Die Eurovisionssaison 2022 beginnt mit einer so erwartbaren wie ärgerlichen Meldung: die im Vorjahr vonseiten der EBU “vorläufig” eingeführte Regelung, welche den Einsatz von vorab aufgezeichneten Hintergrundstimmen beim Eurovision Song Contest erlaubt, findet sich auch in den Regeln für den kommenden Wettbewerb wieder. Dies berichtet Eurovoix heute unter Berufung auf den isländischen Sender RÚV. Das beim schwedischen Melodifestivalen schon länger im Einsatz befindliche Modell soll es den teilnehmenden Künstler:innen ermöglichen, ihre Songs “so originalgetreu wie möglich zu präsentieren,” wie der verantwortliche Showproduzent Martin Österdahl im Sommer 2020 anlässlich dessen Einführung sagte. Ein schöner Euphemismus dafür, schwache Gesangsleistungen gnädig mit aufgepimpten Stimmen aus der Konserve zuzudecken, auch wenn der Leadgesang weiterhin live sein muss. Die Maßnahme soll zudem finanzschwächeren Nationen bei der Kostenreduktion helfen, weil diese dann mit einer kleineren Delegation anreisen können. Wohin diese Anreise erfolgt, steht noch nicht abschließend fest: im Rennen um den Austragungsort für den Eurovision Song Contest 2022 befinden sich aktuell noch die italienischen Metropolen Turin und Mailand, die Großstädte Bologna und Rimini sowie das an der Adriaküste gelegene Urlauberstädtchen Pesaro.
https://youtu.be/I_XmyKV8Hdw
Hatte keine künstlichen Chorstimmen nötig: die anbetungswürdige Mia Martini führte unlängst im Rahmen von Eurovision Again Italien zum hochverdienten posthumen ESC-Sieg 1992.
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland spekuliert unterdessen darüber, ob die gestrige, von eisernen Fans wie die zweite Niederkunft des Erlösers gefeierte Veröffentlichung von zwei neuen Tracks der ursprünglich vor vierzig Jahren aufgelösten Band Abba auf eine mögliche Rückkehr der vier berühmtesten Schwed:innen der Welt zum Grand Prix hindeuten könnte. Was natürlich Quatsch ist: zwar wollen die fantastischen Vier ihr im November 2021 anstehendes Comeback-Album Voyage ab Mai 2022 auch im Rahmen einer Multi-Media-Show präsentieren, für welche in London derzeit ein eigenes Musiktheater mit 3.000 Plätzen entsteht. Allerdings mögen Agnetha und Anni-Frid nach wie vor nicht mehr live auftreten, weswegen virtuelle „Abbatare“ dabei das Quartett ersetzen. Und auch, wenn man der EBU unbesehen zutraut, für die bekanntesten Eurovisionsteilnehmer:innen aller Zeiten eine weitere “einmalige” Ausnahme von der Pflicht zum Live-Auftritt beim gesamteuropäischen Pop-Wettbewerb zu machen: der schwedische Sender SVT verkündete bereits, dass auch für 2022 wieder ein Melodifestivalen stattfindet. Dass sich Abba – in welcher Form auch immer – nochmals einem Vorentscheid stellen, kann als ausgeschlossen gelten. Für das Rahmenprogramm böte sich eine Einspielung jedoch an.
Hätte zu ihren besten Zeiten gerade mal zu einer B‑Seite gereicht: Neues von der bedeutendsten Pop-Band aller Zeiten und Welten, leider mit etwas arg angezogener Handbremse.

Also wenn es schon manche ESC-Fans da draußen gibt, die Ralph Siegel gerne eine eigene Landesflagge zuordnen möchten, dann sollte auch die Einrichtung eines ABBAstans mehr als möglich sein 😉
Zu der Tragödie um die Backingvocals sollte eigentlich schon alles gesagt sein. Nein, für mich ist das kein Grund, völlig auszurasten, aber so wie es in Rotterdam zur Anwendung kam ist einfach nur traurig. Backings streichen und durch Tänzer zu ersetzen erfüllt nicht den ursprünglichen Gedanken dieser Regeländerung seitens der EBU, die ja wollte, dass man in kleineren Delegationen anreist.
Dennoch wünsche ich allen, die das hier lesen eine schöne ESC-Saison 2022. Auf dass es wenig Fehlentscheidungen in den Vorentscheiden geben wird, die im nächsten Jahr en masse nach einem Jahr Pause zurückkommen. Und dem Hausherrn alles Gute nachträglich zum Geburtstag!
Hausherr Geburtstag?!? Glückwünsche!?! Na klar, alles Gute!!!
Zu was die Drecksregel mit den voraufgezeichneten Backings geführt hat, haben wir ja im Mai gesehen: Gefühlt 37 Beiträge mit Frau in Silber an vier bis fünf HupfdohlInnen. Gähn!
Und zu sowas wie dem Beitrag aus Moldau! Würg!
Und zu den Abba-Songs: Ach was solls, es gibt schlimmeres im Universum als Abba-B-Ware (ist ja immerhin Abba-B-Ware).
War klar: Hat man erst mal die Büchse der Pandora geöffnet, bleibt diese auch offen.
Nicht, dass dadurch Persönlichkeit keine Rolle mehr spielt, aber durch den Wegfall von Backgroundsängern geht halt wieder ein Stückchen Persönlichkeit/Charakter flöten. An der Live-Atmosphäre wird wieder ein bisschen abgeknabbert. Leider merken das die Verantwortlichen nicht.
Also mal ehrlich: Aus zwei Gründen ist diese Entwicklung schwachsinnig.
Erstens: Solange die “fehlenden” Backing Vocals durch ebenso viele Tänzer ersetzt werden, ist der Effekt gleich Null.
Zweitens: Auch die größten Weltstars treten nach wie vor mit Backing Vocals auf. Dieses Gefasel von wegen “man müsse mit der Zeit” gehen, ist doch an den Haaren herbeigezogen.