Die uninteressanteste Vorentscheidung der gesamten Saison 2020 ging am letzten Super-Samstag in Buzău in der Walachei über die Bühne. In das Hunderttausend-Einwohner-Städtchen hatte der unter extremen Geldnöten stehende rumänische Sender TVR die Selecția Națională verlegt, weil der dortige Bürgermeister die Kosten der kompletten Sendung aus der Gemeindekasse übernahm. Aus pekuniären Gründen erfolgte auch die Zusammenarbeit mit dem größten einheimischen Plattenlabel Global Records, das mit der vorab zur Alleininterpretin bestimmten 20jährigen Larisa Roxana Giurgiu alias Roxen immerhin einen der aktuellen Top-Stars des Landes beisteuerte. Für nämliche Roxen galt es nun, unter fünf bereits vor Tagen veröffentlichten Liedern auszuwählen; samt und sonders musikalisch völlig nichtssagenden, mit elektronischen Sounds vollgestopften Midtempo-Nummern, von denen nicht eine irgendwie im Gehörgang hängen bliebe. Am Ende siegte bei Jury und im Televoting gleichermaßen der von der Interpretin selbst erkennbar bevorzugte und auch in den meisten Fan-Foren vorab favorisierte Song: die auf einem Wortspiel mit “I’ll call you” basierende Midtempoballade ‘Alcohol you’, in welcher die Protagonistin von nächtlichen Verzweiflungsanrufen bei ihrem Ex im besoffenen Zustand erzählt.
Vergaß im Alkoholstupor sogar ihre Unterwäsche: Roxen. Und ehe Sie fragen: nein, den Song kann man sich nicht schöntrinken. Es wird nur noch schlimmer. Für Sie getestet, damit Sie es nicht tun müssen.
Eigentlich eine Angelegenheit also, die man in 30 Minuten über die Bühne bringen könnte, wenn man wollte. Und das Publikum nicht so massiv hassen würde wie die rumänischen TV-Verantwortlichen. Denn die machten daraus eine mehrstündige, extrem zähe Show, in welcher zwischen jedem Song von Roxen ein längerer Gastauftritt von Stargästen wie Loreen, der diesjährigen moldawischen Vertreterin Natalia Gordienco oder gar den beiden SN-Moderator:innen Elena Gheorge (‘Balkan Girls’) und Connect‑R, dem mittlerweile über einen stattlichen Pornobalken und ordentliche Oberarme verfügenden damaligen ESC-Partner von Frau Gordienco, folgte, die augenscheinlich jedesmal ihr komplettes Repertoire oder aber ein Medley heimischer Eurovisionsbeiträge zu Gehör bringen durften. Nur um noch einmal zu unterstreichen, wie furchtbar langweilig die diesjährige Auswahl war. Einen einzigen einigermaßen annehmbaren (nicht: guten, lediglich: annehmbaren) Song hatte Roxen im Angebot: die moderat bouncende Uptemponummer ‘Cherry Red’, die in der Hauptsache von den Chorstimmen lebte sowie von den muskulösen, oberkörperbeglitterten Tänzern, die um die völlig unbeteiligte und erkennbar lustlose Interpretin herumtollten und ‑sprangen wie junge Hirsche in der Brunftzeit. Die bewegungslegasthenische Roxen jedoch hasste die Nummer offensichtlich so sehr wie TVR die Zuschauer:innen und sang extra schlecht. Game over. Hoffentlich auch für Rumänien in Rotterdam.
Cherry Cherry Lady, going thru a Motion: Roxen.
Zweieinhalb Stunden Show für fünf Songs: das rumänische Fernsehen weiß, wie man Zuschauer:innen quält. Wer es dennoch sehen will: hier ist der erste von drei Teilen des SN-Finales 2020.
Vorentscheid RO 2020
Selecția Națională 2020. Sonntag, 1. März 2020, aus dem Sala Sporturilor Romeo Iamandi in Buzău, Rumänien. Eine Teilnehmerin. Moderation: Elena Gheorghe + Connect‑R.# | Interpretin | Songtitel | Jury | Televoting | Platz |
---|---|---|---|---|---|
01 | Roxen | Beautiful Desaster | 00 | 00 | 05 |
02 | Roxen | Cherry Red | 01 | 02 | 04 |
03 | Roxen | Colors | 02 | 01 | 03 |
04 | Roxen | Alcohol you | 05 | 05 | 01 |
05 | Roxen | Storm | 03 | 03 | 02 |
Ach so schlecht finde ich Alcohol you gar nicht. Es hat eine schöne und irgendwie moderne Gesangsmelodie. Und extra Punkte dafür “Fake News” in eine Ballade einzubauen. Aber ich finde es echt schwach von Roxen, einen Song der extra für sie geschrieben wurde und bei dem sich eine Menge Leute sicher Mühe gegeben haben ihn zu komponieren, so offensichtlich an die Wand zu fahren nur weil sie ihn nicht mag. Irgendwie undankbar.
Middle of the road ist das jetzt nicht. Kann daher wahrscheinlich aus dem Meer der ganzen anderen langsamen Nummern durchaus hervorstechen. Ob man zu diesem eher sperrigen Teil aber eine Beziehung aufbauen kann, ist eine ganz andere Frage.
Neben ihrem unpassendem Alter, um über den Suff zu singen, dudelt dieser Song auch noch ohne erkennbare Höhen und Tiefen in diesem Depri-Modus vor sich hin.
Das war ja mal die schlechteste Wahl von allen.
Bin gespannt, ob das überhaupt fürs Finale reicht.