“Ich bin eine gute Verliererin”, sagt Lys Assia von sich. Und fordert im Interview mit dem Schweizer Boulevardblatt Blick im gleichen Atemzug vom Vorentscheidungs-Juroren Stämpf “eine schriftliche Entschuldigung für seine schlechten Manieren”. Der 43jährige Musiker, Teil einer dreiköpfigen Jury beim Schweizer Vorentscheid, hatte es gewagt, der Grande Dame des Chansons in der Live-Sendung das Du anzubieten und ihren Beitrag ‘C’était ma Vie’ als Musik für die “Kaffeefahrt” herabzuwürdigen. “Ich war schockiert, fühlte mich vor der ganzen Schweiz gedemütigt”, so schüttete die Eurovisionssiegerin von 1956 dem Klatschblatt ihr Herz aus, nachdem sie Stämpfs Verhalten bereits im Aftershow-Interview mit dem SF als “flegelhaft” geißelte. Schließlich sei ihr Lied “ein sehr schönes Chanson” und der Eurovision Song Contest “kein Tonk-Tonk-Festival”.
Stimmt, Lys: der ESC ist nämlich ein Riki-Tonk-Tonk-Tonk-Festival (NL 1966)!
In Schweizer Foren dreht sich die Debatte vor allem um das “Du”. Stämpf (43) hatte in der Sendung zaghaft “Jetzt weiss ich gar nicht, ob ich dich duzen darf” gefragt, worauf Lys “Aber natürlich!” entgegnete. Ihre nachträgliche Aufregung über dieses “unverschämte” Verhalten erklärte sie damit, dass sie sich in diesem Moment “überrumpelt” gefühlt habe. Klar: eine direkte Zurückweisung hätte biestig gewirkt (man denke nur an Rüpel-Rapper Bushido, der eine entsprechende Anfrage von Gabi Decker in der ZDF-Laberrunde bei Markus Lanz eingeschnappt ablehnte, was ihn wie einen trotzigen Siebenjährigen wirken ließ), das wollte Frau Assia vor der Telefonabstimmung wohl nicht riskieren. Ihre Contenance half bekanntlich nichts: mit nur 5,5% der Stimmen landete sie abgeschlagen auf dem achten Rang.
She did it her Way: Lys Assia.
Nun kann man dieses öffentliche Nachtreten als beleidigte Reaktion auf das unerwartete (und unerwartet deutliche) Ausscheiden sehen, wobei sich Assia im SF-Interview beeilte, zu sagen, sie verstehe durchaus, dass Sinplus mit ihrem schnelleren Lied ‘Unbreakable’ gewonnen hätten: “Das ist der Trend der Zeit”. Anderseits mag ich die Assia ja gerade dafür, dass sie so ein böser alter Drachen ist und sich aufspielt, als sei sie die Königin der Eurovision. Und völlig daneben liegt sie mit ihrer Beschwerde ja auch nicht: wieso es das Schweizer Fernsehen für nötig erachtete, die Auftritte etablierter Künstler von einer albernen Castingshow-Jury kommentieren zu lassen – und für deren minutenlanges Gequassel gar noch die Songs selbst von drei auf zwei Minuten zu kürzen – will sich mir nicht erschließen. Dass der Siegel-Song alles andere als zeitgemäßer Pop ist, konnte sich jeder selbst erschließen, der Ohren hat. Schlicht unnötig, das vor laufenden Kameras zu sagen. Für das professionelle Mäkeln sind schließlich Blogs wie dieses hier zuständig! Und so finde ich es direkt sympathisch, dass mal jemand wie die Assia ihrer Verärgerung über diesen respektlosen Umgang öffentlich Luft macht.
Einfach genial – eine Diva, eine Diva – schrei!!! Tonk, Riki, Tonk, Riki,Tonk
Und das Drama geht weiter: wie Schweizer Medien berichten (http://www.schweizer-illustrierte.ch/prominente/nach-eurovision-songcontest-entscheidung-lys-assia-im-spital-krankenhaus), musste Lys am Montag ins Krankenhaus zum Herz-Check. Zwar, wie sich herauslesen lässt, eigentlich eine Routineuntersuchung, aber für ein bisschen Rauschen im Blätterwald war’s gut genug. Und auch Onkel Ralph legte noch mal nach: “Mit einer Grand Dame so zu sprechen gehört sich nicht. Die Jury hat keine Manieren, pfui!”. 🙂
Das mit der Assia nicht gut Kirschen essen ist, wissen wir ja schon – im Kern hat sie mit ihrer Beschwerde aber Recht: was sollte dieser Quatsch mit der Jury? Als Zuschauer entscheide ich was gut ist und was nicht; und lass mir nicht von irgendwelchen “Experten” vorschreiben, was ich jetzt gut zu finden habe und was nicht. Zudem die gestandenen Musiker, die am Samstag in Kreuzlingen auf der Bühne standen, wahrscheinlich mehrheitlich talentierter waren als die drei Gestalten in der Jury selber.
Vor allem der arme Patrick Jager, der auf der Bühne vor Stolz bis über beide Ohren grinste hat mir Leid getan – von so nem affektierten Franzosen die eigene Komposition als “cheesy” abtun und sich ein “Dauergrinsen” attestieren zu lassen ist schon ziemlich kackfrech.
Darauf ein Tooooooooooonk! Ti Tonk Riki Tonk Tonk Toook, Riiiiki-Tonk-Tonk, Riki-Tonk-Tonk-Tonk (ein Klassiker, die Milly!)!
Wie der SF heute vermeldet (http://www.glanzundgloria.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2011/12/13/International/Eurovision-Song-Contest/Empoerte-Lys-Assia-Keine-Entschuldigung-von-Staempf), will sich Stämpf übrigens nicht entschuldigen. Dafür sei er aber bereit, wieder zum “Sie” zurückzukehren, “wenn Frau Assia das möchte”. Der ist es nach eigener Aussage inzwischen egal: “Ich kenne den Mann ja kaum”. Es gehe ihr aber gesundheitlich gut, und sie denke auch nicht ans Aufhören: “Ich werde ewig weitersingen”. Sage ich ja schon immer: sie, Cher, Keith Richards und Kakerlaken sind die einzigen, die einen Atomkrieg überleben werden!
Warum brauchen die eigentlich eine Jury, wenn sie nix zum Ausgang der VE beigetragen hat? Und mal ehrlich was hat denn Herr Jäger für ein Lied von der Frau Assia erwartet? Rock? Gangster-Rap? Technomucke? Disko? Wie blöd kann man eigentlich sein, das von einer fast 88jährigen doch nur ein Chanson zu erwarten ist? Viel mehr hätte er vielleicht mal Respekt zeigen sollen, das eine 88 jährige noch fehlerfrei ihr Lied vortragen kann. Mag sein, das sie kein einfacher Charakter ist, aber Respekt vor dem Mut der Frau habe ich.