Gäbe es eine Ehrenmedaille für das schlechteste Preis-Leistungs-Verhältnis bei nationalen Eurovisionsvorentscheidungen, sie ginge 2021 wohl an den spanischen Sender RTVE. Denn obschon der bereits letztes Jahr hausintern für Rotterdam ausgesuchte Singeschnösel Blas Cantó erneut für Rotterdam gesetzt war, entschied man sich in Madrid diesmal für ein öffentliches Liedfinale mit ganzen zwei Titeln (!) zur Auswahl. Eine Vorgehensweise, die man üblicherweise an den Tag legt, wenn beide Alternativen sich als gleich schlecht erweisen und man nicht für das erwartbare Desaster verantwortlich gemacht werden möchte. Und genau so war es auch: sehr großzügig gab man dem Publikum sogar europaweit und bereits seit dem 10. Februar 2021 die Möglichkeit, sich per Tele- oder Onlinevoting zwischen einer sterbensöden, ihren Songtitel Lügen strafende Midtempoballade namens ‘Memoria’, an die man sich schon nicht mehr erinnerte, während Blas sie noch intonierte, und einer todlangweiligen, bis zur Unkenntlichkeit glattgebügelten Midtempoballade namens ‘Voy a quedarme’ (‘Ich werde bleiben’) zu entscheiden. Erwartbar unspektakulär ging die Wahl zwischen Not und Elend mit 58% der Stimmen für Letzteres aus.
Auch in Spanien scheinen die Friseure geschlossen zu haben: Blas Cantó trägt die Tolle des Todes.
Dabei plante man ursprünglich sogar mit zehn Titeln, die aber laut dem Sänger größtenteils “nicht wettbewerbsfähig” oder “zu radiofreundlich” gewesen seien. Was die Frage aufwirft, um wie viel langweiliger es denn um Gottes Willen noch geht als mit den beiden nun übriggebliebenen Songs? Da RTVE somit auf Biegen und Brechen neunzig Sendeminuten zu füllen hatte, strickte man um diese beiden Lieder eine Sendung namens Destino Eurovisión, in der man den muffhaarigen Interpreten unter anderem zwang, den ESC-Siegertitel von 2017, ‘Amar pelos dois’, zu schänden und ein Eurovisionsmedley anzustimmen (siehe Youtube-Playlist). Auch allerlei Stargäste wie Pastora Soler und Edurne bot man auf, um von dem musikalischen Grauen abzulenken. Nun also schickt RTVE ihren Blas mit einem Beitrag ins aussichtslose Rennen zu Rotterdam, dessen Quintessenz sich wohl mit der Textzeile “Nada que poder” (“Nichts zu verlieren”) zusammenfassen lässt. Vielleicht kann er vor Ort ja die ebenfalls im Lied erwähnten “Centímetros” einsetzen, um die Jurys zu becircen. Viel Glück!
Laut Cantó sollen sich beide Lieder “klar voneinander unterscheiden”. Ja gut, vielleicht anhand des unerträglichen Kastratengewinsels in ‘Memoria’. Sonst kaum.
Vorentscheid ES 2021
Destino Eurovisión 2021. Samstag, 20. Februar 2021 aus dem RTVE-Studio in Barcelona, Spanien. Ein Teilnehmer. Moderation: Tony Aguilar und Julia Varela.# | Interpret | Songtitel | Televoting | Platz |
---|---|---|---|---|
01 | Blas Cantó | Memoria | 42 % | 02 |
02 | Blas Cantó | Yoy a quedarme | 58 % | 01 |
Nichts, was ich an dem Beitrag mag. Weder Lied noch Stimme noch Typ. Auf der anderen Seite habe ich auch nicht wirklich was dagegen. Wird dereinst in der ESC-Historie keine Erwähnung finden und wenn, dann nur unter dem Sternchen Füllmaterial.