Gut gemeint ist er nun wirklich, der heute vorgestellte Eurovisionsbeitrag der niederländischen Grand-Prix-Gastgeber im Jahr 2 der Seuche. Der bereits für 2020 intern ausgewählte Jeangu Macrooy will den Ausgelaugten und Erschöpften – also uns allen – mit ‘Birth of a new Age’ wieder Mut zusprechen und unsere Widerstandskraft im Kampf gegen unfähige und wirtschaftshörige Politiker:innen stärken, die gerade gegen jede Vernunft unsere Zukunft verkaufen. Der aus der ehemaligen holländischen Kolonie Suriname stammende Sänger bedient sich dabei auch seiner Heimatsprache Sranantongo, in welcher der prominent platzierte und von einem Gospelchor skandierte Schlachtruf ‘Yo no broko me’ (‘Du zerbrichst mich nicht’) gehalten ist, was einen schönen zusätzlichen Farbtupfer in das Werk bringt. Und das alles ist echt adorabel und wäre auch super, käme sein Song musikalisch nicht so unfassbar lahmarschig herüber. So ungern ich es sage, aber mit einem solchen Kampflied schläfert er seine Mitstreiter:innen ein, statt sie anzustacheln. Dabei birgt die Nummer durchaus Potenzial: mit mindestens eineinhalbfacher Geschwindigkeit abgespielt (probiert es im Youtube-Player selbst aus!), deutlich fetteren Beats und einem aufgepimpten Chor ließe sich noch eine echte Revolutionshymne daraus machen. Also, Jeangu: Mut zum Remix, bitte!
Gerecht mag es ja sein, den nicht zum Zug gekommenen Vorjahresvertreter nochmals aufzustellen, aber nicht zwingend auch klug: Jeangus Beitrag für 2021.
Nachtrag 05.03.2021: Und als hätte der Sender AVROTOS den obigen Artikel gelesen, stellte er heute den offiziellen Videoclip zum niederländischen Beitrag ins Netz. Und siehe da: zwar ist das Lied in der Studiofassung noch immer zu langsam, aber immerhin verpasste man dem Song ein sehr viel runderes und vor allem basslastigeres Arrangement. Schön fett und eindrücklich klingen die Beats nun. Den Gospelchor mit der von ignoranten Fans bereits in “You don’t want Broccoli” (dabei gibt es kein leckereres Gemüse!) umgedichteten, fantastischen Hookline in der surinamischen Landessprache Sranantongo, polierte man ebenfalls nochmal auf. Was völligen Sinn macht, ist der doch das Glanzstück und Aushängeschild des Lieds. So macht das Ganze schon mehr Spaß! Jetzt nur noch die Geschwindigkeit anziehen, und schon haben wir einen wettbewerbsfähigen Beitrag!
Im Museum gedreht: der Clip zum niederländischen Beitrag 2021.
@Oliver: Mal wieder treffend beschrieben. Auch ich empfinde den Teil mit der Surinamesischen Textzeile als Farbtupfer. Aber zum einen wird dieser Farbtupfer ziemlich totgeritten und dann empfinde ich in diesem Jahr Jeangus Stimme als unangenehm knödelig. „Grow“ war zwar noch langsamer, aber dort mochte ich die intime Stimmung und es hatte mich sehr berührt. Dieses Jahr lässt er mich kalt.
Tja, jetzt müsste man halt einfach Ana Soklic mit diesem Text antreten lassen und schon würde eine runde Sache draus. Aber aus den bekannten Textgründen hat sich diese ja leider selbst disqualifiziert. Und Jeangu kommt kompositorisch tatsächlich nicht so recht aus dem Quark, sehr schade.
Auf ESC-Kompakt stand, dass die Zeile „Mi Na Afu Sensi, No Wan Man E Broko Mi’ In“ auf Sranantongo, der Sprache Surinams sei (hab es nicht überprüft). Das ist natürlich ein dickes Plus.
Die anderen sind selbsredend, äh ‑singend und ‑schauend Jeangus Stimme und Optik.
Irgendwie scheint jeder Hörer bei “Yo no broko me” was anderes zu hören. Ich für meinen Teil höre “You know my Broccoli”. Und ich stimme Ihnen zu: Es gibt KEIN leckereres Gemüse als Brokkoli!
Ansonsten ein angenehm zu hörender Beitrag, den die Niederländer da am Start haben. Am besten blendet man auf der LED-Wand in Rotterdam einen Chor ein, dann kommt das auch optisch super rüber! Die Stimme von Jeangu ist aber auch so schon schön zum anhören!
Welche Sprache man zum ansonsten englischen Text auch dazumischt – es könnte auch Suaheli oder Hindi sein – ein Farbtupfer erwächst daraus nicht. Es hebt die langweilige Komposition nicht mal einen Milimeter in die Höhe. Würde man mich nicht darauf hinweisen, ich hätte die surinamesischen Einsprengsel nicht mal bemerkt.