ESC Hall of Shame, Raum 4: 1965
13. Nilpointer: Spanien (2) Conchita Bautista ¡Qué bueno, qué bueno!
Seit jeher gehört Spanien beim Song Contest zu den am krassesten unterbewerteten Ländern. Wieso die rundweg fabelhafte Conchita, nicht umsonst die Vornamensvetterin der ebenso fabelhaften Frau Wurst, bei ihrem zweiten Einsatz für die sonnige Halbinsel für diesen engagiert dargebotenen, feurigen Flamenco-Schlager abgestraft wurde, bleibt mir für immer ein absolutes Rätsel. Annonciert doch der Songtitel bereits die Qualität des Liedes: “Wie gut, wie gut”! Wie wahr, wie wahr!
14. Nilpointer: Deutschland (2) Ulla Wiesner Paradies, wo bist Du?
Zwei Mal in Folge Nul Points fürs Vaterland: der Grand Prix stand für uns in den Sechzigern unter keinem guten Stern. Dabei hätte Ullas Trennungsschmerz-Tränenzieher durchaus ein besseres Ergebnis verdient, zumal er musikalisch ausgesprochen schwungvoll daherkam. Leider vermittelte Frau Wiesner in Neapel den Eindruck, als befände sie sich gerade lieber ganz weit weg; irgendwo anders, bloß nicht hier auf der Bühne. Verschreckt, verwirrt und verzweifelt sah sie aus, was vielleicht auch daran lag, dass das Rai-Orchester sie im Schweinsgalopp durch ihr Lied hetzte. Wer aber von sich selbst nicht überzeugt ist, vermag niemanden zu überzeugen; auch nicht die Jurys. Eine Solokarriere sollte Ulla daraufhin nicht mehr gelingen, als Chorsängerin aber leistete sie Großes, wie beispielsweise in Gestalt ihrer Mitarbeit bei ‘The Girls from Paramaribo’ (Berry Lipman), einem der besten Easy-Listening-Stück aller Zeiten.
15. Nilpointer: Belgien (2) Lize Marke Als het weer Lente is
“Ik spaar de Druppels van de Dauw,” so lautete die erste Zeile von Lizes Beitrag. Und bereits an dieser Stelle, so bin ich überzeugt, standen ihre Nul Points fest. Denn mal abgesehen davon, dass das “Sammeln der Tautröpfchen” ein selbst für die Sechzigerjahre extrem betuliches Textklischee darstellt: auf holländisch klingt das einfach noch einen Tick lächerlicher als auf deutsch. Miss Marke bekam zu Hause dennoch eine eigene TV-Show und tritt bis heute noch auf.
16. Nilpointer: Finnland (2) Viktor Klimenko Aurinko laskee länteen
Ja, auch 1965 sollte es ein Quartett an Ländern sein, das punktelos nach Hause fuhr. Für alle vier betroffenen Nationen bedeutete es bereits die zweite Null, so auch für die Finnen. Die forderten es aber auch heraus: das zu Zeiten des Kalten Krieges blockfreie Land schickte einen gebürtigen Russen (mit einem fabelhaften Backenbart!), der auch noch davon sang, dass die Sonne im Westen untergeht, womit seine Liebe sterbe. Da sahen die pro-westlichen Juroren natürlich rot. Der “finnische Kosak” wechselte später zum christlichen Gospel.
So, jetzt haben wir die dicksten Brocken aber hinter uns, versprochen. In den nächsten Jahren wurde es etwas besser. Folgen Sie mir!