Auf wenig Gegenliebe stieß der nächste Titel im aufrechtgehn.de-Ranking bislang in den internationalen Fan-Foren. Von daher bin ich mal auf Eure Reaktionen gespannt auf meinen
Platz 9: Polen – Tulia: Pali się (Es brennt)
Zugegeben: auch bei dem vom unter der Knute der autokratischen polnischen Rechts-Regierung stehenden Sender TVP intern ausgewählten Beitrag handelt es sich um einen Marmite-Song, also ein Lied, das man augenblicklich hasst oder liebt. Von denen gibt es 2019 gar nicht so wenige, und das alleine ist schon mal ein sicheres Zeichen für einen guten Jahrgang. Die vier stets in traditionellen Trachten auftretenden Damen um die Namenspatronin Tulia Biczak bedienen sich einer steinalten slawischen Gesangstechnik, die auf pop-orientierte westliche Ohren monoton und anstrengend wirken mag. Dass sie dies mit einer komplett stoischen Mimik tun, verstärkt noch den kalten, abweisenden Eindruck. Und doch geht von ihrem auf so ruppige Weise vorgetragenen, heißen Liebesflehen eine eigenwillige, befremdliche Faszination aus. Gerade weil man nichts versteht: das Quartett singt weitestgehend in Landessprache. Würde die mir zur Exegese zu Rate gezogene Seite Lyricstranslate den polnischen Titel mit ‘Verbrennt die Linken’ übersetzen, würde ich es auch glauben, einfach weil der Act in seiner Gesamtheit wirkt und klingt wie der Sound zum gesellschaftlichen Rollback. Und dennoch kann ich mich nicht dagegen wehren, dass er sich sofort in meinen Gehirnwindungen festsetzt.
Der polnische Beitrag bettelt nicht darum, zu gefallen. Das ist ungewohnt und mutig in den Zeiten der sozialen Netzwerke, wo es nur noch um Likes geht.
Semi: 1. Finalchancen: ähnlich wie Albanien schert sich Polen dieses Jahr nicht ums internationale Ankommen, sondern betreibt einen Akt der kulturellen Selbstbefriedigung, der am ehesten auf das Diasporavoting zielt. Allerdings sind die Exilpolen nicht ganz so breit gestreut. Hier wird ganz viel von den Jurys abhängen. Ich tippe mal: kommt weiter.
Bester Verhörer: kommt gleich zu Beginn mit “Sitting on an Icebear”. Mutig! Die unfreiwillig lustigste Textzeile kommt hingegen ganz am Ende, wenn die Damen (ebenfalls, ohne eine Miene zu verziehen) singen: “Love me now, love me now, harder and harder”. Dagegen waren Cleo & Donatan Waisenknaben!
In welche Kategorie fällt ‘Pali się’ für dich?
- Absolut geil. (37%, 43 Votes)
- Ganz nett. (25%, 29 Votes)
- Verbrennt sie! (20%, 23 Votes)
- Verzichtbar. (18%, 21 Votes)
Total Voters: 116

Aua!!! Das tut wirklich weh!! Ich mag ja Polen, meine Eltern kommen von dort her, aber mit diesem “Lied” kann ich leider so gar nichts anfangen. Für mich ist das einfach drei Minuten lang schrilles Geschrei, gegen das selbst das Schleifgeräusch von Fingernägeln auf einer Tafel total angenehm klingt!!
Wird vielleicht wegen des “Ethnofaktors” ins Finale kommen, dort hoffentlich aber den öden deutschen Beitrag auf einen der hinteren Plätze Gesellschaft leisten.
Also Österreich ganz hinten und das in den Top 10? Offensichtlich schlägt ohrenbetäubendenes Kreischen zartes „Winseln“ bei dir nicht nur akustisch. Naja…
Ich liebe die Mädels!
Nach den Pre-party Auftritten noch mehr
Einer der besten Sounds des Jahrgangs
Und das sie so schwer in eine Schublade zu stecken sind ist echt clever von Ihnen
100%Finale!
Eine ganz fiese Nummer, die merkwürdige Assoziationen erweckt, bei mir diese:
Das sind die Erwachsenen aus “Das Dorf der Verdammten”, die mit ihrem unerträglichen Gesang alle Andersdenkenden ins dunkle Moor locken wollen…
Die Idee Ethno meets – was eigentlich, Punk? – ist interessant, die Ausführung leider nur schmerzhaft für meine Ohren, schrilles Gekreische.
Echt? Viele Marmite-Songs dieses Jahr? Not in my book. Ich bin dieses Jahr in Scheißegalien. Nix, was mich vom Hocker haut, nix, was ich ätzend finde.
Verbissen,verkrampft, humorlos, faschistoid. Mir fällt leider nichts ein, was dieses Machwerk nebst seinen der Hölle entflohenen Dienerinnen besser umschreiben könnte. Daher geht mein Wunsch zu einem klaren Semiaus mit Pauken und Trompeten.
Ja, mit der polnischen Politik und Gesellschaft geht es die letzten Jahre rapide bergab. Wahrscheinlich das nationalistisch verseuchteste Land des Kontinents aktuell. Würde ich solchen Leuten einen ESC-Sieg gönnen? Nein.
Außerdem: Ein ganzes Album oder auch nur ein halbes könnte ich mir davon nicht anhören, weil der Gesang in Verbindung mit der rockigen Musik auf Dauer furchtbar nerven würde.
Aber: Es geht hier nur um 3 Minuten Musik. Und die knallt supergeil rein. Der Kontrast zwischen dem bierernsten, straighten, harten Rockriff in Verbindung mit den stoischen, hohen Stimmen zum dann folgenden melodisch-kitschigen Refrain.….einfach genial. Holt mich voll ab, kann nix dagegen machen.
Super!
Ich steh auf diese Art des weißen Gesanges, das sticht heraus und hat ordentlich Wumms. Dazu noch die unnahbar wirkenden Mädels, die in ihren Trachten auf den ersten Blick so brav wirken, auf den zweiten Blick aber mehr versprechen. Das wird bunt auf der Bühne, auch wenn das Video da erstmal anderes vorgaukelt.
Schön das Sie beim ESC dabei sind, schön das die polnischen Verantwortlichen mal wieder etwas Ungewöhnlicheres probieren. So ein Mut MUSS belohnt werden und – was den Mut angeht – wünsche ich mir das auch mal von uns.
Na dann schicken wir doch nächstes Jahr Frei.Wild und alles wird gut.
Nachtrag zu einer (nicht vorhandenen) politischen Botschaft des Songs:
Er trägt oft Tracht, kommt aus der Volksmusik, schaut meistens ziemlich finster:
Ist Hubert von Goisern FPÖ-ler?
Solange Tulia im Video über das Feuer der Liebe singen in einem vergreisten polnischen Dorf, einer alltäglichen Szene aus dem Leben also, sehe ich sie weder rechts noch links. Und einen Gesinnungstest á la Jamala gibt es Gott sei Dank beim ESC noch nicht.
Beim ersten Hören hat mich der Song gepackt, ab dem zweiten nur noch genervt. Wenn ich das auf den ESC übertrage: Finale sicher, da dann aber irgendwo im nirgendwo.