Rank and File 2019: Platz 5 – Az én Apám

Sal­va­dor Sobral, der Sie­ger von 2017, ant­wor­te­te erst unlängst auf eine (ziem­lich über­flüs­si­ge) Inter­view­fra­ge, dass er nicht zwin­gend noch­mal am ESC teil­neh­men möch­te. Ande­re Künstler/innen zieht es hin­ge­gen immer wie­der zurück auf die gro­ße euro­päi­sche Büh­ne, die­ses Jahr allei­ne sind es sechs Wiederkehrer/innen. Zu ihnen zählt auch mein

Platz 5: Ungarn – Joci Pápai – An én Apám (Mein Vater)

Der schö­ne Joschi steu­er­te im Jahr des Sobral-Siegs die hoch­gra­dig ergrei­fen­de Schmer­zens­bal­la­de ‘Ori­go’ zum Gesche­hen bei und erreich­te damit eine der weni­gen Top-Ten-Plat­zie­run­gen des Lan­des. Sein aktu­el­ler Bei­trag folgt einem Trend der bei­den letz­ten Jah­re, ist es doch ein Lied über sei­nen Vater. Aller­dings han­delt es sich nicht um eine bit­te­re Abrech­nung wie bei sei­nen Nach­fol­gern, der unga­ri­schen Rock­band AWS, oder beim dies­jäh­ri­gen ita­lie­ni­schen Kon­kur­ren­ten Mah­mood, son­dern um eine zärt­li­che Elo­ge, eine lie­be­vol­le Erin­ne­rung an sei­nen ver­stor­be­nen Seni­or und die schö­nen, sorg­lo­sen Zei­ten der Kind­heit, die er mit sei­nem Song wie­der zum Leben erweckt. Das klän­ge bei­na­he ein biss­chen kit­schig, wäre das – musi­ka­lisch ver­gleichs­wei­se simp­le und fröh­li­che Lied­chen – nicht durch­zo­gen von einer lei­sen, unauf­dring­li­chen, aber dadurch um so prä­sen­te­ren Melan­cho­lie. Erneut stellt Pápai unter Beweis, das man die Spra­che nicht ver­ste­hen muss, um die Inten­ti­on des Künst­lers zu ver­ste­hen; dass Musik direkt das Herz berüh­ren kann. Den Auf­tritt beim natio­na­len Vor­ent­scheid A Dal, wo er sich unter ande­rem gegen den eben­falls vom ESC bekann­ten András Kál­lay-Saun­ders durch­setz­te, bestritt Joci wie wei­land San­die Shaw bar­fuß und ohne Begleittän­ze­rin, was die Inti­mi­tät sei­nes Bei­trags noch verstärkte.

Schlicht, aber stim­mungs­voll: Joci bei A Dal.

Das zwi­schen­zeit­lich nach­ge­scho­be­ne Musik­vi­deo visua­li­siert die Geschich­te auf berüh­ren­de Wei­se, in dem es einen trau­ri­gen jun­gen Mann (offen­sicht­lich der Prot­ago­nist in jün­ge­ren Jah­ren, nach dem Tod sei­nes Vaters) auf der Suche zeigt, der am Schluss mit Hil­fe eines in den Him­mel gerich­te­ten Bea­mers die Ver­bin­dung wie­der her­stel­len möch­te. In Zwi­schen­schnit­ten kehrt der heu­ti­ge, erwach­se­ne Joci in das mitt­ler­wei­le leer­ste­hen­de Haus sei­ner Kind­heit zurück, um dort sein Erin­ne­rungs­lied zu sin­gen und zu pfei­fen. Ja, rich­tig: pfei­fen. Denn als Ser­vice­teil für alle wie mich nicht des Unga­ri­schen Mäch­ti­gen bau­te Pápai neben einem mit­singba­ren “Na na na”-Part auch eine Lip­pen­spitz-Bridge ein. Bei­des hät­te es nach mei­nem Dafür­hal­ten nicht zwin­gend gebraucht, es macht den Song aber ein biss­chen zugäng­li­cher. Um so bedau­er­li­cher, dass der magya­ri­sche Rück­keh­rer ver­mut­lich dem “Letz­tes Mal war’s aber besser”™-Fluch zum Opfer fal­len wird. Denn wie etli­che ent­spre­chen­de Rezen­sio­nen bereits erah­nen las­sen, zieht natür­lich Jede/r umge­hend den Ver­gleich zu ‘Ori­go’, frag­los eine der schöns­ten beim Grand Prix jemals prä­sen­tier­ten Schmer­zens­bal­la­den, und den kann das völ­lig anders struk­tu­rier­te ‘Az én Apám’, das gar kei­ne Fort­set­zung des 2017er Bei­trags sein möch­te, nur ver­lie­ren. Damit tut man der schlich­ten Schön­heit von Jocis Vater­bal­la­de aber Unrecht.

Eine fesche Leder­maid: der Joschi im Musikvideo.

Semi: 1. Final­chan­cen: Machen wir uns nichts vor: die Welt ist unge­recht. Die Erin­ne­rung an ‘Ori­go’ ist noch zu frisch und die Fans sind viel zu sehr aufs Ver­glei­chen fixiert, als dass sie sich hier­von frei­ma­chen könn­ten oder woll­ten. Pápai wird es heu­er schwer haben, auch nur ins Fina­le ein­zu­zie­hen. Ich hof­fe und bete, dass er es den­noch schafft, aber mei­ne Hoff­nung ist gering.

Bes­te Text­zei­le: “Játs­za­ni így volt szép” (“Das war so toll, zu spie­len”). Hach.

In wel­che Kate­go­rie fällt ‘Az én Apám’ für dich?

  • Wun­der­schön. (51%, 53 Votes)
  • Ganz nett. Letz­tes Mal war’s aber bes­ser. (33%, 34 Votes)
  • Ver­zicht­bar. (12%, 12 Votes)
  • Uner­träg­lich. (5%, 5 Votes)

Total Voters: 104

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2 Comments

  • Ja, es ist tat­säch­lich nicht leicht, ein Nach­fol­ge-Lied zu fin­den, wel­ches sei­nem Vor­gän­ger das Was­ser rei­chen könn­te. Aber das ist sicher auch nicht die Inten­ti­on gewe­sen. Auch wenn das ers­te Lied wun­der­schön und zu einer der Per­len der Euro­vi­si­on gewor­den ist; so ist auch der “Nach­fol­ger” ein wun­der­schö­nes und eigen­stän­di­ges Lied , was es ver­dient, im Fina­le vor­ne mit zu spie­len. Die Melo­die, die Spra­che, der Auf­tritt … alles ist stim­mig. Ich drü­cke die Dau­men. .. so etwas braucht der ESC.

  • Also ich war ja 2017 ein gro­ßer Fan von “Ori­go”, die­ser Song reicht da lei­der nicht ganz ran. Den­noch hat die Melo­die auf mich eine hyp­no­ti­sche Wir­kung, kei­ne Ahnung wieso.

    Hof­fe aber den­noch auf einen Finaleinzug.

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