Nach der coronabedingten Absage des Eurovision Song Contest 2020 zeigt sich die EBU entschlossen, unser aller Lieblingsevent im Mai 2021 auf jeden Fall über die Bühne der Rotterdamer Ahoy-Arena gehen zu lassen. Und sei es zur Not ohne Künstler*innen oder Zuschauer*innen. Um möglichst flexibel auf die sich ständig verändernde Bedrohungslage durch das Virus und die damit einhergehenden Einschränkungen reagieren zu können, arbeiteten die Genfer*innen gemeinsam mit den veranstaltenden niederländischen TV-Stationen jetzt vier mögliche Szenarien aus, die man heute der Öffentlichkeit vorstellte. Die hoffnungsfroheste wäre ein “normaler” Contest, wie wir ihn aus der Vergangenheit kennen. Das setzte aber die zeitnahe Verfügbarkeit eines stabilen, verlässlichen Impfstoffes voraus: leider unwahrscheinlich. Etwas realistischer erscheint Variante B, der “socially distant ESC”, bei dem zwar Zuschauer*innen in die Halle dürfen, aber nur so viele, dass jederzeit ein Mindestabstand von anderthalb Metern eingehalten werden kann. Im Netz gab es bereits den schönen Vorschlag, sich bei der Möblierung des Ahoy-Arena-Innenraums an der Bühnenshow der spanischen Las Ketchup-Schwestern (‘Un Bloody Mary’) von 2006 zu orientieren und die Fans auf (weit genug auseinander installierten) Bürodrehstühlen Platz nehmen zu lassen, auf denen sie wenigstens elegant zur Musik mitschwingen und im Rhythmus rotieren könnten. Gäbe bestimmt schöne Bilder!
Ihrer Zeit voraus: Las Ketchup wussten bereits 2006, wie sich Social Distancing mit graziler Dynamik verknüpfen lässt.
Oder aber unschöne: ob und wie es der holländischen Security gelingen soll, die im Überschwang der Gefühle gelegentlich zu hysterischen Reaktionen neigenden Fans in Schach zu halten und zu verhindern, dass diese beim Auftritt ihres Lieblingsacts kreischend zum Bühnenrand beziehungsweise in Richtung der nächstgelegenen TV-Kamera stürmen, scheint mir fraglich. Außer, sie packen ihre Knüppel aus, aber das möchte in einer als “Familienunterhaltung” angepriesenen Show nicht unbedingt jede*r sehen. Weniger Reservierungen gäbe es ebenso für die Delegationen und – besonders bitter – für die üblicherweise in Heerscharen anreisenden Schwurnalisten. Oh, die Dramen, die sich im Kampf um die wenigen Presse-Akkreditierungen abspielen werden! Sollte es (Variante C) in einzelnen Teilnehmernationen zu coronabedingten Reisebeschränkungen kommen, finden die Live-Auftritte der betroffenen Acts im deren eigenen Ländern statt und werden dazugeschaltet. Falls die Niederlande – letzte und weitestgehende Variante – im Frühjahr 2021 in einen erneuten Lockdown gingen, gälte dies für alle Beiträge. Lediglich das Rahmenprogramm und die Moderation käme dann aus der menschenleeren Halle in Rotterdam. In dieser Form will (oder muss) man es beim für November 2020 terminierten Junior-ESC aus Warschau praktizieren, der erste seiner Art, an dem Deutschland teilnimmt. Welche der skizzierten Varianten in Rotterdam zum Einsatz kommt, entscheidet sich – je nach aktueller Lage – Anfang nächsten Jahres. Das Bühnenbild, die vier Moderator*innen und das Contest-Motto will man indes beibehalten. Aus Kostensicht verständlich, auch wenn “Open up” im Angesicht einer potentiell tödlichen Virusbedrohung im Nachhinein vielleicht etwas unglücklich gewählt erscheint. Aber hinterher ist man ja immer schlauer…
Das Erklärbärvideo der EBU.
Mein Geld liegt auf Variante B, aber auch nur, weil ich mir C und D mal so überhaupt nicht vorstellen kann. Glücklicherweise haben wir ja noch den JESC im November, wo Variante D zum Einsatz kommt. Da kann man sich mal ein Bild davon machen. Spannende Monate liegen vor uns!
dududu… es muss doch Genfer*innen heißen. Das gibt die rote Karte! Es wird im Übrigen kaum vorstellbar sein, den Contest nach Schema A zu halten. B dürfte natürlich die beste Lösung sein, aber Varianten C oder D sollten nur im Ausnahmefall zur Anwendung kommen. Hoffentlich zieht man es dann aber auch durch.
Bitte, bitte! Den unsinnigen Asterisk künftig unterlassen. Trübt den Lesegunss und macht die schönen Texte so unnötig holprig. Und: Wo kämen wir den hin, wenn wir konsequent wären? Korrekt müsste es dann auch Schwurnalist*‘innen heißen und Teilnehmer*innennationen, nicht wahr, liebe Schüler*innenlots*innen? Ich weiß, der Autor ist grün und von daher ist ihm das * Gesetz, aber gut liest sich anders!
@Jodelkönig: Nein, “Schwurnalist*innen” muss es nicht heißen, denn die Fan-Medien-Vertreter sind fast alles schwule Männer (daher auch das Wortspiel). Hier sind Frauen nicht mitgemeint. Und natürlich werde ich auch künftig meine Texte gendern.
@Christian: danke, ist korrigiert. 🙂
Sprache ist auch ein Ausdruck der Machtverhältnisse, und bis die Töchter Egalias die Herrschaft, pardon, ich meinte natürlich die Frauschaft übernommen haben, ist Gendern um so wichtiger.
Heute habe ich auf dieser Webseite etwas Neues gelernt: es gibt Menschen, die in den Kommentarspalten eines ESC-Fanblogs gegen gegenderte Texte losledern. War definitiv mal was Neues, auch wenn ich gern darauf verzichtet hätte. 2020 – jedes Mal, wenn man denkt, tiefer gehts nicht mehr und man wäre am Grund der Grube angekommen, packt irgendwer die Spaten und Spitzhacken aus.
Leute! Ich habe nicht losgeledert!
“ESC-Fanblogs”, ja geht’s noch? Wo bleiben da die Frauen. Es heißt der Fan. Sind Fans ausschließlich männlich? Der “Hausherr” meint: “Fan-Medien-Vertreter sind fast alles schwule Männer.” Ja, aber eben nur “fast”, das ist der kleinen weiblichen Minderheit gegenüber also auch nicht gerecht. Hi, hi.
Fettes Broot sangen mal von “schwulen Mädchen”. Ha, ha.