Das frisch von der Europäischen Union geschiedene Großbritannien entbietet dem Festland beim Eurovision Song Contest 2020 zum Abschied eine letzte, vergiftete Atemspende. Dem Beispiel der anderen Big-5-Nationen (bis auf Italien) folgend, hatte sich auch das Vereinigte Königreich dieses Jahr zu einer internen Nominierung von Künstler und Song entschieden. Und natürlich lief seither die Gerüchteküche heiß. Der weiße Soulsänger John Newman, der 2013 mit ‘Love me again’ auch in Deutschland einen Top-Ten-Hit landen konnte, war einer der mehrfach getippten Namen. Nun ist es stattdessen sein Bruder geworden. Der bislang eher als Songschreiber tätige James Newman, der unter anderem für den irischen Eurovisionsbeitrag ‘Dying to try’ verantwortlich zeichnet, wechselt mit dem von ihm mitkomponierten ‘My last Breath’ vor das Mikrofon. In der sehr moderat angegospelten Liebesballade wandelt James lyrisch auf Frans’ Pfaden und gefällt sich in auf den ersten Blick romantisch klingenden Gesten. So wolle er seiner Liebsten, fänden sich die Beiden als Tiefseetaucher mit so gut wie leeren Sauerstoffflaschen in auswegloser Situation auf dem Boden des Meeres wieder, seinen letzten Atemzug überlassen. Wie selbstlos, sagen Sie? Oh nein, ganz im Gegenteil!
Oder gilt James Liebe gar dem kernigen finnischen niederländischen Eistaucher? Das könnte ich nachvollziehen.
Denn denkt man das Szenario einmal durch, bedeutet es, dass James’ Angebetete mit ansehen muss, wie er mangels eigener Sauerstoffversorgung vor ihren Augen ertrinkt, während seine Spende ihr das Überleben auch nur für einen kurzen, schrecklichen Moment ermöglicht. Letztlich sichert er sich durch seine Tat das etwas angenehmere Dahinscheiden, muss er ihren Todeskampf doch nicht verfolgen und stirbt stattdessen in dem wohligen Gefühl, einen vermeintlich heroischen Abgang hingelegt zu haben. Schon eine Form der toxischen Maskulinität, oder? Und natürlich kommt man als Festlandeuropäer:in angesichts der aktuellen politischen Lage nicht umhin, den Text als Verhöhnung zu empfinden: ausgerechnet die Nation, die sich in einem schwieriger denn je gewordenen Umfeld aus der Beziehung verpisst, tönt, bis zum letzten Atemzug mit uns zusammenbleiben zu wollen? Oder ist mit ‘One last Breath’ gar eine letzte kulturelle Atemspende gemeint, weil “die Europäer” diesbezüglich ohne Großbritannien verloren sind? Das wäre allerdings angesichts des musikalisch allenfalls ganz netten Songs, den der relativ uncharismatische Newman immerhin mit angenehm angerauter Stimme vorträgt, doch ein klein wenig überheblich.
Schon Frans’ ‘Sorry’ versuchte sich an schlecht durchdachten romantischen Gesten. Overthinking it zerpflückt sie Stück für Stück.
Meh, das ist leider auch nicht der große Wurf. Er singt zwar ganz gut, hat aber so viel Ausstrahlung wie ein feuchtes Küchentuch und an den platten Refrain kann ich mich schon zwei Minuten nach Ende des Songs nicht mehr erinnern.
Wird vielleicht einige Jurypunkte abgrasen, fürs Publikum aber zu unauffällig sein und in den Televotings oft Platz 13–16 erreichen, was im Endeffekt auch 0 Punkte sind.
Ach UK, warum macht ihr sowas??
Ha, die Briten mit dem 14. Brexit-Song in Folge (Flying the Flag 2007)
Ich bin auch fest überzeugt, dass seit dieser Zeit die Vorgabe der BBC lautet, den letzten Platz zu ergattern.
Und wenn das sogar wie bei der Nummer von Electro Velvet daneben geht, liegen sie dort alle vermutlich vor Lachen unterm Tisch.
Aber auch heuer ist die Big‑5 Konkurrenz bis auf Italien hart, und wer weiß, welches Blatt der NDR heute Abend noch ausspielt?
Wenn der Song beginnt, denkt man noch, jetzt hätte das UK die Kurve endlich mal wieder gekriegt. Aber leider kommt dann nicht mehr viel und das Lied verliert sich in den finnischen Wäldern… Schade.
Joa, ist doch ein ganz netter Album-Titel geworden. So einer in der Art, den man innerhalb der zehn, zwölf Lieder irgendwo zwischenrein steckt. Well done, United King Kong, eine klare Steigerung zum Metzger-Azubi und dessen Song vom letzten Jahr. Die Top 22 sollten euch sicher sein.