Rank and File 2019: Platz 6 – Spi­rit in the Sky

Kann sich noch jemand an die Zeit erin­nern, da Nor­we­gen beim Euro­vi­si­on Song Con­test regel­mä­ßig die hin­te­ren Plät­ze auf­roll­te? Bei­spiels­wei­se mit sami­schen Jod­lern, so wie 1980?

Platz 6: Nor­we­gen – Kei­i­no: Spi­rit in the Sky (Geist am Himmel)

Das dürf­te 2019 nicht pas­sie­ren, auch wenn die Skan­di­na­vi­er mit dem haupt­be­ruf­li­chen Hip-Hop­per Fred Bul­jo erneut jeman­den am Start haben, der joikt. Und das dazu noch ziem­lich graus­lich: zumin­dest beim Live-Auf­tritt wäh­rend des Vor­ent­scheids Melo­di Grand Prix klangt der Glatz­kopf, als habe er einen Frosch ver­schluckt. Doch der Joik ist hier nur zie­ren­des Bei­werk und wird flan­kiert von einem süf­fi­gen Pop­schla­ger, der im Refrain zu wei­ten Tei­len auf Saara Aal­tos letzt­jäh­ri­gem fin­ni­schen ESC-Bei­trag ‘Mons­ters’ basiert. Der schnitt zwar, wie wir uns erin­nern, ziem­lich schlecht ab, was aber haupt­säch­lich an der min­de­ren stimm­li­chen Leis­tung der Inter­pre­tin und der weit übers Ziel hin­aus­schie­ßen­den, bun­ten Büh­nen­show lag. Tom Hugo und Alex­an­dra Rotan, die mit Bul­jo gemein­sam das Retorten­trio Kei­i­no bil­den und die die Haupt­last des Lie­des tra­gen, zei­gen, wel­ches Poten­ti­al in ‘Mons­ters’ steckt, indem sie es beim fröh­li­chen Schmet­tern belas­sen und auf rotie­ren­de Ziel­schei­ben und pin­ke Raum­schif­fe ver­zich­ten. Und das reicht völ­lig: die Num­mer macht ohne den Insze­nie­rungs-Bal­last viel mehr Spaß und ent­puppt sich als hoch effek­ti­ver Ohrwurm.

So eine put­zi­ge Hun­de­oh­ren­pe­rü­cke wie Tom Hugo möch­te ich auch! Der Video­clip offen­bart den frap­pan­ten Unter­schied zwi­schen der hef­tig bear­bei­te­ten Stu­dio­fas­sung und…

Bei nähe­rer Betrach­tung kommt dem bul­li­gen Bul­jo viel­leicht doch eine grö­ße­re Bedeu­tung zu als die des schmü­cken­den Pau­sen­clowns: sein knar­zen­des Gejo­del wirkt als eine Art von musi­ka­li­scher Hand­brem­se, mit wel­cher er das spä­tes­tens im Refrain mit Mops­ge­schwin­dig­keit in Rich­tung Camp-Uni­ver­sum tru­deln­de Traum­schiff Sur­pri­se mit har­ter Hand zum kurz­zei­ti­gen Still­stand bringt und die Schla­ger­haf­tig­keit des Bei­trags ein wenig kaschiert. Es wirkt gewis­ser­ma­ßen als Pla­ce­bo für die Juro­ren, damit sie dem Song guten Gewis­sens Punk­te geben kön­nen, schließ­lich ent­hält es ja Ele­men­te tra­di­tio­nel­ler Kul­tur. Gleich­zei­tig ist es so dosiert und gestal­tet, dass es die Par­ty nicht wirk­lich stört: das “He lå e loi la” kann jeder noch so betrun­ke­ne Grand-Prix-Fan auch nachts um drei im Euro­club aus vol­ler Keh­le mitgröh­len. Genau so wie den rest­li­chen, mehr oder min­der aus belie­bi­gen Schlag­wör­tern zusam­men­ge­wür­fel­ten Text, der ver­mu­ten lässt, dass beim Schrei­ben doch eher Spi­ri­tuo­sen im Ein­satz waren als “Spi­rit”. Doch wen stört das schon, wenn man zu so einem schö­nen Mons­ter­schla­ger abfei­ern kann? Mich jeden­falls nicht!

…und der Live-Dar­bie­tung beim Melo­di Grand Prix, wo selbst die Chor­stim­men vom Band die Malai­se kaum ver­de­cken konnten.

Semi: 2. Fina­le: Aber so was von. Am Sams­tag dürf­te das Ergeb­nis aber deut­lich schlech­ter aus­fal­len als am Donnerstag.

Bes­te Text­zei­le: “I am dancing with the Fai­ries now”. Im Euro­club natürlich.

In wel­che Kate­go­rie fällt ‘Spi­rit in the Sky’ für dich?

  • He lå e loi la! (51%, 59 Votes)
  • Hat­ten wir schon. Ver­zicht­bar. (23%, 27 Votes)
  • Uner­träg­lich. (13%, 15 Votes)
  • Ganz nett. (12%, 14 Votes)

Total Voters: 115

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11 Comments

  • Wenn unver­schämt, dann aber rich­tig. War­um soll­te man sich auch die Mühe machen, das Kopie­ren vom fin­ni­schen Vor­jah­res­tei­leh­mer zu ver­tu­schen? Frech­heit siegt.…? Bei mir nicht. LG

  • Das oszil­liert bei mir so zwi­schen Haß­bei­trag des Jah­res (OK, da hat es gegen Däne­mark eh kei­ne Chan­ce) und wun­der­ba­re Eurotrash-Spaßnummer.
    Beim Fina­le mit ent­spre­chen­dem Pro­mil­le­wert ist die­ses Pen­del dann sicher auf der zwei­ten Seite

  • I love it to bits! Ist auf dem bes­ten Weg, sich bei mir doch noch an die Spit­ze zu mogeln.

  • Grau­en­haft. Wenn die­ser Song auf mei­nem mp3-play­er (Schön­hör­pha­se. Muss ich durch) läuft ver­lie­re ich die Lust auf den ESC. Für mich die Quint­essenz des­sen, was den ESC in den Augen Vie­ler zu einer nicht ernst­zu­neh­men­den Freak­show macht. Ich hof­fe sehr, dass das der FFF des Jah­res wird, aber ich befürch­te eine Top10-Platzierung.…

    Trotz­dem benei­de ich natür­lich Jeden, der den Song genie­ßen kann. Betrach­tet mich ein­fach als sehr ein­ge­schränkt in mei­nem Geschmack. 🙂

  • Es gibt ja noch eine Men­ge ande­rer Lie­der, die aus­glei­chen kön­nen, dass es sich hier SELBST­VER­STÄND­LICH um eins ganz tief aus der Kis­te der ESC-Kli­schees han­delt. Wenn’s unter­halt­sam gemacht ist wie “Spi­rit in the Sky” darf so eins auch ger­ne auf die Büh­ne. Okay, ich geb’s zu, wenn Tom Hugo mit im Spiel ist, kann ich kaum was Schlech­tes sagen. Ich wür­de ja gern ein paar ande­re der männ­li­chen Teil­neh­mer gegen ihn austauschen.….das wür­de aller­dings für mich aus meh­re­ren Grün­den ein ziem­lich har­ter ESC-Abend werden 😉

  • Mir fällt nichts Net­tes dazu ein. Nicht mal was Höf­li­ches. Genau wie Finn­land letz­tes Jahr bil­ligs­tes Römpömpöm.

  • Allein schon aus Anstand zu der armen Saara ver­bie­tet es sich die­ses plum­pe Mach­werk zu mögen…
    #Jus­ti­ce­For­Saara

  • Es ist ganz schlimm bil­li­ger Euro­trash, aber eben auch ein Guil­ty Plea­su­re mit Ohr­wurm­ga­ran­tie, und es sind genau sol­che Lie­der, die nur beim ESC ihre Berech­ti­gung haben und wes­we­gen wir die­se Ver­an­stal­tung so lieben.

  • Nein, Nein und noch­mals Nein!!! Sor­ry aber das geht abso­lut gar nicht!! Nor­ma­ler­wei­se mag ich Nor­we­gen von allen nor­di­schen ESC-Län­dern am liebs­ten, beson­ders die Bei­trä­ge von 2014 und 2015 gehö­ren immer noch zu mei­nen abso­lu­ten Favo­ri­ten, aber das hier ist wirk­lich ein unge­nieß­ba­rer Ein­tropf aus den mit Abstand schlimms­ten was der ESC in 64 Jah­ren her­vor­ge­bracht hat. Sowas könn­te ich mir noch nicht­mal mit 3 Pro­mil­le schönhören!!

    Wird es aber den­ke ich den­noch ins Fina­le scha­fen, dort aber hof­fent­lich einen gerech­ten Platz wei­ter hin­ten ein­neh­me. Wäre für Nor­we­gen ja auch eine schö­ne Rück­kehr zur alten Tra­di­ti­on, oder?? 😉

  • Wenn betrun­ke­ne Grand-Prix-Fan den Song nachts um drei im Euro­club aus vol­ler Keh­le mitgröh­len, wird es auch nicht viel anders klin­gen. Und das ist eines der Haupt­pro­ble­me die­ses Bei­trags. Aber wer weiß, viel­leicht gab es in den letz­ten Wochen ja etwas Voice-Coaching.

    Ansons­ten hat der Song natür­lich Instant-Appeal. Der bei mir dann aller­dings recht schnell wie­der ver­flo­gen ist. Wenn ich Joik beim ESC hören will, dann nur von Jon Hen­rik Fjäll­gren. Ist zwar meis­tens genau­so schla­ger­haft, aber dabei weit­aus stilvoller.

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