen. GB und DE dann im Rennen um den letzten Platz.… OK, es könnte auch Opera Part 2 (“Home”) ganz hinten landen.
Eigentlich sind die Briten beim ESC mittlerweile verzichtbar. Sowohl ihrer Sprache und ab und zu auch innovativen Klängen bedienen sich mittlerweile genügend anderer Länder, leider auch an Castingsternchen .…