Tanz den Horn: Deutsch­land ret­tet erneut den Grand Prix

Knap­pe sie­ben Wochen ist es nun her, dass die EBU den Euro­vi­si­on Song Con­test 2020 im Zuge der Coro­na-Pan­de­mie absa­gen muss­te. Genau so lan­ge herrsch­te hier auf dem Blog nun Funk­stil­le. Das hat­te haupt­säch­lich zu tun mit zwei maß­geb­li­chen Ent­schei­dun­gen der Gen­fer in die­sem Zusam­men­hang, die dem Haus­her­ren jeg­li­che Lust auf die wei­te­re Beschäf­ti­gung mit dem Jahr­gang nach­hal­tig ver­trie­ben. Denn – aus­ge­rech­net der NDR macht dies nun vor – natür­lich hät­te man, ent­spre­chen­den Wil­len vor­aus­ge­setzt, einen vir­tu­el­len Wett­be­werb mit allen 41 Bei­trä­gen unter Ein­satz von Liveauf­zeich­nun­gen oder Video­clips und mit Publi­kums­ab­stim­mung orga­ni­sie­ren kön­nen. Das von der EBU statt­des­sen kon­zi­pier­te Ersat­ze­vent Euro­pe shi­ne a Light, das nun am 16. Mai euro­pa­weit über die Bild­schir­me flim­mern soll (in der ARD ab 22:00 Uhr), ver­zich­tet aber gera­de auf das essen­ti­el­le Kern­ele­ment des Song Con­tests, näm­lich die Abstim­mung, und ist damit kom­plett wert­los. Ledig­lich Aus­schnit­te (!) aus den Video­clips der 41 Lie­der will man dort zei­gen, ein­ge­bet­tet in ein Rah­men­pro­gramm. Mit ande­ren Wor­ten: eine Schnip­sel­show. Ein net­ter TV-Hap­pen, aber natür­lich kein adäqua­ter Ersatz für den Wettbewerb.

Nach­zu­lie­fern gilt es noch die letz­ten bei­den für Rot­ter­dam aus­ge­wähl­ten und hier noch nicht bespro­che­nen ESC-Bei­trä­ge. Wie der aus Mal­ta, zu dem mir aller­dings nur ein ein­zi­ges Wort ein­fällt: meh.

Ursprüng­lich hieß es aus Genf, dass es kei­ne Abstim­mung gäbe, weil eine sol­che Show der Grund sein könn­te, dass die Stadt Rot­ter­dam auf den bis­he­ri­gen Vor­be­rei­tungs­kos­ten für den Event in der Ahoy-Are­na sit­zen bleibt und kei­ne Ent­schä­di­gung von der Ver­si­che­rung erhält. Doch die bekommt sie nun ohne­hin nicht, was die EBU jedoch auch nicht zum Ein­len­ken brach­te. Noch viel ärger­li­cher stellt sich vor die­sem Hin­ter­grund die zwei­te kata­stro­pha­le Ent­schei­dung dar, näm­lich die Nicht­zu­las­sung der für Rot­ter­dam 2020 aus­ge­wähl­ten Songs für den nächs­ten offi­zi­el­len Euro­vi­si­on Song Con­test im Jah­re 2021 (so er denn dann statt­fin­den kann, was ich noch nicht für aus­ge­macht hal­te). Damit wirft die EBU die ein­ge­reich­ten Lie­der gewis­ser­ma­ßen in den Müll­ei­mer: ein Schlag ins Gesicht der Komponist:innen, Autor:innen und Interpret:innen. Denn auch, wenn vor allem die­je­ni­gen Natio­nen, in denen der jewei­li­ge Vor­ent­scheid ein grö­ße­res Publi­kums­in­ter­es­se erzielt als der eigent­li­che ESC, bereits klar stell­ten, für 2021 auf jeden Fall ein neu­es Melo­di­fes­ti­valen oder San-Remo-Fes­ti­val ver­an­stal­ten zu wol­len, so hät­te man es den übri­gen Sen­dern zumin­dest frei­stel­len müs­sen, den bereits aus­ge­wähl­ten Titel für das nächs­te Jahr auf­zu­he­ben und aus gege­be­nem Anlass eine Aus­nah­me von der Ers­ter-Sep­tem­ber-Regel zu machen.

Russ­land woll­te 2020 einen upt­em­po­rä­ren Spaß­bei­trag brin­gen – eigent­lich genau das, was ich am ESC lie­be. ‘Uno’ aber wirkt auf mich so sub­stanz­los wie unter­schwel­lig aggres­siv und hin­ter­lässt das üble Gefühl, nur ent­sandt wor­den zu sein, um die Sieg­chan­cen des ehe­ma­li­gen Satel­li­ten­staa­tes Litau­en zu untergraben.

So aber müs­sen auch die­je­ni­gen Künstler:innen, die nach der Absa­ge nun bereits für 2021 fix gesetzt sind, wie zum Bei­spiel der öster­rei­chi­sche Ver­tre­ter Vin­cent Bue­no, ein neu­es Lied fin­den. Mit die­ser Ent­schei­dung bringt die EBU zwei bis­he­ri­ge euro­vi­sio­nä­re Außen­sei­ter­län­der, näm­lich Island und Litau­en, die mit ‘Think about Things’ und ‘On Fire’ zwei ech­te Sie­ges­an­wär­ter­songs im Köcher hat­ten, um ihre extrem sel­te­ne, wenn nicht gar ein­ma­li­ge Chan­ce. Für mein per­sön­li­ches Emp­fin­den haben die Gen­fer damit den fai­ren Wett­be­werbs­ge­dan­ken der­ar­tig tief und nach­hal­tig ver­letzt, dass ich stark bezweif­le, dass sich der ESC jemals wie­der davon erho­len kann. Es macht die Teil­nah­me am Wett­be­werb näm­lich unat­trak­tiv für star­ke und krea­ti­ve Acts, wenn die­se damit rech­nen müs­sen, von der EBU ledig­lich als Weg­werf­wa­re betrach­tet zu wer­den, mit der man nach Belie­ben umsprin­gen kann. Und so dürf­te sich der bereits seit Jah­ren bestehen­de Trend zu anony­mer, auf die Jury zuge­schnit­te­ne Dut­zend­wa­re in Zukunft noch wei­ter ver­stär­ken. Was mir, offen gestan­den, wenig Lust macht, mei­nen eins­ti­gen Lieb­lings­event noch wei­ter zu ver­fol­gen und hier zu ver­blog­gen. Mög­lich also, dass ich mich künf­tig stär­ker auf die Ver­gan­gen­heit kon­zen­trie­re, näm­lich auf die natio­na­len Vor­ent­schei­dun­gen von 1956 bis 2020, und das aktu­el­le Gesche­hen höchs­tens noch am Ran­de ver­fol­ge. Mal schauen.

Mit dem recht­mä­ßi­gen Sie­ger­song des ESC 2020 fröh­lich durch die Coro­na­kri­se: mit The Roop lässt sich jede Qua­ran­tä­ne überstehen.

So, Frust von der See­le geschrie­ben. Zum Schluss gibt es näm­lich doch noch etwas Erfreu­li­ches aus uner­war­te­ter Ecke: wie bereits ange­spro­chen, schwingt sich nun aus­ge­rech­net der in Euro­vi­si­ons­din­gen zuletzt doch eher glück­lo­se NDR zum Ret­ter des Grand Prix auf (letzt­lich wie bereits 1998). Unter dem Rubrum World Wide Wohn­zim­mer orga­ni­sie­ren die Ham­bur­ger näm­lich am 9. Mai 2020 auf natio­na­ler Ebe­ne mehr oder min­der exakt die ESC-Ersatz­ver­an­stal­tung, wie ich sie mir eigent­lich von der EBU erhofft hät­te. Auf dem Spar­ten­sen­der One zeigt man (ab 20:15 Uhr) in einer drei­stün­di­gen Sen­dung die Musik­vi­de­os aller 41 Teilnehmer:innen in (hof­fent­lich) vol­ler Län­ge, ergänzt um kur­ze Vor­stel­lungs­clips, vor allem aber um eine Abstim­mung! Online oder per Tele­vo­ting kön­nen die Zuschauer:innen ihre zehn Favo­ri­ten für das rund andert­halb­stün­di­ge Fina­le am 16. Mai 2020 (eben­falls ab 20:15 Uhr) im Ers­ten wäh­len. Um das von Bar­ba­ra Schö­ne­ber­ger mode­rier­te deut­sche Fina­le rea­ler zu gestal­ten, stimmt sogar die hun­dert­köp­fi­ge Euro­vi­si­ons­ju­ry, die an der Aus­wahl von Ben Dolic als deut­schem Reprä­sen­tan­ten betei­ligt war, mit ab. A pro­pos: in ech­tem ESC-Spi­rit läuft die­ser in bei­den Sen­dun­gen außer Kon­kur­renz, erfährt aber mit einem Live-Auf­tritt im Fina­le aus der Elb­phil­har­mo­nie in Ham­burg beson­de­re Würdigung.

Es sind immer die äußer­lich unschul­dig Wir­ken­den, die es faust­dick hin­ter den Ohren haben: Ben mag es ger­ne eine Num­mer här­ter. War­um auch nicht?

Für das will der NDR nach Mög­lich­keit noch wei­te­re aktu­el­le Euro­vi­si­ons­acts live auf die Büh­ne holen, wobei ihm der Sta­tus Deutsch­lands als attrak­ti­ves mul­ti­kul­tu­rel­les Ein­wan­de­rungs­land zugu­te kommt, leben doch inter­na­tio­na­le Künst­ler wie bei­spiels­wei­se der Islän­der Daði Freyr in Ber­lin. Auf dem­sel­ben Prin­zip baut auch die Kon­kur­renz­ver­an­stal­tung von Ste­fan Raab auf, der am glei­chen Abend (eben­falls ab 20:15 Uhr) auf Pro­Sie­ben lau­fen­de und von Con­chi­ta Wurst mode­rier­te Free Euro­pean Song Con­test. Bei dem sol­len in Deutsch­land leben­de Sänger:innen mit “Ver­bin­dun­gen” in diver­se euro­päi­sche Natio­nen gegen­ein­an­der antre­ten und sich eben­falls einer Tele­fon- bzw. Jury­ab­stim­mung stel­len. Rein auf die Jury setz­te übri­gens der ORF bei sei­nem unlängst aus­ge­strahl­ten “Klei­nen ESC – und wur­de fol­ge­rich­tig dafür mit mage­ren Ein­schalt­quo­ten bestraft. Dass der NDR dies­mal – anders als beim von Raab für das von ihm als Majes­täts­be­lei­di­gung emp­fun­de­ne Abschnei­den sei­nes Schütz­lings Max Mutz­ke beim ESC 2004 initi­ier­te und vor fünf Jah­ren wie­der ein­ge­stell­te Rache-For­mat Bun­des­vi­si­on Song Con­test – auf die pri­va­te Kon­kur­renz reagiert und mit einem adäqua­ten Kon­zept gegen­schießt, ist ihm hoch anzu­rech­nen. Natür­lich nur unter dem Vor­be­halt, dass die Ham­bur­ger sämt­li­che Abstim­mungs­er­geb­nis­se für alle 40 wer­tungs­re­le­van­ten Bei­trä­ge des Welt­weit-Wohn­zim­mer-Halb­fi­na­les veröffentlichen.

Schön!”: das gilt für den bel­gi­schen Bei­trag genau so wie für die gesam­te NDR-Songcheck-Reihe.

So gibt es nun also doch noch eine – wenn auch abge­speck­te natio­na­le – Vari­an­te mei­nes Lieb­lings­wett­be­werbs. Und wenigs­tens zwei Sen­dun­gen, auf die ich mich an den bei­den nächs­ten Sams­ta­gen freu­en kann. Wie übri­gens auch auf die Songchecks auf eurovision.de, in denen alle 41 Bei­trä­ge des dies­jäh­ri­gen ESCs einem hoch unter­halt­sa­men wie pro­fun­den Expert:innencheck unter­zo­gen wur­den. Unter Betei­li­gung von Grö­ßen wie Peter Urban (ich roll mich jedes­mal ab, wenn er die Songs, die von allen Ande­ren als “lang­wei­lig” und “out­da­ted” klas­si­fi­ziert wer­den, als beson­ders “frisch” und “modern” preist), dem wun­der­bar fach­kun­di­gen “Dr. Euro­vi­si­on” Irving Wol­ther oder mei­nen neu­en per­sön­li­chen Lieb­lings-Läs­ter­ta­schen, dem vom NDR als “Nach­wuchs-Exper­ten” apo­stro­phier­ten Waldorf-&-Statler-Pärchen Mar­cel Sto­ber und Bro­der Bree­se. Vor allem Letz­te­rer unter­hält mit den ver­zick­tes­ten Mimi­ken und Ges­ten zu Sto­bers Punkt­lan­dungs­kom­men­ta­ren aufs Vor­treff­lichs­te. Loben­de Erwäh­nung ver­dient außer­dem die BR-Mode­ra­to­rin Koku­te­ke­le­za Muse­be­ni, die sich auf die gro­ße Kunst ver­steht, mit einem keh­li­gen Lachen, einem kur­zen “Puh!” oder einem ange­deu­te­ten Augen­rol­len mehr aus­zu­sa­gen als der hie­si­ge Haus­herr in sie­ben­und­zwan­zig Absät­zen. Unbe­dingt anschauen!

Die­ser Song ist so lang­wei­lig, dass ich nicht mal drü­ber läs­tern kann”: Tho­mas Mohr bringt es auf den Punkt.

13 Comments

  • Wie­so fin­den die Raab- und die NDR-Ver­an­stal­tung am sel­ben Abend statt? Wie blöd kann man sein???

  • Sehr schön Dich wie­der zurück zu sehen! Und: bit­te, bit­te auf kei­nen Fall ans Auf­hö­ren den­ken. Für Island und Litau­en ist es zwar in der Tat tra­gisch, aber ansons­ten bin ich sehr froh, dass es im nächs­ten Jahr wie­der ganz fri­sche Songs gibt. Die meis­ten Songs die­ses Jahr­gangs waren näm­lich von Anfang an ziem­lich abgestanden… 🙂

  • Super, dass Du wie­der hier bist und ich hof­fe, Du bleibst uns nach der dies­jäh­ri­gen schon sehr früh begin­nen­den PED-Pha­se erhal­ten. Dein Schreib­stil und Dei­ne Kom­men­ta­re sind immer sehr cle­ver und amü­sant & heben sich ange­nehm von WeWeB­logs, You­Tubern etc. ab

  • Lie­ber Herr Rau,

    Ihren Blog ken­ne ich erst seit letz­tem Jahr.
    Beson­ders in den ver­gan­ge­nen Wochen seit der Absa­ge habe ich Ihren Blog zum Groß­teil von vor­ne bis hin­ten durch­ge­le­sen, nicht nur die Ein­trä­ge zum Wett­be­werb, den Vor­ent­schei­dun­gen oder Sons­ti­ges, son­dern auch Ihr tol­les ESC-Lexikon.
    Ich bin rund­um begeis­tert, mit was für einer Pas­si­on, aber auch mit Iro­nie und Sar­kas­mus Sie die­sen Blog seit vie­len Jah­ren führen. 

    Es wäre sehr scha­de, wenn sie in die­sem Blog zukünf­tig den Haupt­fo­kus auf Bis­he­ri­ges legen wür­den, da ich durch Sie bes­tens und mit Humor über das Vor­ent­scheid-Gesche­hen in Euro­pa infor­miert wer­de, ohne sie mir selbst anzu­schau­en (was auf­grund mei­ner feh­len­den Fremd­spra­chen­kennt­nis­se und mei­nem Zeit­plan schwer ist). Ihre Kom­men­ta­re dazu wür­de ich sehr vermissen.
    Doch wie Sie mit die­sem Blog wei­ter ver­fah­ren wol­len, ist Ihre Entscheidung.

    Dazu kann ich Ihre Ent­täu­schung, wie die EBU die­sen Jahr­gang nun wegen Coro­na “in den Müll schmeißt” total ver­ste­hen und schlie­ße mich da voll und ganz an. Hol­land hat jetzt 44 Jah­re auf die erneu­te Aus­tra­gung des ESCs gewar­tet und hät­te nach einer Abstim­mung (in der sie wahr­schein­lich nicht gewon­nen hät­ten) kei­ne Chan­ce gehabt, im Jahr 2021 erneut aus­zu­rich­ten. Aber das soll kei­ne Aus­re­de dafür sein, dass (even­tu­ell) Island und Litau­en um ihren ers­ten, ver­dien­ten Sieg gebracht wor­den sind oder wir tat­säch­lich es nach (wie­der ein­mal) 32 Jah­ren erlebt hät­ten, dass die Schweiz mit einem fran­zö­si­schen Chan­son den Wett­be­werb gewinnt. Für mich ist am 18.03.2020 (wie für Sie und vie­le ande­re Kom­men­ta­to­ren die­ses Blogs) wahr­haf­tig eine Welt zusam­men­ge­bro­chen, da es ein­fach bei mir Zuhau­se zu unse­rer nen­nen wir es mal “Fami­li­en­tra­di­ti­on” dazu­ge­hört, sich die­ses Kult-Event anzu­schau­en, der ich auch sehr viel ver­dan­ke, da man in kei­ner Infor­ma­ti­ons­sen­dung so viel über Euro­pa lernt.

    Auf der ande­ren Sei­te fin­de ich es aber gut, dass die natio­na­len Fern­seh­sen­der so gut wie mög­lich ver­su­chen, alter­na­ti­ve Pro­gram­me auf die Bei­ne zu stel­len und sich selbst Ste­fan Raab aus sei­nem TV-Kar­rie­re-Senio­ren­ses­sel hebt und einen Free­ESC veranstaltet. 

    Letzt­lich bleibt einem nur die Hoff­nung, dass der ESC im nächs­ten Jahr stär­ker als je zurück­kom­men kann (das ich Jon Ola Sand zitie­re hät­te ich auch nie gedacht), auch wenn sich auch bei mir das Gefühl nie­der­schlägt, dass nichts mehr so sei­en wird, wie es mal war.

    Nun ist es erst ein­mal viel wich­ti­ger, die­sen Virus so gut wie mög­lich ein­zu­däm­men, damit sich wenigs­tens das all­täg­li­che Leben wie­der rela­tiv normalisiert.
    Auf dass wir alle gesund bleiben!

    Herz­lichs­te Grü­ße aus Mar­bach am Neckar!

  • Mir miß­fällt, wie Sie die­se abso­lu­te Aus­nah­me­si­tua­ti­on zum neu­en Nor­mal erklären.

    Es macht die Teil­nah­me am Wett­be­werb näm­lich unat­trak­tiv für star­ke und krea­ti­ve Acts, wenn die­se damit rech­nen müs­sen, von der EBU ledig­lich als Weg­werf­wa­re betrach­tet zu wer­den, mit der man nach Belie­ben umsprin­gen kann.”, um nur ein Bei­spiel zu zitie­ren. Ja, wer für die Zukunft mit regel­mä­ßi­gen Kom­plett­ab­sa­gen rech­net wird sich davon abhal­ten lassen.

    Auch die EBU hat­te noch nie den Bedarf den ESC abzu­sa­gen und muss Sachen erst­mals ent­schei­den, da wird nicht jede Ent­schei­dung alle Geschmä­cker treffen.

    Und wie der ESC 2021 mit ein Jahr lang abge­han­ge­nen Bei­trä­gen sei­nen Reiz behal­ten soll ist mir unklar. Die Fans haben sie sich satt gehört, für den Gele­gen­heits­zu­schau­er klin­gen (zumin­dest wirk­lich aktu­el­le Bei­trä­ge, kei­ne Bal­kan­stamp­fer) irgend­wie oll.

  • Wie­der ein sehr guter Arti­kel, vie­len Dank dafür. Nur in einer Sache bin ich nicht ganz Ihrer Mei­nung: Für mich ist Uno einer der bes­ten rus­si­schen Bei­trä­ge über­haupt, wie “On Fire” einer der bes­ten, wenn nicht sogar der bes­te Bei­trag aus Litau­en ist. Von den Spaß­bei­trä­gen fin­de ich Island am schwächs­ten. Ich weiss, vie­le Fans hät­ten Island die­ses Jahr als Sie­ger gese­hen, ich gehö­re nicht dazu, obwohl ich es dem Land echt mal gön­nen wür­de. Ich bin aber, zuge­ge­be­ner­ma­ßen eher ein schlech­tes Orakel.

  • @Sven: das ist ein berech­tig­tes Gegen­ar­gu­ment. Die Gefahr sehe ich auch, dass sich d. Zuschauer:in an über einem Jahr alten Bei­trä­gen satt gehört hat. Auf der ande­ren Sei­te steht, dass sich ein wirk­lich guter Song nicht ein­fach mal eben aus dem Ärmel schüt­teln lässt. Selbst John­ny Logan – der ein­zi­ge zwei­fa­che ESC-Sie­ger – hat dafür sie­ben Jah­re gebraucht. Ich plä­die­re des­halb dafür, dass man es in die­sem ein­ma­li­gen Aus­nah­me­fall den ein­zel­nen Län­dern und ggf. den Künstler:innen selbst über­lässt, ob sie 2021 mit dem Song für 2020 antre­ten wol­len oder lie­ber einem neu­en. Die meis­ten (so sie denn über­haupt vom Sen­der für 2021 erneut gesetzt wer­den) hät­ten wohl ohne­hin einen neu­en Song gewählt, aber dann wäre es ihre Ent­schei­dung gewe­sen. Ihnen die­se Wahl­mög­lich­keit zu neh­men, emp­fin­de ich als respekt­los. Und ich bin ja nicht der Ein­zi­ge, der die­se Ent­schei­dung kri­ti­siert, das kam ja auch von ein­zel­nen Sen­dern. Die EBU wür­de sich kei­nen Zacken aus der Kro­ne bre­chen, die­se Rege­lung für 2021 ein­ma­lig auszusetzen.

    @Gaby: Ja, ‘Uno’ ist tat­säch­lich einer der stärks­ten rus­si­schen ESC-Bei­trä­ge ever, fin­de ich auch. Ver­mut­lich hät­te ich ihn auch in jedem ande­rem Jahr extrem abge­fei­ert. Viel­leicht bin ich auch nur para­no­id, weil ich mir ein­fach so sehr gewünscht hät­te, dass The Roop den Con­test 2020 gewon­nen hät­ten (was sich ja jetzt eh erle­digt hat). ‘Think about Things’ emp­fin­de ich, genau­so wie ‘On Fire’, aber eben nicht als Spaß­bei­trag, dazu haben bei­de Songs bei allem coo­len Augen­zwin­kern zu viel spi­ri­tu­el­le Tie­fe. Und genau das bringt mich so gegen ‘Uno’ auf, dass die­se bei­den tol­len Lie­der jetzt mit dem völ­lig inhalts­lee­ren rus­si­schen Song in eine Kis­te gewor­fen wer­den, in die sie nicht gehö­ren. Was, noch­mal, kein Vor­wurf gegen ‘Uno’ ist: inhalts­lee­re Spaß­bei­trä­ge haben eine tota­le Berech­ti­gung und übli­cher­wei­se fin­de ich die auch toll. Island und Litau­en aber ver­bin­den Spaß mit Anspruch, was noch viel tol­ler ist, und Russ­land zieht sie gewis­ser­ma­ßen run­ter. Aber das ist natür­lich nur mein Empfinden.

  • hal­lo oli­ver, bin heu­te eher zufäl­lig (via home­of­fice…) hier wie­der rein­ge­stol­pert und freu mich TOTAL, dass du wie­der schreibst – und das hof­fent­lich noch lan­ge! auch wenn ich es wie du selbst für einen anflug von para­noia hal­te, “uno” als anschlag auf litaui­sche ambi­tio­nen zu sehen, bin ich ansons­ten ganz dei­ner mei­nung in bezug auf die akti­vi­tä­ten der ebu und (hört hört) die sal­va­to­ri­schen gegen­ak­ti­vi­tä­ten des ndr (dass man das über den ndr noch­mal sagen wür­de…). ich freu mich wahn­sin­nig, dass uns sowas wie ein not-esc ange­bo­ten wird. erstaunt war ich nur dar­über, dass du offen­sicht­lich erst­mals den songcheck wahr­ge­nom­men hast, den ich seit jah­ren als äußerst unter­halt­sa­mes esc-vor­pro­gramm emp­fin­de (mei­ne favo­ri­ten sind übri­gens vani­ty trash und con­si) – das wirst du in zukunft bestimmt auch so hal­ten. dir und allen mit­le­sen­den eine tol­le esc-zeit! für freu­de und gegen mono­cho­lie! grü­ße aus berlin

  • Schön das du wie­der schreibst!
    Auch ich war anfangs der Mei­nung das doch die Lie­der von 2020 auch im nächs­ten Jahr star­ten soll­ten . Ich hat­te mei­ne 8 Lie­der und fer­tig. Als ich dann anfing mit die­ser neu­en Coro­na Situa­ti­on zu leben, ich wie­der kla­rer Gedan­ken für ande­re Din­ge fas­sen konn­te über­dach­te ich dies aber nochmals.
    Als Künst­ler ist man logi­scher­wei­se erst ein­mal enttäuscht.
    Wenn man aber und so scheint es ja in vie­len Län­dern geplant zu sein , die Mög­lich­keit hat im nächs­ten Jahr ohne natio­na­len Wett­be­werb zu star­ten, sind die Chan­cen ein neu­es tol­les Lied zu prä­sen­tie­ren sehr hoch. Als eigen­stän­di­ger Künst­ler hat man auch sei­ne “eige­ne” Linie in den Songs. Heu­te wird man doch nicht mehr zu einem Lied gezwun­gen außer man ist ein Cas­ting “Star”. Jeden­falls wird die Ori­en­tie­rung zum Lied 2020 wahr­schein­lich in irgend­ei­ner wei­se 2021 da sein. Ran­gier­te ich natür­lich bei den Quo­ten auf den hin­ters­ten Plät­zen über­den­ke ich mein Kon­zept. Oder?
    Die jetzt schon nomi­nier­ten Künst­ler haben somit wirk­lich die Chan­ce uns posi­tiv 2021 zu über­ra­schen. Ich bin mir recht sicher, dass 2021 zu 68 % es ein recht anspruchs­voll ESC sein wird. (1 Künstler*in wird zu 100% über Coro­na singen.)

    Was mich mitt­ler­wei­le wirk­lich ärgert, ist die Hal­tung Schwe­dens zu sei­nen Act. Klar ‚ein Ver­zicht auf die Geld­ma­schi­ne der vie­len Shows – undenkbar.
    Trotz­dem wäre es gera­de in die­sem Land ein­fach nur fair gewe­sen und hät­te für ande­re Län­der weg­wei­send ein Zei­chen set­zen kön­nen. Der Gedan­ke ‚das gera­de Schwe­den sei­ne Shows ab Früh­jahr viel­leicht gar nicht machen kann da ein­fach der Impf­stoff noch im Test ist oder die wei­te­re Ent­wick­lung bei sei­ner jet­zi­gen Hal­tung zu Coro­na es nicht zulässt, kommt ihnen nicht.
    Egal – Geld regiert die Welt und Schweden!

    Aber ansons­ten schaue ich mir alles vom ESC 2020 an was der Fern­se­her hergibt.
    “Ein biss­chen Frie­den” habe ich letzt­end­lich mit die­ser neu­en Situa­ti­on geschlossen.
    Und wenn dann aus Ser­bi­ens die drei Tor­na­dos auch nur für Sekun­den glit­zern und stamp­fen bekom­me ich wie­der mei­nen Lachflash!
    has­ta la vis­ta Oli­ver , auf ein neues!

  • Kennt Ihr im 5. Har­ry-Pot­ter-Band die Stel­le, wo alles total übel ist, Har­ry nur noch schlech­te Lau­ne hat und Her­mio­ne dann sagt. “Ich weiß etwas, was dich mit Sicher­heit auf­hei­tern wird.” Har­ry: “Was?” Her­mio­ne: “Hagrid ist zurück.”

    Genau so hab ich mich gera­de gefühlt, als ich die­sen Bei­trag gele­sen habe. Olli, es ist so, so schön, dass Du wie­der da bist!

    Ein paar Anmer­kun­gen: Die Sache mit der Sen­dung ist groß­ar­tig, ich freu mich sehr! Auch dass sie die Songchecks und die Reac­tion Vide­os alle ein­stel­len, ver­süßt mir jedes Mal wie­der den Tag. Aber in einem muss ich Dir wider­spre­chen: The Lord and Mas­ter of the Exper­ten ist natür­lich der super­wit­zi­ge, super­se­xya­ber­lei­der­schwu­le Con­si! Der dürf­te Peter Urban gern ablösen.

    Desti­ny: Ich weiß nicht, was alle mit dem Ding haben, mir gibt das nix. Uno fand ich auf den ers­ten Blick zum Gru­seln, aber inzwi­schen habe ich defi­ni­ti­ve Ver­ka-Ser­duch­ka-Vibes. Das wäre ver­mut­lich (Island zum Trot­ze) der Bei­trag gewe­sen, den man hät­te schla­gen müs­sen. Island, Litau­en und Russ­land hät­ten in die­sem Jahr mit 99,9% Sicher­heit die ers­ten drei Plät­ze belegt. Kei­ne Ahnung in wel­cher Rei­hen­fol­ge, aber wär auch egal.

    Über das “ich wid­me mich eher der Ver­gan­gen­heit” reden wir aber noch­mal, ja? Auf jeden Fall, und das darf man ruhig zwei­mal sagen: Super, dass Du wie­der da bist! <3 <3 <3

  • Ein totes Pferd zu rei­ten macht kei­nen Spaß…
    Den Gaul mit den diver­sen Abschieds Fei­er­lich­kei­ten im Mai zu Gra­be zu tra­gen und die Songs dabei noch­mal ange­mes­sen zu wür­di­gen ist m.M. die bes­te Variante.

    Und wenn jetzt bis 2021 Island in den sozia­len Medi­en viral geht, Russ­land dann 200+ Mio Klicks auf You­tube hat und Mal­ta in Dau­er­schlei­fe in einem KIA Wer­be­spot zu hören war, kann man dann noch von einem fai­ren ESC nächs­tes Jahr sprechen?

    Was pas­siert mit den Wett­quo­ten-Under­dogs, nimmt man Ihnen wegen dro­hen­der Erfolg­lo­sig­keit den Song weg oder ersetzt sie ganz? Man stel­le sich vor, Deutsch­land hät­te bei die­sem Sze­na­rio die Sis­ters am Start gehabt.

    Ich möch­te mein Mit­leid für den aus­ge­fal­le­nen Bewerb nicht auf mei­ne oder die Wett-Favo­ri­ten beschrän­ken, es tut mir für alle 41 Bei­trä­ge glei­cher­ma­ßen Leid. Aber nicht die EBU hat den Jahr­gang zer­stört, es war ganz allein der blö­de Virus.

    Saman­ta Tina hat es bis­her 8 Mal ver­geb­lich ver­sucht zum ESC zu kom­men, und sie wird es irgend­wann trotz Coro­na schaffen. 

    Ich wün­sche uns allen Fans, den Künst­lern und dem Haus­her­ren die glei­che Kraft und das Durch­hal­te­ver­mö­gen von die­ser Frau!

  • Zum The­ma 2020er-Wett­be­werbs­ti­tel für 2021 (wenn die Ver­tre­ter das woll­ten): Die EBU hat argu­men­tiert, das ent­sprä­che nicht den Regeln von wegen Frist der Ver­öf­fent­li­chungs­zeit. Den Regeln ent­spricht es aber auch nicht, dass der ESC ein­fach abge­sagt wird, ohne zu über­le­gen, wie man ihn in ande­rer Form hät­te trotz­dem statt­fin­den las­sen kön­nen. Zumin­dest hat die EBU nicht kom­mu­ni­ziert, dass es wenigs­tens Über­le­gun­gen dazu gab, wes­halb ich anneh­me, es gab sie nicht wirklich/ernsthaft.

    Statt­des­sen kommt am Sams­tag mit Euro­pe shi­ne a light eine leid­lich bemüh­te Ersatz­show, die in ihrer Sen­de­zeit die Wett­be­werbs­bei­trä­ge nie­mals adäquat unter­brin­gen kann, wenn man bedenkt, dass noch alte Songs und ande­res mit ein­ge­baut wer­den. Eine rich­ti­ge Wür­di­gung der dies­jäh­ri­gen Lie­der sieht mei­ner Mei­nung nach anders aus. Da hät­te man die Show auch gleich sein las­sen kön­nen. Raabs Kon­kur­renz­sen­dung zeit­gleich fin­de ich schon ehr­li­cher, denn das ist wenigs­tens ein Wett­be­werb, der Sams­tag statt­fin­den soll­te. Nicht der, den wir uns gewünscht haben, aber wenigs­tens ist’s einer. Und der wird wohl nicht ledig­lich aus 41Liederschnipseln mit etwas Bei­werk bestehen.
    Ja, dem NDR ist es hoch anzu­rech­nen, dass er etwas auf die Bei­ne gestellt hat, was dem ESC eini­ger­ma­ßen nahe kommt. Die EBU aller­dings hat auf kom­plet­ter Linie versagt.

  • Schön bist du wie­der da? ich dach­te schon, die esc-absa­ge hät­te dir den end­gül­ti­gen gong gege­ben. Ich möcht nähm­lich auch in zukunft nicht auf dei­ne herr­li­chen kom­men­ta­re verzichten.

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